Fernsehwoche

Freitag, den 26. Februar 2010

••• Gleich zwei Fernsehtermine habe ich kommende Woche zu absolvieren. Am Montag zeichnet der BR ein Gespräch für die Sendung »LeseZeichen« auf, die am 08.03.2010 um 23:25 Uhr ausgestrahlt wird (Wiederholungen auf BR-alpha am 09.03.2010 um 23:00 Uhr und am 13.03.2010 um 22:00 Uhr).

Kommenden Dienstag dann fahre ich nach Mainz. Zwei Sendungen der SWR-Reihe »Literatur im Foyer« werden aufgezeichnet. Für die eine – Ausstrahlung 19. März 00:00 SWR, 21. März 10:15 3sat – wird Felicitas v. Lovenberg mit Raoul Schrott und Michael Lentz sprechen. Das Thema: »Liebeslyrik«. Raoul Schrott, spätestens seit seiner Ilias-Übertragung ein Hero für mich, wird über »Die Blüte des nackten Körpers« sprechen, so der Titel seines neuen Bandes mit Nachdichtungen altägyptischer Liebeslyrik. Passend dazu der neue Band von Michael Lentz: »Offene Unruh« – 100 Liebesgedichte.

In der zweiten Sendung – Ausstrahlung 26. März 00:00 SWR, 28. März 10:15 3sat – werden Clemens Meyer und ich zu Wort kommen.

Ich freue mich schon sehr auf die Begegnungen und Gespräche und werde wohl den »Ilias«-Ziegel einpacken. Die Gelegenheit, ohne Schlangestehen Raoul Schrotts Autographen für dieses großartige Buch zu ergattern, kann ich mir nicht entgehen lassen.

Ilias in München

Donnerstag, den 4. Dezember 2008

••• Das Ensemble des Bayerischen Staatsschauspiels, Raoul Schrott, Michael Krüger und Dieter Dorn bestreiten am 13. und 14. Dezember 2008 im Münchner Marstall eine Mammutveranstaltung: Gelesen wird die komplette »Ilias« in Schrotts Neuübertragung.

Die Lesung beginnt an beiden Tagen um 10:00. Am Samstag um 10:00 liest Raoul Schritt selbst den 1. Gesang und gibt um 22:00 eine Einführung in die Neuübersetzung. Der Eintritt ist frei und Einlass jederzeit möglich. Zu dumm, dass ich (wegen Schabbes) nicht nur den Samstag verpasse, sondern auch am Sonntag nicht hingehen kann. Ich werde nach Zürich fahren und Michael Perkampus auf seiner dortigen Lesung den Rücken stärken.

Bleibt mir nur zu hoffen, dass die Veranstaltung irgendwann wiederholt wird.

Ilias

Dienstag, den 18. November 2008

Raoul Schrott
Raoul Schrott

••• Lange habe ich warten müssen. Letzte Woche kam sie endlich an: die Ilias-Neuübertragung von Raoul Schrott. Nachdem ich zwei der von ihm neu nachgedichteten Gesänge bereits in Akzente lesen konnte, bin ich extrem gespannt auf die Lektüre des Gesamtwerks. Ich hätte schon begonnen, wär das Buch nicht so ein unglaublich unhandlicher Ziegel – fett, schwer, nicht U-Bahn-tauglich. Der Umfang ist nicht nur Homer anzulasten. Die Ausgabe ist mit umfangreichem Zusatzmaterial versehen. Ich hoffe, es wird in absehbarer Zeit auch eine Homer-only Dünndruck-Taschenbuchausgabe geben, die man auch unterwegs lesen kann.

Passend dazu hier ein Link zu einem Interview, das Raoul Schrott den »Salzburger Nachrichten« gegeben hat. Dazu noch eine Hörprobe aus dem Hörbuch (Quelle: »Salzburger Nachrichten«).

Hexameter, pah!

Montag, den 24. März 2008

••• Das ist doch mal eine These für ANH. Jens Jessen meint in der „Zeit“ zur Frage der Homer-Neuübersetzung von Kurt Steinmann:

(…) die Leistung einer neuen Übersetzung wird niemals in den Hexametern bestehen. Sie sind die leichteste Übung.

