Gott hör …

Dienstag, den 29. Oktober 2013

Um meine Augen zieht die Nacht sich
Wie ein Ring zusammen.
Mein Puls verwandelte das Blut in Flammen
Und doch war alles grau und kalt um mich.

O Gott und bei lebendigem Tage,
Träum ich von Tod.
Im Wasser trink ich ihn und würge ihn im Brot.
Für meine Traurigkeit gibt es kein Maß auf deiner Waage.

Gott hör… In deiner blauen Lieblingsfarbe
Sang ich das Lied von deines Himmels Dach –
Und weckte doch in deinem ewigen Hauche nicht den Tag.
Mein Herz schämt sich vor dir fast seiner tauben Narbe.

Wo ende ich? – O Gott! Denn in die Sterne,
Auch in den Mond sah ich, in alle deiner Früchte Tal.
Der rote Wein wird schon in seiner Beere schal
Und überall – die Bitternis – in jedem Kerne.

Else Lasker-Schüler (1869-1945)

••• In den letzten Monaten habe ich das komplette »Heimat«-Werk von Edgar Reitz gesehen, zum Teil erneut, das meiste zum ersten Mal. In einem der Filme singt Clarissa dieses Gedicht von Lasker-Schüler. »Mein Herz schämt sich vor dir fast seiner tauben Narbe.« Meins schämte sich, als ich das hörte – und schämt sich noch.

meine mutter

Mittwoch, den 5. September 2007

Else Lasker-Schüler

War sie der große Engel,
Der neben mir ging?

Oder liegt meine Mutter begraben
Unter dem Himmel von Rauch –
Nie blüht es blau über ihrem Tode.

Wenn meine Augen doch hell schienen
Und ihr Licht brächten.

Wäre mein Lächeln nicht versunken im Antlitz,
Ich würde es über ihr Grab hängen.

Aber ich weiß einen Stern,
Auf dem immer Tag ist;
Den will ich über ihre Erde tragen.

Ich werde jetzt immer ganz allein sein
Wie der große Engel,
Der neben mir ging.

Else Lasker-Schüler aus: „Meine Wunder“
Verlag der Weißen Bücher, Leipzig (1914)

„Ich bin in Theben (Ägypten) geboren, wenn ich auch in Elberfeld zur Welt kam, im Rheinland. Ich ging bis 11 Jahre zur Schule, wurde Robinson, lebte fünf Jahre im Morgenlande, und seitdem vegetiere ich.“

••• Nach den verstörenden Träumen von gestern heute ein verstörendes Engelsgedicht vom „Prinz Jussuf von Theben“, jener Dichterin, die mit beiden Bein fest in ihren Träumen stand.

Weltende (II)

Freitag, den 19. Januar 2007

You are the Storm - © by sotoxic

••• Der Sturm hat sich noch nicht gelegt. Da kommt mir noch ein anderes „Weltende“-Gedicht in den Sinn – von einer Dichterin, die ich – nicht ohne Verstörungen – verehre: Else-Lasker Schüler.


Den ganzen Beitrag lesen »