erotische gedichte

Montag, den 19. September 2011

e. e. cummings: »erotische gedichte«

Liebe, Humor, Frau, Mann. Kommt nun noch die Freude am sprachlichen Experiment dazu, ist man bei den erotischen Gedichten des amerikanischen Lyrikers und Malers E.E. Cummings (1894–1962) angelangt. Cummings liebt das Physische in allem, was er tut: Er liebt die Buchstaben, die Wörter. Und er liebt die Frauen, die Erotik, den Sex. So wie er immer wieder die sinnliche Einheit zweier Liebender und ihrer Körper feiert, so spielt er auch mit dem Körper der gedruckten Sprache: Er trennt und vereint die sprachlichen Körperteile, um sie zu neuen und überraschend lustvollen Bildern im Kopf der Leser werden zu lassen. Seine Gedichte bewegen sich dabei zwischen romantisch und obszön, zärtlich und derb, verspielt und frivol. Seine liebevollen erotischen Stellungnahmen entzücken und provozieren.
Dieser Band vereint zum ersten Mal ausgewählte erotische Gedichte aus dem umfangreichen lyrischen Werk von E.E. Cummings.

••• Gestern bekam ich eines der ersten Exemplare von cummings‘ »erotischen gedichten« in die Hand. Der zweisprachige Band erscheint am kommenden Donnerstag in der textura-Reihe von C.H.Beck. Die sehr gelungene Neuübertragung der Gedichtauswahl – ursprünglich in dieser Zusammenstellung bei W. W. Norton & Company erschienen (siehe auch »» hier) – hat Lars Vollert besorgt. Mich freut besonders, dass ich ein Nachwort zu diesem Band beisteuern durfte und sich in diesem Nachwort auch eine Zeichnung von Kerstin Klein findet, die sie mir vor einigen Jahren verehrt hat.


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Pan schweigt

Dienstag, den 12. Juli 2011


Strand bei Esquinzo (Fuerteventura)

••• Es ist mitten in der Nacht, und ich kann nicht schlafen. Hinter mir liegen zwei sehr kreative Wochen in Esquinzo auf Fuerteventura. Morgen geht es zurück nach München.

Ich hatte mir vorgenommen, das 3. Kapitel von »Replay« hier zu schreiben. Und was habe ich geschafft?

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Beautiful

Dienstag, den 27. November 2007

Snowflakes - © 2007 by jofaithanna@deviantart.com

Snowflakes – © 2007 by jofaithanna@deviantart.com

Beautiful

is the
unmea
ning
of(sil

ently)fal

ling(e
ver
yw
here)s

Now

e. e. cummings

schön

ist das
nichts
sagen
de(schwei

gend)fal

lende(all
üb
er
all(sch

nein

e. e. cummings
Übertragung: parallalie

••• Parallalie, der letztens in einem Kommentar den Kopf schüttelte über meine Lesepraxis und mir kurz darauf half, Raymond Queneau wiederzufinden, eben jener betreibt ja selbst ein literarisches Weblog. Vor nicht allzu langer Zeit hat er dortselbst eine neue Rubrik eingeführt Unter lyrik-lyrik findet sich da nun eine Handvoll Beiträge der letzten zwei Jahre, in denen er sich an Gedichten anderer Autoren inspiriert, indem er sie ins Deutsche überträgt (wie im Beispiel oben) oder auch eigene poetische Erwiderungen oder Varianten neben die Originale stellt.


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Bemitleid dieses untier, unmenschheit

Donnerstag, den 15. November 2007

pity this busy monster, manunkind,

not. Progress is a comfortable disease:
your victim (death and life safely beyond)

plays with the bigness of his littleness
– electrons deify one razorblade
into a moutainrange; lenses extend

unwish through curving wherewhen till unwish
returns on its unself.
A world of made
is not a world of born – pity poor flesh

and trees, poor stars and stones, but never this
fine specimen of hypermagical

ultraomnipotence. We doctors know

a hopeless case if – listen: there’s a hell
of a good universe next door; let’s go

e. e. cummings (1943)

bemitleid dieses untier, unmenschheit,

nicht! Fortschritt ist ’ne seuche, die bequem:
dein opfer (tod und leben fest entfernt)

