Der Zentaur im Garten

Freitag, den 18. April 2008

Zentauren - © Kerstin S. Klein (2008)
Zentauren – © Kerstin S. Klein (2008)

Kein Galopp jetzt mehr. Jetzt ist alles gut.

Jetzt sind wir wie alle anderen. Niemand wundert sich mehr über uns. Vorbei die Zeit, wo man uns als absonderlich bezeichnete — weil wir niemals an den Strand gingen, weil Tita, meine Frau, immer Hosen trug. Absonderlich, wir? Nein. Vergangene Woche kam der Geisterbeschwörer Peri zu Tita, und der ist allerdings ein absonderlicher Mann — ein kleiner, schlanker Indiomischling mit spärlichem Bartwuchs, behängt mit Ketten und Ringen, in der Hand einen Stab und von geheimnisvoller Sprache. Es mag ja ungewöhnlich scheinen, daß ein so seltsames Wesen zu uns kommt; aber schließlich kann jeder an der Tür klingeln. Und außerdem — absonderlich gekleidet war er, nicht wir. Wir? Nein. Wir sind von ganz normalem Aussehen.

© Moacyr Scliar (1980, 1985)
Übertragung: Karin von Schweder-Schreiner

••• Im Urlaub habe ich ein Buch erneut gelesen, das ich noch zu DDR-Zeiten gekauft und zum ersten Mal gelesen haben muss: „Der Zentaur im Garten“ von Moacyr Scliar.

Halb Mensch, halb Pferd, kommt Guedali, Sohn jüdischer Einwanderer in Brasilien, auf die Welt. Seine Geburt stellt die ratlosen Eltern vor durchaus nicht alltägliche Fragen. Womit ernährt man ein mythologisches Fabelwesen? Wie lässt sich an ihm die Beschneidungszeremonie vollziehen? Vertragen sich Tierleib und der zarte Torso des Kindes?


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