Generation iPod

Sonntag, den 29. März 2009

••• Endlich bringt jemand auf den Punkt, was mir seit Monaten im Kopf umhergeistert: Wie lange wird es noch Romane geben?

if:book ist ein Blog-Projekt des »Institute for the Future of the Book«. Sebastian Mary schreibt dort vor einigen Tagen über eBooks. Dabei geht es ihm nicht um die Frage, ob eBooks nun gut seien oder nicht. Es gibt sie, und sie werden ein regulärer Bestandteil der Literaturlandschaft werden. Aber Mary zieht einen Vergleich zwischen Literatur und Musikindustrie und illustriert seinen Gedanken am Beispiel des iPod: Die Frage sei nicht, ob und wie komfortabel man auf eBook-Readern längere Prosa lesen kann; die Frage sei vielmehr, ob die längere Prosa noch eine Zukunft hat.

It makes economic sense to sell LPs or CDs at a runtime of 60-odd minutes. It makes economic sense to sell books of around 80,000 words. But music for iPods can be sold song by song. So, extrapolating from this to an iPod for reading, what is the written equivalent of a single song? In a word (or 300), belles lettres.


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Reue und Buße

Freitag, den 13. März 2009

The most unnoticed of all miracles is the miracle of repentance. It is not the same as rebirth; it is transformation, creation. In the dimension of time there is no going back. But the power of repentance causes time to be created backward and allows re-creation of the past to take place. Through the forgiving hand of God, harm and blemish which we have committed against the world and against ourselves will be extinguished, transformed into salvation.

Abraham Joshua Heschel
aus: »The Meaning of Repentance« (1936)
in: »Moral Grandeur and Spiritual Audacity«
Farrar Straus & Giroux, New York, 1996

••• Ich zitiere hier Heschel nach D. G. Myers, der eben diese Passage in seinem aktuellen Beitrag zu Nabokovs »Lolita« bringt. Myers Beitrag sollte man unbedingt lesen. Er ist brilliant, Myers Prämisse unmissverständlich im Eingangssatz formuliert:

Lolita is the greatest novel ever written in English, because alone among English-language novels it is the enactment of a moral experience.

Das ist ein interessanter Ausgangspunkt. Wieder einmal legt uns die andere Sprache (das Englische) hier einen Stein in den Verständnisweg. Was Myers als »repentance« beschreibt, kann zu Deutsch Reue oder Buße heißen. Zwischen beiden Worten besteht jedoch ein dramatischer semantischer Unterschied: Reue ist nicht zwingend tätig, Buße hingegen schon. Und im Sinne von Myers These gehe ich davon aus, dass die tätige Reue gemeint sein muss, zumal Heschel von »repentance« im Sinne des Begriffs der »Umkehr« (Teschuva) spricht: Reue, Bekennen und Wiedergutmachung gehören hier untrennbar zusammen.

Worin der Unterschied zwischen Teschuva und bspw. bloßer Entschuldigung besteht, erläutert Myers in einem Follow-Up zum o. g. »Lolita«-Beitrag (Pull out his eyes, Apologize, Apologize), gespickt mit Textbeispielen aus der englischsprachigen Literatur.

Der wahre Gegensatz

Mittwoch, den 4. März 2009

Alvin Plantiga (links) und Daniel Dennett
Alvin Plantiga (links) und Daniel Dennett

••• Nein, ich sehe keine Gespenster. Es ist eine Kampagne gegen jegliche Religion im Gange, befeuert von Überzeugungen, die ihrerseits quasireligiösen Charakters sind. Die des Englischen mächtigen Turmsegler möchte ich heute auf eine hitzige Debatte der APA hinweisen.

Am 21. Februar veranstaltete die Central Division of the American Philosophical Association (APA) – die bedeutendste Berufsvereinigung der Philosophen in den USA – eine Art Debatte zwischen Alvin Plantinga und Daniel Dennett. Plantinga ist einer der Gründer der Society of Christian Philosophers und bemüht sich in seinen Arbeiten um eine Desäkularisierung der Philosophie. Daniel Dennett gehört zu den New Atheists und ist ein entschiedener Verfechter des atheistischen Darwinismus. Während Dennett jeglicher religiösen Ansicht gegenüber in Rage gerät, vertritt Plantiga die Ansicht, dass Religion und Wissenschaft nicht nur durchaus miteinander kompatibel sind, sondern darüber hinaus der wahre Gegensatz vielmehr zwischen Theismus und Naturalismus bestehe.


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