spielt mit der größe seiner winzigkeit
– vergöttern elektronen eine klinge
zur bergkette; und linsen dehnen aus

unwunsch durch krümmen von wo-wann, bis unwunsch
sein unselbst wiederhat.
Die welt der mache
ist nicht die welt des zeugens – armes fleisch

und stern, baum, stein bemitleid, aber nie
dies feine beispiel hypermagischer

ultraomnipotenz. Als ärzte sehn wir:

ein hoffnungsloser fall … hör: nebenan
ist eine höllisch gute welt. Los, gehn wir

e. e. cummings (1943)
Deutsch von: Gisbert Kranz
aus: „Englische Sonette“
© Philipp Reclam jun. Stuttgart 1981

••• Vor einigen Tagen stand wieder eine Bücherkiste vor der Tür des Antiquitätengeschäfts unten im Haus. Ich habe zwei dieser kleinen orangefarbenen Reclam-Bändchen vorm Tod durch den Regen bewahren können. Über beide Funde habe ich mich sehr gefreut. Denn das eine Büchlein ist eine zweisprachige Ausgabe von Christopher Marlowes „Edward II“ (von Marlowe, Shakespeares Zeitgenossen, habe ich noch nichts gelesen und brenne darauf, das nun nachzuholen); das zweite trägt den Titel „Englische Sonette“ und enthält ganze 92 davon, im Original und sehr gelungenen deutschen Nachdichtungen von Gisbert Kranz präsentiert.


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somewhere i have never travelled

Dienstag, den 9. Oktober 2007

I just wanna catch the rain - © 2007 by darkage1270@deviantart.com
I just wanna catch the rain – © 2007 by darkage1270@deviantart.com

somewhere i have never travelled, gladly beyond
any experience, your eyes have their silence:
in your most frail gesture are things which enclose me,
or which i cannot touch because they are too near

your slightest look easily will unclose me
though i have closed myself as fingers,
you open always petal by petal myself as Spring opens
(touching skilfully, mysteriously) her first rose

or if your wish be to close me, i and
my life will shut very beautifully, suddenly,
as when the heart of this flower imagines
the snow carefully everywhere descending;

nothing which we are to perceive in this world equals
the power of your intense fragility: whose texture
compels me with the colour of its countries,
rendering death and forever with each breathing

(i do not know what it is about you that closes
and opens; only something in me understands
the voice of your eyes is deeper than all roses)
nobody, not even the rain, has such small hands

e. e. cummings, aus: „Complete Poems 1904-1962“
Liveright Publishing, 1994

••• Um manche Opfer meiner Textvernichtungsaktionen tut es mir nachträglich doch aufrichtig leid. Um die cummings-Nachdichtungen etwa. Um 1997 herum habe ich mich an etwa zehn der für mich schönsten cummings-Gedichte gewagt, weil die Nachdichtungen, die ich bis dahin gelesen hatte, mich nicht so recht glücklich machten.


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i carry your heart with me

Montag, den 8. Oktober 2007

i carry your heart - © by snowflake 2007
i carry your heart – © by snowflake 2007

i carry your heart with me(i carry it in
my heart)i am never without it(anywhere
i go you go, my dear;and whatever is done
by only me is your doing,my darling)
by only me is your doing,my darling)i fear
no fate(for you are my fate,my sweet)i want
no world(for beautiful you are my world,my true)
and it’s you are whatever a moon has always meant
and whatever a sun will always sing is you

here is the deepest secret nobody knows
(here is the root of the root and the bud of the bud
and the sky of the sky of a tree called life; which grows
higher than soul can hope or mind can hide)
and this is the wonder that’s keeping the stars apart

i carry your heart(i carry it in my heart)

e. e. cummings, aus: „Complete Poems 1904-1962″
Liveright Publishing, 1994

••• Dieses Bild, das mir die Herzdame geschenkt hat, und dieses Gedicht in voller Länge wollte ich schon lang hier haben: you are whatever a moon has always meant…

1000 Seiten cummings

Montag, den 4. Dezember 2006

••• Zu den minderen Merkwürdigkeiten der DDR zählten Bibliotheken, zu denen der Zutritt gestattet war, in denen man jedoch den grössten Teil der im Katalog geführten Bücher nicht ausleihen durfte. Dazu kamen dann noch Bibliotheken, in denen man alle geführten Bücher hätte ausleihen können, zu denen jedoch der Zutritt nicht gestattet war.

