Interview mit Friederike Mayröcker

Mittwoch, den 5. November 2008

Es sind so viele Menschen herausgetreten aus der Möglichkeit, überhaupt an etwas anderes als an die Realität zu glauben. Es sind so viele Menschen verarmt.

••• Schon vor Jahren in der »Zeit« erschienen und vermutlich schon ebenso lange online: ein wunderbares Interview mit Friederike Mayröcker. Viele Antworten haben mich sehr berührt, besonders jene auf die Frage, ob sie sich nie ein »gewöhnliches« Leben mit Familie und Kindern gewünscht habe…

Die Mutter und das Kind

Freitag, den 14. März 2008

Friederike Mayröcker und Ernst Jandl, 1982 - © Joseph Gallus Rittenberg
Friederike Mayröcker und Ernst Jandl – © Joseph Gallus Rittenberg

üch
wüll
spülen

spül doch
meun kind

Ernst Jandl (1925-2000)
aus: Poesiealbum 278
© Märkischer Verlag Wilhelmshorst (2008)
© Luchterhand Literaturverlag München (1997)

••• Nein, der Titel des Gedichts ist bitte in keinem Fall auf das wunderbare Foto von Joseph Gallus Rittenberg zu beziehen. Rittenberg fotografierte die beiden, die eine jahrzehntelange Liebesbeziehung (und tiefe Freundschaft, muss man das zusätzlich erwähnen?) verband, im Jahr 1982. Dieses und weitere, zum Teil sehr bekannt gewordene Künstlerporträts – etwa von Schwab mit brennendem Cape – waren 2006 in Erlangen ausgestellt. Einige Bilder der damaligen Ausstellung sind heute noch online zu sehen.

Obiges Gedicht hat mir unmittelbar ein schlechtes Gewissen eingeflößt. Denn es ist nicht zu leugnen: Es fällt mir sehr schwer, mit meinen Kindern zu spielen. Und so geschieht es auch viel, viel zu selten. Leider.

Du bist ein fernes Land

Sonntag, den 9. September 2007

Great Distance - © by ~liquidkid1@deviantart.com (2006-2007)

Great Distance – © by ~liquidkid1@deviantart.com (2006-2007)

Du bist ein fernes Land
gern schrieb ich dir unter den Bäumen
du bist ein fernes Land
mit wem hast du dich geküszt?
du bist ein fernes Land
der Mond ist über den Bäumen
o mein geliebtes Land
die Tage werden still

© Friederike Mayröcker

••• Und noch eine – vorerst letzte – Perle von Frau Mayröcker.


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Als du heute weggingst mein Herz

Freitag, den 7. September 2007

distance - © by ~spokojnysen@deviantart.com

distance – © by ~spokojnysen@deviantart.com (2007)

Als du heute weggingst mein Herz
setzte ich meine Lippen an den Rand deines Glases
als du heute weggingst mein Herz
führte ich meine Hände durch die Täler
die deine Arme in unser Tischtuch gegraben hatten
als du heute weggingst mein Herz
sandte ich meine Tränen als Bächlein das bergauf flieszt
dir nach

© Friederike Mayröcker

••• Das Herz ist so unbeschreiblich heftig beschäftigt, dass ich neben den Gesprächen mit der Herzdame kaum einen klaren Gedanken fassen kann. Als wären sie bestellt gewesen, brachte gestern zum Abend die Piratin zehn zeilen, die mir alle Kraft wiedergaben, die der letzte Tag aus mir herausgesogen hat.

ist es das, was wir wollen: eine liebe, in der ein vogel ein vogel ist und ein haus ein haus?

Ja, genau das, nicht mehr und nicht weniger. Und ich wünschte, ich könnte diese Geschichte eines Tages so erzählen, wie ich es bei der Piratin gelesen habe.

Wo du auch hingehst

Donnerstag, den 6. September 2007

Windrose - © by *edelherb@deviantart.com

Windrose – © by *edelherb@deviantart.com

Wo du auch hingehst
mit deinen träumenden Füszen
sorgsam hingesetzt in dein gegenwärtiges Leben
seltsam beflügelt jedoch wie Merkurs Fersen
in einer ahnungsvollen Erwartung:

immer wieder werden sich riesige Blöcke von Luft
wie fügsame Herden bewegen lassen durch dich
und auf mich zukommen
alle Regen die je deine Wange treffen werden
kommen zu mir zurück
aufgelöst bist du in jedes Teilchen der Erde
mitgeteilt hast du dich allen schwebenden Wolken
und die Wälder der Blumen sprechen in deiner Sprache

nichts kann dich mehr trennen von meinem Herzen
mit jedem Sonnenstrahl sinkst du in mich
wie ein Same

über alle Wasser hinweg

bis zu den blätternden Sternen der Windrose

© Friederike Mayröcker

••• Ich bin mitunter ein undankbarer Leser, nicht sehr geduldig, leicht zu enttäuschen. Das trifft besonders auf die Lyrik-Lektüre zu. Wenn ich einen Band „Gesammelte Gedichte“ vor mir habe, fange ich vorn an und lese Seite für Seite. Und wenn mich nicht recht bald eines der Gedichte wirklich entzündet, kann es leicht sein, dass ich nicht sehr weit komme. Nicht immer gibt es einen zweiten Versuch.


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