Der Müller und der Bach

Dienstag, den 23. Oktober 2007

Ein Gastbeitrag von: lykomedite

Der Müller

Wo ein treues Herze in Liebe vergeht,
da welken die Lilien auf jedem Beet,
da muß in die Wolken der Vollmond gehn,
damit seine Thränen die Menschen nicht sehn;
Da halten die Englein die Augen sich zu
und schluchzen und singen die Seele zur Ruh‘!

Der Bach

Und wenn sich die Liebe dem Schmerz entringt,
ein Sternlein, ein neues, am Himmel erblinkt. –
da springen drei Rosen halb rot und halb weiß,
die welken nicht wieder, aus Dornenreis;
und die Engelein schneiden die Flügel sich ab
und gehn alle Morgen zur Erde herab.

Der Müller

Ach Bächlein, liebes Bächlein, du meinst es so gut;
ach Bächlein, aber weißt du, wie Liebe thut?
Ach unten, da unten, die kühle Ruh‘!
Ach Bächlein, liebes Bächlein, so singe nur zu.

Wilhelm Müller (1794-1827)

••• Vollmond lässt mich dieses wunderschöne Gedicht erinnern, welches ich allerdings nur in vertont textigem Zustand im Kopf habe. Es ist Müllers/Schuberts Dialoglied „Der Müller und der Bach“, die vorletzte Szene aus Schuberts tragischem Liederzyklus „Die schöne Müllerin“. Der Protagonist, ein junger Müller, sucht in seinem Liebesschmerz Trost beim ewigen Lied des Baches, in dem er sein nasses Grab finden wird.


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