Das Subjekt im Auto

Donnerstag, den 23. Juli 2009

Betrachten wir noch einmal das Modell, nach dem wir schon seit zweitausend Jahren denken und sehen. Es ist das Subjekt/Objekt-Denken, also ein Denken und Sehen, das rein und ausschließlich von unserem Ich ausgeht. Cartesius hat es auf das Cogito, auf den einzelnen Menschen reduziert und ein für allemal für verbindlich erklärt. Heute sitzt das Subjekt im Auto und beherrscht die Welt, zumindest die Oberfläche. Wir sehen nur noch das, was unsere Scheinwerfer beleuchten; wir sind, was wir fahren, und wer mir nicht glaubt, der spitze bitte seine Ohr! »Ich stehe vor der Oper«: Dieses Sätzlein wird in knapp fünf Minuten, am Ende meines Vortrags, mehrfach fallen. Die Personen, die es äußern, werden allerdings im Innern des Hauses stehen, nicht davor. »Ich stehe vor der Oper«, das besagt nichts anderes als: Mein wahres Ich ist mein Auto.

Thomas Hürlimann, aus:
»Das Holztheater« (Geschichten und Gedanken am Rand)
© Ammann Verlag 1997

••• Letzte Woche habe ich Pynchon gelesen. Ich habe es jedenfalls – mit mehreren Titeln – versucht. Dieser, wie viele meinen, bedeutendste amerikanische Gegenwartsschriftsteller bekommt mir allerdings gar nicht. Weg damit also. Und ich griff aus Mangel an Lesestoff für die U-Bahn wieder einmal ins Regal mit den schönen Ammann-Bänden aus der Meridiane-Reihe. Diese Bücher habe ich aus ästetischen Gründen gesammelt, aber bei weitem noch nicht alle gelesen. Dieses Mal griff ich Hürlimann heraus.


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