Die Sonette vom Tode
Montag, den 5. Februar 2007••• Liebe und Tod, dicht beieinander, wie bei Salome, wie bei Blaubart… In kaum einem dichterischen Werk sind sie so eng verbunden und immer gegenwärtig wie bei Gabriela Mistral. Der Freitod ihres Jugendgeliebten Romelio Ureta ist der Ausgangspunkt ihrer Gedichte in „Desolación“, dem Gedichtband, mit dem sie ihren Ruhm begründete. Und es sollten die stärksten Gedichte ihres Werkes bleiben, wie selbst der Laudator bei der Verleihung des Nobelpreises 1945 an sie feststellte:
Die ganze reiche ibero-amerikanische Literatur ist in unsere Würdigung eingeschlossen, wenn wir uns heute im besonderen an ihre Meisterin wenden, an die Dichterin von „Desolación“…
Hjalmar Gullberg, 10. 12. 1945
Für die „Sonette vom Tode“ erhielt Gabriela Mistral mit 25 Jahren den Chilenischen Literaturpreis, der in Santiago in volksfesthafter Atmosphäre verliehen werden sollte. Die introvertierte, schüchterne Dichterin, die sich ihr Pseuodnym nach ihren Dichtervorbildern Frédéric Mistral und Gabriele d’Annunzio gewählt hatte, wagte damals nicht, vor die Menge zu treten, um ihn entgegenzunehmen.