Gut gebrüllt, aber das bliebe doch erst noch einmal zu beweisen.

Der Fund beim „Umblätterer“ lässt mich überlegen, ob ich es nicht doch einmal mit der F-Zeitung versuchen sollte, so probehalber wenigstens und wegen des Feuilletons. Aber vielleicht ist das auch ganz unnötig. Schließlich kann ich stattdessen auch den „Umblätterer“ lesen. Der sortiert so schön vor und präsentiert dann auch noch ein verdauliches Surrogat.

Zwei Dinge sind mir beim Stöbern aufgefallen. Erstens ist das Raoul-Schrott-Buch zu Homers möglicher Herkuft aus Assyrien völlig an mir vorbeigerauscht. Zweitens fällt mir auf, dass Schrotts Ilias, aus der ich zwei Gesänge in Akzente mit überbordender Freude schon lesen konnte, dass diese Ausgabe also offenbar noch immer nicht erschienen ist. Schade. Die hätte ich mir gern in den Urlaub mitgenommen.

Ilias. 4. Gesang

Samstag, den 24. Februar 2007

••• Als Fan der neuen Ilias-Übertragung von Raoul Schrott habe ich mich ja schon bekannt. In der aktuellen Akzente-Ausgabe 1/2007 gibt es nun einen Nachschlag für all jene, die nicht bis zum Erscheinen des Gesamtopus warten wollen oder können: den 4. Gesang der Ilias. Meine Begeisterung nutzt sich nicht ab!

Der vierte Gesang beginnt mit einem Göttergespräch im Olymp:

auf dem goldenen boden des olymp saßen zeus und die götter
zum rat versammelt. seine tochte, die ewig jugendliche hebe
mischte nektar in den wein und goß ihn in die goldenen becher.
sie prosteten sich gegenseitig zu und sahen auf troia hinunter –
zeus jedoch, ganz sohn seines verschlagenen vaters, begann
hera mit einem halb im ernst gemeinten seitenhieb zu ärgern:
[…]

Was ergibt sich, wenn Götter sich necken? Das passt irgendwie zur Diskussion, die wir vor einigen Tagen hier hatten: Wenn sie sich necken oder wenn sie zürnen, wenn sie wegschauen oder aus einer Laune die ihnen liebsten Städte der Vernichtung preisgeben, sind sie noch immer im Recht – weil sie Götter sind…

Zum zweiten Gesang der Ilias äussert sich im Heft Edzard Visser; und Barbara Patzek geht mit Bezug auf den 3. Gesang in der letzten Akzente-Ausgabe der Frage nach, warum Paris doch kein Feigling war und was überhaupt die Götter in der Ilias zu suchen hätten.

Auf dem Cover und zwischen den Deckeln gibt es darüber hinaus diesmal viel Durs Grünbein und dazu – wie gewohnt – ausgesuchte Lyrik aus aller Welt.

Akzente

Samstag, den 6. Januar 2007

••• Im Dezember habe ich mit Zuneigung von „Sinn und Form“ als altehrwürdiger Freundin berichtet. Nicht weniger ehrwürdig ist eine weitere Literaturzeitschrift, die seit nun schon 53 Jahren vom Hanser Verlag herausgegeben wird: „Akzente“.

Interessenten können ein Kennenlernexemplar kostenfrei online bestellen. Eine Übersicht über die bisherigen Ausgaben, die zum Teil bestellbar sind, findet sich hier. Wer wirklich an Lyrik interessiert ist, wird um ein Abonnement nicht herumkommen.

