Die Grenze

Donnerstag, den 27. August 2009

Meine Tochter hat mich gefragt,
ob ich ihr Kaugummi mitgebracht hätte.

Ich sagte, ich hätte kein Kaugummi mitgebracht,
aber dafür sei ich jetzt wieder da.

Sie erwiderte, ich sei das eine,
Kaugummi sei dagegen etwas gänzlich anderes.

Ich wies sie darauf hin, sie könne nicht
immerzu irgendetwas erwarten.

Sie berichtigte mich:
»Nicht irgendetwas, sondern Kaugummi.«

Und obgleich die Sonne schien
und die Vögel um die Wette sangen

und das Gras im Park leuchtend grün war,
weinte meine Tochter wie eine Gießkanne.

Eine glückliche Welt gibt es und eine unglückliche,
zwischen den beiden – ein Kaugummi.

Kristin Dimitrova
Aus dem Bulgarischen von Norbert Randow
akzente 4/2009, Hanser Verlag

akzente 4/2009••• Eine Woche war die Familie getrennt. Erst fuhr ich nach Antwerpen, dann, vor meiner Rückkehr, die Herzdame nach Gruyéres, um das dortige Giger-Museum zu besichtigen. Die Kinder verbrachten ein paar aufregende Tage bei der Oma. Morgen kommen sie zurück. Und ich bin vorbereitet: Aus Antwerpen habe ich eine große Tüte Kaubonbons mitgebracht. Also hoffe ich, dass keiner weinen muss »wie eine Gießkanne«.

Bei meiner Rückkehr am Sonntag fand ich im Poststapel die diesmal in orange gehaltene akzente-Ausgabe 4/2009. Ulrike Almut Sandig hat die höheren Weihen des akzente-Covers erhalten. Das hat mich ungemein gefreut, die neuen Gedichte von ihr ebenso. Aber, darf ich sagen, die Freude wurde noch gesteigert. In den letzten Tagen habe ich den von Tzveta Sofronieva zusammengestellten Querschnitt durch die bulgarische Poesie der Gegenwart gelesen; und diese Gedichte waren, Sandigs Texte in Ehren, die eigentliche Entdeckung in diesem Heft.


Den ganzen Beitrag lesen »

Turmsegler bei DILIMAG

Montag, den 17. August 2009

DILIMAG Logo••• Das Innsbrucker Zeitungsarchiv (IZA) zur deutsch- und fremdsprachigen Literatur ist eine Einrichtung des Institut für Germanistik an der Universität Innsbruck. Ausgehend von einer Zeitungsausschnittsammlung, deren Anfänge bis in die frühen 1960er Jahre zurückreicht, hat es sich zu einem breit angelegten Medienarchiv entwickelt und gilt seit einigen Jahren als die größte universitäre Dokumentations- und Forschungsstelle für Literaturkritik, Literaturvermittlung und Massenmedien im gesamten deutschen Sprachraum. Auf der Basis ausgewählter deutschsprachiger Printmedien (derzeit 32 Tages- und Wochenzeitungen und mehr als 40 Literatur- und Kulturzeitschriften) sowie der Hörfunk- und Fernsehprogramme der öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten in Deutschland, Österreich und der Schweiz beobachtet und dokumentiert das IZA die nichtwissenschaftliche, journalistische Literaturkritik und Literaturvermittlung in diesen Ländern.

Das zum IZA gehörende Projekt DILIMAG beschäftigt sich seit März 2007 mit der Erfassung, Beschreibung und Archivierung von deutschsprachigen digitalen Literaturmagazinen. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit DEA (Abteilung für Digitalisierung und elektronische Archivierung der Universitätsbibliothek Innsbruck) ausgeführt. Die Finanzierung trägt der österreichische Forschungsfond FWF.

Unter die Literaturzeitschriften zählt DILIMAG auch deutschsprachige Weblogs, die sich mit Literatur auseinandersetzen. Auch diese Weblogs werden elektronisch archiviert, um sie dauerhaft für die Forschung zugänglich zu machen.


