Mephisto

Freitag, den 1. Mai 2009

Gustaf Gründgens als Mephisto
Gustaf Gründgens als Mephisto

Die „Mephisto-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Februar 1971 (BVerfGE 30, 173) gilt in der deutschen Rechtswissenschaft als Grundsatzurteil zur Kunstfreiheit und zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht (APR). Das Bundesverfassungsgericht definierte erstmals den Begriff „Kunst“ aus verfassungsrechtlicher Sicht und stellte klar, dass auch die nach dem Grundgesetz schrankenlos gewährleistete Freiheit der Kunst (Art. 5 Abs. 3 GG) Schranken unterliege; nämlich solchen, die sich durch andere Grundrechte ergeben. Bei der Kollision der Kunstfreiheit mit anderen Grundrechten sei eine Abwägung der Rechtsgüter vorzunehmen.

••• Dem Adoptivsohn Gustaf Gründgens‘ verdanken wir also das BGH-Grundsatzurteil, das auch die Verbreitungsverbote der Romane »Esra« (Biller) und »Meere« (Herbst) möglich machte. Das war mir neu, und ich bin gestern erst bei der Wikepdia-Lektüre über Klaus Mann auf diese Absurdität gestoßen. In der DDR waren ja einige Werke »verboten«, aber Klaus Manns »Mephisto« wurde gedruckt, so dass die erste in Deutschland erschienene Ausgabe des Schlüsselromans über Gustaf Gründgens und seine opportunistische Karriere im Dritten Reich eben eine DDR-Ausgabe war. In der Bundesrepublik erschien eine Neuausgabe erst im Jahre 1981 – trotz noch immer geltenden Verbots – und wurde dann auch prompt verfilmt, mit Brandauer in der Hauptrolle.

Wie sind da wohl die Rechtsgüter abgewägt worden? Immerhin war Gründgens‘ Karriere im Dritten Reich doch eine sehr öffentliche Sache. Wie kann, solche öffentlich bekannten Fakten als Vorlage für einen Roman herzunehmen, verbotswürdig sein?

Auch neu war mir, dass Gründgens wie Klaus Mann außerhalb Deutschlands an einer Überdosis Schlaftabletten gestorben ist. Bei ihm freilich, wird kolportiert, es habe sich um einen »Unfall« gehandelt. Gründgens hinterließ einen Zettel mit der Notiz:

»Ich glaube, ich habe zu viele Schlafmittel genommen, ich fühle mich etwas komisch, laß mich ausschlafen.«

Seine Witwe – Marianne Hoppe – an die diese Zeilen gerichtet waren, hielt einen Suizid für ausgeschlossen:

»Es kann nur ein Unfall gewesen sein. Hätte er sich wissentlich das Leben genommen, so hätte man seinen Leichnam nicht im Pyjama gefunden, sondern im Smoking.«