Spruch

Sonntag, den 27. Dezember 2015

Hans Sahl
Hans Sahl (1902-1993)

Du sollst dein Herz nicht an Verlorenes hängen,
Nicht lieben sollst du, was dich gehen hieß,
Vergiß die Bilder, die dich nachts bedrängen,
Vergiß die Hand, die dich ins Leere stieß,

Und leih‘ dein Ohr nicht jenen falschen Klängen,
Die eine Welt von gestern zu dir trägt –
Du sollst dein Herz nicht an Verlorenes hängen,
Bewahre dich, bis deine Stunde schlägt.

Hans Sahl (1933)

••• Hans Sahls einzigen Roman »Die Wenigen und die Vielen« habe ich unmittelbar nach Erscheinen der Neuauflage 2010 auf einer Reise gelesen. Ich erinnere mich noch gut an den stundenlangen Aufenthalt in Madrid vor dem Weiterflug nach Südspanien, Fuerteventura oder Lanzarote. Es ist erstaunlich, dass ich damals nicht über diese Lektüre geschrieben habe. Einerseits war ich nicht geradeheraus begeistert, aber etwas an Sahls Prosa war doch besonders: die Betonung des Privaten. Es gelang ihm, über die Zeit des aufkommenden Nationalsozialismus, Verfolgung und Emigration mit Blick in den privaten Raum zu schreiben und dabei wie en pessant das Geschehen auf der Weltbühne darzustellen. Mir fiel das insbesondere wegen meiner Sozialisierung über den »sozialistischen Realismus« auf. Aus parteilicher Sicht und in den meisten Werken der uns damals bekannten Exilautoren gehörte es sich anders. Das Private spielte da eher eine Nebenrolle.


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Von der Glut zu schreiben

Dienstag, den 22. Dezember 2015

Glut

••• Undine Materni schickt zu gewissen Anlässen gern Gedichte, auch zu Weihnachten. Und fast immer sind das Gedichte, die es in sich haben. Auch heute kam so ein Jahresenddgruß und hat mir einen Hieb versetzt.

Das hat sicher mit meiner jüngsten Lektüre zu tun. Ich hatte zwei Wochen Urlaub, ein wenig Zeit zum Lesen und zwei Bücher dabei, die ich auf dem Tag der unabhängigen Verlage im Münchner Literaturhaus mitgenommen habe. Zum einen von Chaim Noll »Der Schmuggel über die Zeitgrenze«, seine DDR-Erinnerungen, angefangen bei der Kindheit im zerbombten Berlin über die Jugend als nach und nach desillusionierter Spross einer Nomenklatura-Familie und seine Wehrdienstverweigerung bis zur schlussendlichen Ausreise aus der DDR im Jahre 1983.


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