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Gilgamesh

Mittwoch, den 27. Dezember 2006

Der lauf der nacht war ein einziger traum
die himmel donnerten die erde warf ihr echo zurück
und da war ich stand dazwischen und noch jemand war da –
ich ahnte ihn mehr als daß ich ihn sah:
ich ahnte ihn mehr als daß ich ihn sah:Unheimlich war er
ein schwarzer schatten einer von denen keinerlei licht ausgeht
sie schleichen herum verstohlen und gebückt • von ihren klauen
tropft die bittere galle der nacht • nicht mann noch frau
sind sie hören auf kein gebet und keine bitte
sie sind kalt wie der ständig wehende wind kalt
wie der tod der die schale der dinge zerspringen läßt
und zu scherben zerbricht
und zu scherben zerbrichtDie gefolgsleute des todes sind sie
die söhne des sturmgottes und der königin der unterwelt
dem himmel entrissen und auf die erde geworfen
der giftige laich der götter kreaturen die man hoch oben
schreien hört und in der tiefe winseln
schreien hört und in der tiefe winselnÜber die dächer
kommen sie und kriechen über die häuser
keine tür vermag sie aufzuhalten kein schloß
sie kommen durch die ritzen wie schlangen durch die fugen
wie der frost
wie der frostSie holen sich die frauen aus den armen
des mannes und die kinder von den knien der mütter
und heften sich einem jeden lähmend auf die fersen
und heften sich einem jeden lähmend auf die fersenUnd dann
nahm der ghoul neben mir gestalt an • er glich dem donnervogel
Anzu – seine hände die tatzen eines löwen die fingernägel
die klauen eines adlers • damit griff er mich bei den haaren
Ich schlug auf ihn ein aber er wich meinen hieben aus
er drehte sich unter mir weg ich suchte ihn zu fassen
doch er kam über mich wie die staubigen winde
die sich über die ebenen drehen
die sich über die ebenen drehenUnd mit einem mal lag ich
am boden • er trat mir in die rippen und sein geifer
tropfte auf mich herab • ich schrie nach dir Gilgamesh
ich schrie um hilfe doch du konntest mich nicht retten
du warst wie gebannt
du warst wie gebanntEr schlug auf mich ein
plötzlich aber verwandelte ich mich in einen vogel –
er aber fesselte meine arme wie man flügel zusammenbindet
und stieß mich voran auf einen weg ohne rückkehr
durch die sieben ringmauern die die stadt Irkalla umgeben
Er führte mich ins haus des dunkels das keiner wieder verläßt
der seine schwelle einmal überschritten hat:
der seine schwelle einmal überschritten hat:In dieses haus
wo lehm unser brot ist und wir ein kleid von federn tragen
wie vögel – wo wir im dunkeln leben ohne je das licht
zu sehen
zu sehenDer staub lag dick wie je auf allen mauern
und das schweigen lastete unendlich schwer darauf
Als ich es zum ersten mal betrat da lagen wohin ich auch sah
kronen im staub kronen die man königen abgenommen hatte

Übertragung: Raoul Schrott
aus: Raoul Schrott: „Gilgamesh“
© Fischer Taschenbuch Verlag 2006

Raoul Schrott: Gilgamesh••• Man kann unmöglich von Raoul Schrott sprechen, ohne seine „Gilgamesh“-Übertragung zu erwähnen.

Ich gestehe es gern ein: Bevor mir eine Freundin kürzlich davon erzählte (1000 Dank, liebe Hanna!), war mir das Epos und also auch Schrotts Neuübertragung völlig unbekannt. Welch eine Lese-Lücke!

Raoul Schrotts „Gilgamesh“ ist eine wissenschaftliche Edition. Der rekonstruierte Textkörper wird wiedergegeben. Hinzu kommen eine Fülle von Ausführungen zur Geschichte, zur wahrscheinlichen Entstehung. Doch wie schon in seinem bereits erwähnten Buch „Die Erfindung der Poesie“ liegt für den Literatur-Begeisterten der eigentliche Reiz mehr in der kongenialen Nachdichtung. Schrotts „Gilgamesh“ ist unbedingt mehr als eine Übertragung; ohne seinen Nachdichter könnte dieses Werk kaum in solcher Kraft auf uns wirken.

„Gilgamesh“ ist das älteste sagenumwobene Epos der Menschheitsgeschichte. Für Rilke wie Canetti zählte die Geschichte von Kriegern, Städten und der Suche nach Unsterblichkeit zum „Größten“, was sie je gelesen hatten. Ohne Zweifel gehören die elf zerbrochenen Keilschrifttafeln, die das Epos fragmentarisch überliefern, zu den größten Rätselsteinen unserer Welt.

[vom Umschlagtext der zitierten Ausgabe]