Gematria

Dienstag, den 18. Januar 2011

Alpeh
Aleph • © David Lawrence Singer

Initiiert – so kann man es wohl nennen – wurde ich während meines Bar-Mitzwa-Unterrichts. Meine Eltern hatten mit der Religion nichts am Hut, und so hatte ich von Religiösem so gut wie keine Ahnung. Gott und seine Gesetze waren mir gleichgültig. Bar Mitzwa aber musste sein, schon wegen der Party und der Geschenke. Mein Vater könnte zeigen, was wir hatten, eine große Show mit hunderten Gästen. Der Unterricht war nicht mehr als die Zugangsvoraussetzung dafür, das Eintrittsbillett zur Party und zum Geschenkesegen. Also musste ich einige Monate lang zweimal die Woche zur Religionsstunde gehen. Mein Lehrer war ein mürrischer Alter, der beim Reden spuckte und dessen Mundgeruch mir Übelkeit bereitete. Keine Ahnung, was mit seinen Innereien los war. Aus seinen Ohren wuchsen graue Büschel borstiger Haare, und ich konnte, wenn ich ihm gegenübersaß, nicht anders als sie anzustarren mit einem Gefühl zwischen Ekel und Faszination. Religion, dachte ich, stinkt also und sprießt einem stachlig aus den Ohren.


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Erscheinungen

Montag, den 17. Januar 2011

Ich fürchte mich vor Erscheinungen, die ich nicht selbst erfunden habe. Und nun dieser Huf… Am Fußende lugt er im Dunkel unter der Bettdecke hervor. Das ist mir nicht geheuer. Ohne hinzusehen, decke ich ihn zu, lasse meinen Kopf zurück ins Kissen sinken und schließe die Augen wie ein Kind, das denkt, was es nicht sieht, sei nicht da. Das beruhigt mich. Dabei müsste ich wissen, dass es ein böses Omen ist.


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