Den ganzen Beitrag lesen »

Der Stachel der Romantik

Donnerstag, den 13. August 2009

Franz Fühmann
Franz Fühmann (1922-1984)

••• Beim Umräumen der Unordnung in meinem Arbeitszimmer fiel mir vor ein paar Tagen eine noch ungelesene »Sinn und Form« in die Hand, die erste Ausgabe dieses Jahres vom Januar/Februar. Ein Glücksfund. Das Jahr begann nämlich – von mir unbemerkt – mit einem Essay von Gunnar Decker über die kurze, aber Aufsehen erregende Rückbesinnung einiger DDR-Autoren Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre auf – die Romantik. Ich erinnerte mich spontan an Hermlins »Abendlicht« und Christa Wolfs »Kein Ort. Nirgends«. Und tatsächlich, bestätigt mir Decker, gehörten jene zu den konterrevolutionären, romantischen Verschwörern.

Einer unwürdigen Beschäftigung gingen diese Autoren nach, denn »Die Kunstrichtung der Romantik bestand aus zehntausend Autoren, deren Namen wir alle vergessen haben. Keiner von ihnen vermochte zu schreiben.« So Peter Hacks.

Überhaupt, so Hacks, seien aIle Romantiker Verschwörer […] : »Das erste Auftauchen der Romantik in einem Land ist wie Salpeter in einem Haus, Läuse auf einem Kind oder der Mantel von Heiner Müller am Garderobenhaken eines Vorzimmers. Ein von der Romantik befallenes Land sollte die Möglichkeit seines Untergangs in Betracht ziehen.«

Wie weitsichtig Hacks da in seiner ungestümen Parteilichkeit war!


Den ganzen Beitrag lesen »

Don Quijote

Dienstag, den 9. September 2008

Don Quijote - Gemälde aus dem Cultural Center, Tijuana
Don Quijote – Gemälde aus dem Cultural Center, Tijuana

••• Literatur ist gefährlich. Cervantes hat die unsäglichen Auswirkungen insbesondere des Lesens von Ritterromanen im »Don Quijote« eiundrücklich beschrieben.

Was zu Zeiten von Cervantes die Ritterromane, sind heute wohl Filme. Seit letzter Woche und noch bis Mittwoch findet in München das 22. »Fantasy Filmfest« statt. Für unseren Babysitter bedeuten diese Filmfeste immer Überstunden. Ich schaffe es nie, mir so viele Streifen anzusehen wie die Herzdame. Aber in den letzten Tagen habe ich sie immerhin in zwei Double Features begleitet. Was es zu sehen gab, kann man bei Snowflakes & Blackvampires nachlesen.

Nach dem gestrigen Double Feature muss ich wohl wieder ein paar Tage mit der »Leinwand« aussetzen… Das gibt mir immerhin die Gelegenheit, Cervantes und seine Mahnung zu zitieren.

In Kürze erscheint nämlich bei Hanser eine Neuübersetzung des »Don Quijote« von Susanne Lange. Ein Auszug war demletzt im Akzente-Heft 4/2008 zu lesen. Ich habe meine Quijote-Ausgaben (Tieck) bereits entsorgt, abgesehen von einer wirklich zu schön illustrierten Großbuchausgabe, die man allein der Bilder wegen aufheben muss. Aber lesen muss man den Tieck nicht mehr. Mit der neuen Lange-Übersetzung dürfte die Lektüre zu einem unvergleichlich größeren Vergnügen werden.


Den ganzen Beitrag lesen »

Über Schildkröten

Dienstag, den 22. Juli 2008

Riesenschildkröte (Südafrika)
Riesenschildkröte (Südafrika) – gefunden auf www.kapstadt.org

••• Die Ausgabe 6 von spa_tien ist gestern online gegangen. Unter den Beiträgen in diesem Heft hat mich eine Geschichte regelrecht erobert: „Schwarze Galle“ von Ursula T. Rossel Escalante Sánchez, Turmseglern auch unter dem Nicknamen La Tortuga bekannt. Ich denke, das darf man enthüllen, denn La Tortuga betätigt sich ja auch öffentlich als Vorsteherin (Direktorin, Hauptbeamtin, wie nennt man das?) des Postamts von Kangerlussuaq, wo sie sich auch namentlich zu erkennen gibt.


Den ganzen Beitrag lesen »