Zur ersten Kategorie gehörte die Berliner Stadtbibliothek: Bücher, die im nicht-sozialistischen Ausland erschienen waren, konnte man ohne spezielle Genehmigung nicht ausleihen.

Zur zweiten Kategorie gehörte die Bibliothek der amerikanischen Botschaft in Ost-Berlin. Dort war man bereit, alle Bücher zu verleihen. Die Botschaft zu betreten war jedoch weniger ratsam.

Für ein ganz bestimmtes Buch habe ich mich damals entschlossen, die Verbote und Tabus zu missachten.

Zum ersten Mal gehört habe ich den Namen cummings in einem Film. Woody Allens „Hannah und ihre Schwestern“ lief im Fernsehen. Zwei der Protagonisten – ich glaube es waren Elliott und Lee – treffen sich da in einer Buchhandlung. Elliott nimmt einen grossen Wälzer aus dem Regal, die Ausgabe der „Complete Poems 1904-1962“ und zitiert aus „somewhere i have never travelled“:

nobody,not even the rain,has such small hands

Ich erinnere mich noch gut an den Untertitel der Szene:

niemand,auch nicht der regen,hat kleinere hände als du

Ich musste diese – zumindest vermutete – Schatztruhe amerikanischer Lyrik unbedingt selbst in die Hände bekommen. Und aus irgendeinem Grund hatte ich mir in den Kopf gesetzt, dass es genau diese Ausgabe sein müsste.

Nachdem Antiquariate und Bibliotheken mit der Ausgabe nicht dienen konnten und in der Stadtbibliothek kein Weg zur Ausleihe eines amerikanischen Lyrikbandes führte, war ich recht verzweifelt. Ich weiss nicht mehr, welcher Witzbold mir damals geraten hat, es doch in der Bibliothek der amerikanischen Botschaft zu versuchen. Ernst war der Rat wohl nicht gemeint. Aber ich zögerte nicht.

Das Getriebeöl von Diktaturen ist die Angst der Bürger. Ich war gewiss nicht besonders mutig, eher naiv; und ich hatte ein Ziel. Ich wollte dieses Buch. So bin ich 1987 in die amerikanische Botschaft geschlendert, als wäre es nichts. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich eine Sicherheitsschleuse mit Metalldetektor passiert. Der Sicherheitsbeamte am Eingang wies mir freundlich den Weg zur Bibliothek. Erst die Bibliothekarin machte mir klar, dass ich bis zu ihr gar nicht hätte vordringen dürfen und dass ich besser nicht zu lange bliebe. Den Band – ja – den hatte sie da und hievte ihn für mich aus dem Regal.

Da stand ich nun, tausend Seiten cummings in meinen Händen und nur wenige Minuten, um darin zu lesen. Dass ich noch einmal zurückkehren könnte, um das ausgeliehene Buch zurückzubringen, daran mochte die Bibliothekarin nicht glauben. So musste ich die vielen Gedichte, die doch entdeckt werden wollten, zunächst zurücklassen.

Ganz so unbehelligt, wie ich in die Botschaft hineingekommen war, kam ich nicht wieder hinaus. Eine Strassenecke weiter wollte ein Polizist dann doch meine Personalien aufnehmen und wissen, was ich in der Botschaft zu schaffen hatte. Ich wollte ein Buch ausleihen. Aha, na was denn auch sonst…

Zu den eher grösseren Merkwürdigkeiten der DDR zählte, dass man – wie ich meinen Stasi-Unterlagen entnehmen durfte – durch geringsten Kontakt mit einem US-Bürger verdächtig werden konnte, ein Agent des Klassenfeindes „auf der amerikanischen Linie“ zu sein. Da passt es natürlich ins Bild, dass man die amerikanische Botschaft aufsucht, um „ein Buch auszuleihen“, das man dann nicht einmal vorweisen kann.

Folgen hatte das Ganze nicht. Bestellt habe ich das Buch schliesslich 1993 über eine auf amerikanische Literatur spezialisierte Buchhandlung in Berlin. Mehrere Wochen musste ich warten, bis der Band aus Amerika eintraf. Das ist nun eines der Bücher, die ich an niemanden verleihe. Don’t even try it!