Keine Schonung

Mittwoch, den 15. Juni 2011

Die Wirksamkeit der Übungen stand und fiel mit der Atmung und einer eben wohlkontrollierten Körperspannung aus der Körpermitte heraus. Katelyn hatte mich bereits für meine Pushup-Routine in die Urgründe dieser Powerhouse-Atmung eingeführt, die allein schon die Bauchmuskeln zum Zittern brachte, ohne dass man nur einen Arm oder ein Bein hob. Ja, man musste kämpfen, und gelegentlich brannten die beanspruchten Muskelpartien wie Feuer, doch sobald die Übung beendet war, fühlte man sich wohl. Kein Schmerz, keine tiefe Erschöpfung. Anspannung und Dehnung wechselten sich ab, und so gewann man nicht nur an Kraft sondern auch an Beweglichkeit, ein völlig neues, beglückendes Körpergefühl. Ich fühlte mich beschenkt und warf meine ursprünglichen Vorbehalte bereitwillig über Bord. Ich hatte tatsächlich nicht gewusst, wovon ich sprach, als ich von Zuchthaus und teutonischem Strafsport geredet hatte.


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Deutsche Kontrollgymnastik

Dienstag, den 14. Juni 2011

Das Studio von Joseph Pilates in New York
Das Studio von Joseph Pilates in New York

Den Muskelzuwachs schrieb ich den Pushups zu, den Gewichtsverlust meinen veränderten Essgewohnheiten. Was allerdings die panische Verwandlung anging, die ich an meinem Körper beobachtete, verdankte ich sie zum größten Teil wohl vor allem der zweiten Komponente meines Trainingsprogramms: Pilates.


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Pushups

Montag, den 13. Juni 2011

Pushups

Von meinem Speiseplan – wenn man es so nennen konnte – strich Katelyn lediglich die ungezählten Gläser latte macchiato, die ich üblicherweise während der Arbeit trank. Stattdessen fand ich jeden Morgen auf meinem Schreibtisch drei Literflaschen Mineralwasser, die ich, über den Tag verteilt, zu trinken hatte. Darüber hinaus, meinte sie, würde mein Körper mir sehr bald von sich aus signalisieren, was und wieviel er brauchte.

Das Training bestand im wesentlichen aus einem Pushup-Programm und Pilates. Zunächst übten wir atmen und diverse Varianten von Liegestützen in sauberer Ausführung. Als ich mit dem Training begann, schaffte ich fünfzehn bis zwanzig. Das Ziel, meinte Katelyn, liege bei hundert, was mir unmöglich erreichbar erschien. Allerdings machte ich sehr schnell deutliche Fortschritte.


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Psychodynamik

Sonntag, den 12. Juni 2011

Katelyn ging über den Vorfall hinweg. Das erleichterte mich zunächst, weil ich nicht ahnte, dass mich diese Art, die Situation zu handhaben, auf lange Sicht zu einem Gefangenen machte. Wir trafen uns nach wie vor, und da wir nun auch offiziell beruflich miteinander zu tun hatten, verbrachten wir mehr Zeit miteinander als je zuvor. Als Trainerin gab sich Katelyn bestimmt, wenn auch nicht übermäßig streng oder fordernd. Als Frau behandelte sie mich nicht etwa kühler. Unser Verhältnis blieb gelöst und zärtlich, als wäre nichts Irritierendes geschehen. Dennoch hatte sich etwas verändert. Ich wusste, dass sie jeden Augenblick die Frage stellen konnte, vor der ich mich fürchtete, dass sie jederzeit den Vorwurf erheben und eine Erklärung einfordern konnte, und ich hätte nichts von Substanz zu meiner Verteidigung vorbringen können. Ich weiß nicht einmal, ob es ihr bewusst war. Ihr Schweigen jedenfalls und der Umstand, dass ich es akzeptierte, bescherte mir eine Art emotionaler Gefangenschaft. Ich richtete mich in meinem Schuldgefühl ein und arrangierte mich mit dem von mir selbst verhängten Strafmaß, dem Bewusstsein nämlich, die unausgesprochene Verletzung nie wieder gutmachen zu können.


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Schwarze Schafe

Freitag, den 10. Juni 2011

Schwarzes Schaf

Im Erinnerungsgarten eines jeden gibt es wohl das eine oder andere schwarze Schaf, das dort vermeintlich friedlich und unbeobachtet grast. Es wächst nicht, aber es wird auch nicht kleiner, und vor allem stirbt es nie. Es grast, und gelegentlich blökt es laut und vernehmlich, damit man es ja nicht vergisst.

Das ist die Erinnerung an Augenblicke tiefster Peinlichkeit, Situationen, in denen wir uns einmal befunden haben und wünschten, umgehend im Erdboden zu versinken und nie wieder sichtbar zu werden. Allein die offenbar nie verblassende Erinnerung an jene Momente, die uns wieder und wieder unangekündigt zu überfallen vermag, genügt, die Scham erneut in uns aufsteigen zu lassen. Sie verblasst nicht, die Schuld ebenso wenig, und zu beidem gesellt sich auch noch die unbezwingbare Angst, dass andere sich ebenso lebhaft wie wir selbst an das Geschehen erinnern und uns jederzeit bloßstellen könnten.


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