… ist es dann gut?
Montag, den 18. Januar 2010
Ulli Janetzki liest Gottfried Benn
Einst
Einst, wenn der Winter begann,
du hieltest von seinen Schleiern,
den Dämmerdörfern, den Weihern
die Schatten an.
Oder die Städte erglommen
sphinxblau an Schnee und Meer -,
wo ist das hingekommen
und keine Wiederkehr.
Alles des Grams, der Gaben
früh her in unser Blut -:
Wenn wir gelitten haben,
ist es dann gut?
Gottfried Benn (1933)
••• Ulli Janetzki, seit Urzeiten (möchte man sagen, ohne ihm zu nahe treten zu wollen) Hausherr im Literarischen Colloquium Berlin, hat sich kürzlich überrumpeln lassen. Da zückte einer die Kamera und bat ihn, ein paar Benn-Gedichte zu lesen. Es freut mich diebisch, dass mir das gleich jemand zugetragen hat, denn ich erinnere mich noch lebhaft an Ulli Janetzkis Rezitation von Richard Dehmels »Gerte« (Ich habe dich Gerte getauft, weil du so schlank bist / und weil mich Gott mit dir züchtigen will) und natürlich auch an jeden einzelnen Besuch in jener traumfhaften Villa am Wannsee, damals wie heute ein Ort, der für literarische Veranstaltungen wie geschaffen ist.