Rashomon-Effekt (II)

Freitag, den 27. März 2009

••• Der Begriff des Rashomon-Effekts lässt sich – bedenke ich es recht – doch nicht auf die »monologische Methode« anwenden. In der Erzählung »In a Grove« von Akutagawa erzählen die am fraglichen Geschehen beteiligten Personen zwar jeweils Ihre Version des Verbrechens. Sie alle aber – zumindest alle außer einer/m – lügen, und zwar aus gesellschaftlichem Druck heraus. Sie erzählen vom Geschehenen die jeweils einzig mögliche Version, die es ihnen erlaubt, ihr Gesicht zu wahren. Gerade dieser Umstand macht »In a Grove« so bedeutsam. Während Akutagawa auf diese Weise gesellschaftliche Normen thematisiert (ohne sie explizit zur Sprache zu bringen!), interessiert mich mehr die psychologische Dimension, die Weltsicht des Einzelnen, des Subjekts. Gibt es hier Lüge, ist sie unbewusst. Wie groß ist die Diskrepanz zwischen Spiegelbild und Gespiegeltem?

Rashomon-Effekt

Donnerstag, den 26. März 2009


Rashomon – Verfilmung nach zwei Erzählungen von Ryunosuke Akutagawa

••• Meine ans Ideologische grenzende Begeisterung für die »monologische Methode« – in zwei unterschiedlichen Ausprägungen exerziert sowohl im »Anderen Blau« als auch in der »Leinwand« – beruht auf dem subjektiven Wirklichkeitsverständnis, das notgedrungen aus ihr resultiert. Was ich bis eben nicht wusste: Es gibt einen Begriff dafür.

The Rashomon effect is the effect of the subjectivity of perception on recollection, by which observers of an event are able to produce substantially different but equally plausible accounts of it. A useful demonstration of this principle in scientific understanding can be found in the article „The Rashomon Effect: When Ethnographers Disagree,“ by Karl G. Heider (American Anthropologist, March 1988, Vol. 90 No. 1, pp. 73-81).

It is named for Akira Kurosawa’s film Rashomon, in which a crime witnessed by four individuals is described in four mutually contradictory ways. The film is based on two short stories by Ryūnosuke Akutagawa, „Rashōmon“ (for the setting) and „Yabu no naka“, otherwise known as „In a Grove“ (for the story line).

Darauf gestoßen bin ich, weil ich den Link zur Roshomon-Verfilmung gesucht habe, den ich irgendwo in den Untiefen des Turmseglers vergraben zu haben meinte. Gefunden habe ich den Link zu dem frei online zugänglichen Film bei der Herzdame und liefere ihn nun hier nach.

Rashomon

Donnerstag, den 13. Dezember 2007

Rashomon

••• Wer sich nach dem Beitrag über Ryunosuke Akutagawa für seine Prosa interessiert, muss nicht gleich eine der erwähnten Ausgaben seiner short stories erwerben. Ein wenig schmökern kann man auch online. Seine Erzählung „Rashomon“ ist in deutscher Übertragung auch als PDF zu haben. Viel Spass beim Lesen!

Ryunosuke Akutagawa

Montag, den 10. Dezember 2007

Ryunosuke Akutagawa

••• Die Herzdame räumt ihre Bücher um und reicht mir ein Buch, über das ich schon vor Monaten schreiben wollte. Nur gingen damals die Assoziationen, von denen ich mich hier treiben lasse, offenbar andere Wege, so dass das Vorhaben in Vergessenheit geriet. Das Versäumnis soll nun aber wettgemacht werden.

Ryunosuke Akutagawas Prosa ist eine Offenbarung, rein und klar wie Quellwasser und dabei doch irritierend und verwirrend, wie man es sich nur vorstellen (und wünschen) kann.

Ganze 35 Jahre alt wurde dieser japanische Autor. Von Depressionen geplagt, nahm er sich 1927 das Leben. Seine Werke – zumeist short stories, die auch Romane hätten werden können – spielen häufig in der weiter zurückliegenden Vergangenheit, im Japan versunkener Jahrhunderte. Die Verbindung zum Japan des beginnenden 20. Jahrhunderts, in dem Akutagawa lebte und in dem die aufkommende Industrialisierung die Isolation Japans aufzubrechen begann, die Verbindung zu diesem Japan knüpft der Autor im Subtext seiner stories, im unausgesprochen Mitschwingenden. So sehr jene anbrechende neue Zeit den strikten Traditionen am Zeug zu flicken schien, so fest verwurzelt zeigten sie sich doch nach wie vor in den Menschen.


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