flaniere du mal

Donnerstag, den 30. Juli 2009

Foot in Bondage
Foot in BondageJacob Appelbaum

flaniere du mal
mit gebundenen füßen
der spann ein bogen
von dem die pfeile einer
strengen ungeduld schnellen

© Benjamin Stein (2009)

••• Ein Tanka, wohl noch »in progress«. Schnellen die Pfeile vom Bogen oder von der Sehne desselben?

Ausgangspunkt der Assoziation war übrigens Baudelaires Zeile

Nichts aber gleicht dem Gift aus deinen grünen Augen

Ein paar unwesentliche Zwischenschritte in der Assoziationskette müssen mir abhandengekommen sein.

Haibun

Sonntag, den 2. März 2008

That Smirking Face
That Smirking Face
A collection of Haiku and Haibun
by Jeffrey Winke feat. drawings by Matt M. Cipov

••• Die Herzdame hat wieder einmal etwas Interessantes entdeckt. In einer limitierten Ausgabe von 250 Stück stellt Distant Thunder Press eine Haiku/Haibun-Sammlung von Jeffrey Winke vor. Dabei handelt es sich um einen zweimal gefalteten Karton etwa in der Größe A3, beidseitig bedruckt. Die Illustrationen stammen von Matt M. Cipov.

Winke ist einer der amerikanischen Haiku-Aktivisten. Bereits 1977 zeichnete er als Mitherausgeber verantwortlich für die Third Coast Haiku Anthology, mit der die Form des japanischen Kurzgedichtes in USA zu größerer Bekanntheit gelangte. Winke blieb dem Haiku treu. Sein jüngstes Buch „What’s not there: Selected Haiku“ wurde 2002 mit dem Merit Book Award ausgezeichnet.

Der kleinen Sonderedition verdanke ich nun die Bekanntschaft mit einer aus dem Haiku abgeleiteten Textform, die Prosa und Lyrik miteinander verbindet. Ich musste sofort an Sudabeh denken. Denn sie mag die Form des Haiku und ist gerade jüngst wieder sehr aktiv auf ihrem Kurzprosa-Weblog „zehn zeilen“. Der Haibun nun ist eine Verbindung von Kurzprosa und Haiku.

Die Form geht zurück auf den japanischen Haiku-Dichter Bashō (1644-1694), der in seinen Reisetagebüchern (u. a. dem berühmten „Oku no Hosomichi“) Reiseberichte und poetische Momentaufnahmen in Haiku-Form miteinander verband.

Ganz abgesehen von dieser Entdeckung haben mir die Illustrationen von Matt M. Cipov gefallen. Schade, dass es nur so eine winzige Ausgabe ist…

Für des Englischen kundige Turmsegler gibt es jedoch noch eine Online-Leseempfehlung. Jeffrey Winke ist auch im „Quarterly Journal of Contemporary English Language Haibun“ vertreten. Viel Spaß beim Stöbern und Entdecken.

Koreanische Kurzgedichte

Sonntag, den 9. Dezember 2007

동짓달 기나긴 밤을 한 허리를 버혀 내어
춘풍 니불 아래 서리서리 넣었다가
어론님 오신 날 밤이어든 굽이굽이 펴리라

Mittwinter, zu lang die Nacht –
zwei Hälften möchte ich daraus machen.

Und die zusammenrollen, stecken in
die Decke für die Frühlingsnacht.

Und wenn der Liebste wieder kommt zu mir,
roll ich sie wieder auf, damit die Nacht zu strecken.

Hwang Chini (etwa 1516-1544)

••• Während in der Prosa die Beschränkung auf bestimmte Mittel der Form offenbar wenige Anhänger hat, war in der Lyrik schon immer die Beherrschung bestimmter tradierter Formen unverzichtbarer Bestandteil von Meisterschaft. Besondere Beschränkung forderte vom Dichter (oder der Dichterin) in Japan der Haiku oder Tanka, der nicht nur die Anzahl Zeilen und Silben pro Zeile vorschreibt, sondern auch das statthafte Themenfeld.

Eine dem Haiku verwandte koreanische Form des Kurzgedichtes — Sijo — lockert zwar die thematische Fessel, ist dafür jedoch so kompliziert in der formalen Vorgabe, dass es einen deutschen Sijo wohl kaum geben kann. Auch der Sijo wird in drei Zeilen geschrieben, besteht jedoch statt aus 17 (Haiku) bzw. 31 (Tanka) aus 44 bis 46 Silben. Festgelegt ist nicht nur ihre Aufteilung auf die Zeilen, sondern auch die Silbenverteilung auf die einzelnen Wörter in den Zeilen.


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letzter abschied

Dienstag, den 20. November 2007

Wave - © 2006-2007 by abrokenpuppet@deviantart.com
Wave – © 2006-2007 by abrokenpuppet@deviantart.com

beim sinken der hand
was uns künftig verbindet
erwacht die trauer

© Benjamin Stein (2007)

••• Vermessen, nach einem so wunderbaren Haiku wie dem von Masaoka Shiki mit einem eigenen Haiku zu kommen. Abschiede – dieses Thema hat mich schon immer sehr beschäftigt. Allzu oft markieren sie die scharfen Bruchkanten in einer Biographie. Und oft geht es nicht ohne Trauer ab. Auch bleibt von dem, der geht, immer etwas zurück – wie auch bei dem, der geht, etwas bleibt von dem, der zurückblieb.

weeping willow

Dienstag, den 20. November 2007

Masaoka Shiki
Masaoka Shiki

At our last parting
bending between
boat and shore . . .
That weeping willow

Masaoka Shiki (1866-1902)

Beim letzten Abschied
beugt sich über
Boot und Steg . . .
die Trauerweide

••• Aus dem Moleskine der Herzdame wächst heute eine Trauerweide. Und dazu bringt sie einen Haiku von Masaoka Shiki, dem Erneuerer der japanischen Dichtkunst. Je länger man diese wenigen Worte auf der Zunge schmeckt, desto mehr Facetten der Bedeutung treten hervor. Und besser als an diesem Gedicht kann man kaum zeigen, was Masaokas Kritik an der klassischen japanischen Dichtung ausmacht.


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