Die folgende Geschichte

Freitag, den 19. Oktober 2007

Keiner der anderen wird meine Geschichte hören, keiner von ihnen wird sehen, daß die Frau, die da sitzt und auf mich wartet, das Gesicht meiner allerliebsten Kriton hat, des Mädchens, das meine Schülerin war, so jung, daß man mit ihr über die Unsterblichkeit sprechen konnte. Und dann erzählte ich ihr, dann erzählte ich dir Die folgende Geschichte

Cees Nooteboom, aus: „Die folgende Geschichte“

••• Ich habe manche Angewohnheiten, die die Herzdame – wenn nicht grad scheusslich – so doch zumindest unpassend findet. Öffentlich beichtbar ist folgende: Bücher lese ich immer von hinten, die letzte Seite zuerst und dann die erste. Wenn eine(r) einen guten Abschluss hinbekommt und einen guten Beginn, lässt das hoffen. (Erinnern wir uns kurz an Primo Levis nicht gehaltene Poetik-Vorlesung…) Einmal zumindest bin ich einem Autor – Cees Nooteboom – dabei in die Falle gegangen.

„Die folgende Geschichte“ endet, wo sie beginnt oder beginnt an ihrem Ende. Worum es geht, kann man unter anderem » hier nachlesen.

Mokusei!

Donnerstag, den 18. Oktober 2007

Cees Nooteboom: Mukosei!••• Nachdem ich mich mit Nootebooms „Ritualen“ nicht recht anfreunden konnte, hat er mich mit zwei anderen Büchern später dennoch ganz und gar für sich gewonnen. Das eine davon: Mokusei!

Ein holländischer Fotograf wird nach Japan geschickt, um für Reiseprospekte Aufnahmen vom Fuji zu machen, im Vordergrund eine Japanerin in verschiedene Kimonos gekleidet. Satoko, die er Schneemaske nennen wird und in die er sich verliebt, wird ihm als Modell vermittelt. Sie führt ihn zum Fuji; und eine leise, doch deswegen keineswegs weniger intensive Liebesgeschichte nimmt ihren Lauf. Eine Geschichte von Fremdheit, die auch in der Liebe unüberbrückbar bleibt.

Ganze 75 gross bedruckte Seiten sind das, intensive, unprätentiöse Prosa, die sehr berührt. Eine einfache Geschichte, eine ehrliche Geschichte.

Ein solches Stück Kammermusik würde ich in meinem Leben gern noch schreiben. Das wäre genug.


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Verbannter

Mittwoch, den 17. Oktober 2007

Cees Nooteboom - © Baska Hempel (2007)
Cees Nooteboom — © Baska Hempel (2007)

Landungsbrücke, das Schiff, das wegfährt
über flüssiges Glas.

Jetzt bin ich allein mit Chong Er,
die Aussicht einer Ebene,
meine Freunde Klausner in den Hügeln,
Männer, schon fast aus Stein.
Dunkel bleibe ich von jetzt an,
weit von den weißen Hirschen,
die wir ritten in Feldern und Wolken
und Nebel.

Zwischen dem Jetzt und dem Tod
eine Zeit für Gedanken, von niemand
geschrieben, Scham auf einer Tafel,
mit weißer Kreide, mein Name befreit
von seinen Buchstaben, leer
wie ein Klang.

Elfenbein und Juwelen,
das alles kannte ich, mein Schatten
verschwindet in einer Falte der Zeit,
nichts lasse ich nach, verrieben
zwischen dem Staub der Tage
teile ich das Schicksal von Steinen und Muscheln,

ein Prinz ohne Worte
in einem Gewebe
gesponnen aus nichts.

© Cees Nooteboom, in: Akzente 5/2007
Nachdichtung von Ard Posthuma

••• Vor Jahren gab es im Fernsehen eine Sendung, die für Buchhändler von eminenter Wichtigkeit war. Sie erfuhren, welche Bücher sie im Eingangsbereich ihres Geschäfts auf Tischen aufstapeln mussten. Ab und an habe ich mir das „Literarische Quartett“ gern angesehen. Ich mochte Reich-Ranicki in der sehr dankbaren Dompteursrolle. Und es gab in jeder Sendung etwas, worüber man sich herzlich aufregen konnte.


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