Wem auch immer der Huf gehört…

Freitag, den 4. Februar 2011

Colored Contact Lenses

Katelyn und Hayman, nackte Nymphen, Pan und ein Anfall von Zärtlichkeit. Und schließlich Matana, ein unterbrochenes Schachspiel, Ameisen und ein Angebot, das mir Angst machte. Das war der gestrige Abend. Dass ich überhaupt einschlafen konnte, grenzt an ein Wunder. Jetzt sind sie alle fort, nur die Angst ist geblieben. Ich liege im Bett, die Decke bis zur Nase hochgezogen, und wage es nicht, die Augen zu öffnen.

»Nichts aber gleicht dem Gift aus deinen grünen Augen…« An diese Zeile Baudelaires dachte ich, als ich Katelyn im Fahrstuhl traf und zum ersten Mal in ihre unwirklich grünen Augen sah.


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Hängepartie

Donnerstag, den 3. Februar 2011

Als vor einigen Jahren die ersten 3D-Filme in den Kinos gezeigt wurden, war ich nie versucht, mir einen anzuschauen, weil ich davon ausging, ich würde nichts davon haben. Inzwischen gibt es manche Filme nur noch in 3D. Also habe ich es versucht. Als ich die 3D-Brille, die ich am Eingang bekommen hatte, aufsetzte, war ich noch skeptisch. Als dann aber der Vorhang aufging und der Film begann, überwältigten mich die Bilder wie nichts anderes je zuvor. Ich hatte keine Ahnung, wie es funktionierte, aber das tat es. Starrte der Held in einen Abgrund, fühlte ich tatsächlich die gähnende Tiefe. Alles kippte ins Bodenlose. Ich stürzte in eine völlig unbekannte Welt und wälzte mich genussvoll in den Bilderfluten. Es war wie ein Trip, ein berauschendes Fest, wie ich es noch nie erlebt hatte.

Läufer e2-d3 diktierte ich meinen nächsten Zug, und während Matana schrieb und ich setzte, gab ich zu, dass es schön wäre.

Schön! Matana seufzte. Das ist alles?

Zum ersten Mal zog er die Dame: d8-c8. Er brachte die Artillerie in Stellung.


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Dein Auge, sagte er

Mittwoch, den 2. Februar 2011

Auge • © Thomas Seliger
Auge • © Thomas Seliger

Dein Auge, sagte er.

Das traf mich wie ein gezielter Schlag in den Magen. Wie wenig hatte ich doch erreicht! Mein positives Körpergefühl war von den Füßen aufgestiegen, aber unter der Augenlinie hatte es halt gemacht. Es genügte offenbar noch immer die bloße Erwähnung meines unübersehbaren Defekts, um mich in die Gefühlswelt meiner Kindheit zurück zu katapultieren, in ein Chaos aus Verletzungen, Scham und Wut darüber, nicht ändern zu können, weswegen ich begafft und gehänselt wurde. Es konnte doch wohl nicht möglich sein, dass ausgerechnet Matana, der dieses Gefühl kennen musste, einem ähnlichen Impuls der Neugier nachgegeben hatte.

Natürlich wusste ich, dass er sich für Augen interessierte. Als Biologe hatte er sich über Jahrzehnte mit dem menschlichen Sehvermögen und den Ursachen verschiedenster Sehstörungen beschäftigt. Es war auch kein Zufall, dass das Logo seiner Firma ein Paar weit geöffneter Augen darstellte. Matanas Vision war es, Blinde sehend zu machen, was nach seiner Vorstellung bedeutete, ihnen eine Welt zu Füßen zu legen oder – noch genauer – eine Welt für sie zu erschaffen.


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In Angriffsstellung

Dienstag, den 1. Februar 2011

Matana war nie ein typischer Silicon-Valley-Entrepreneur. Er ist spät nach Kalifornien gekommen. Die meiste Zeit seines Lebens hat er in Chile verbracht. Dort ist er aufgewachsen, dort hat er studiert, promoviert und mehrere Jahrzehnte als Professor gelehrt. Dass er schließlich 1990 in die Staaten kam und seine Forschungen in einem Privatinstitut unter Ausschluss selbst der akademischen Öffentlichkeit fortführte, provozierte allerlei Irritationen – und Neid. Über Matanas Geschicklichkeit bei der Finanzierung seiner Forschungen kursierten schon bald diverse Gerüchte. Das Unternehmen, das er selbst gern als unabhängigen think tank bezeichnet, gehört ihm nicht allein. Die ebenso geduldigen wie finanzstarken Anteilseigner halten sich jedoch so diskret im Hintergrund, dass kaum jemand weiß, woher die Gelder stammen, mit denen Matana sein Institut betreibt.


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Deep Blue

Montag, den 31. Januar 2011

••• Warum ausgerechnet Schach? Weil es ein strategisches Spiel ist. Das korrespondiert mit Strategien, wie sie Matana ganz offensichtlich in seinen Gesprächen verfolgt. Und außerdem wird Schach in einer Notation protokolliert, die einem Uneingeweihten nichts sagt. Mein Großvater, von dem ich Schachspielen lernte, konnte blind spielen. Er nahm Block und Stift und setzte sich mit dem Rücken zum Brett. Ich musste meine Züge ansagen. Er notierte sie und verkündete seine Erwiderung. Er hatte das Schachbrett »vor dem inneren Auge«.

Und damit steigen wir nun ein in die Partie zwischen Rosen und Matana…


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