große wasser

Freitag, den 30. November 2007

Mikveh - © 2002 by Janice Rubin
Mikveh – © 2002 by Janice Rubin

willst du den hohlweg
nehmen
oder
durch große wasser
in andere welten tauchen?

du weißt es: auf dieser seite des spiegels
halte ich alle tore besetzt
und führe dich auf jedem pfad
durch adergeflecht labyrinthe und dschungel
doch immer wieder zu mir

willst du den hohlweg nehmen
oder den fluss? (den fährmann
zahlt niemand mit liebe)

auf der anderen seite
das weißt du auch
wachsen feuerschlünde und paradiese
aus deinen eigenen augen dir zu
du fliehst auf den strand
doch es bleibt selbst im abdruck
des fußes im sand
noch genügend von dir
dich zu kennen

willst du den hohlweg nehmen
oder das meer?
du ahnst es:
es führen
tausend wege hinein
doch keiner heraus

so bleibst du
mit mir gefangen

© Benjamin Stein (2007)

••• Dass mit dem „Selbstbildnis als Seraph“ etwas nicht stimmte, schwante mir schon, als ich am letzten Sonntag den Publish-Button drückte. Aber was? Der Begleittext hat mich heute auf die richtige Spur gebracht: Der Seraph muss weg.


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Als Seraph

Montag, den 26. November 2007

Seraphinit Spheres - Halbedelsteingemmen (Russland)

willst du den hohlweg
nehmen
oder
durch grosse wasser
in andere welten tauchen?

du weisst es: auf dieser seite des spiegels
halte ich alle tore besetzt
mit blauem blick und flammenschwert
und führe dich auf jedem pfad
durch adergeflecht labyrinthe und dschungel
doch immer wieder zu mir

willst du den hohlweg nehmen
oder den fluss? den fährmann
zahlt niemand mit liebe

auf der anderen seite
das weisst du auch
wachsen feuerschlünde und paradiese
aus deinen eigenen augen dir zu
du fliehst auf den strand
doch es bleibt selbst im abdruck
des fusses im sand
noch genügend von dir
dich zu kennen

willst du den hohlweg nehmen
oder das meer?
du ahnst es: es führen
tausend wege hinein
doch keiner heraus

so bleibst du
mit mir gefangen

© Benjamin Stein (2007)

••• Manchmal beängstigt es mich, mit welcher Wucht die Worte hervorbrechen, wenn ich nur für eine kurze Zeit die Tür zum Aussen schliessen kann. Heute führte ein Nachhorchen auf Celans Zeile „… und ich bleib dir ein Hohlweg im Herzen“ zu diesem „Selbstporträt als Seraph“, das mir wie eine erste Annäherung an das Thema des geplanten neuen Buches „Mayim Rabim“ vorkommt und gleichzeitig beinahe das ganze Thema aufblättert. Die Mikveh (die grossen Wasser), der Fluss und das Meer – die alle als rituelles Tauchbad dienen können, als Relaisstation beim Wechsel in eine andere Identität. Wobei die Frage aufkommt, wie viel von uns wir zurücklassen könnten in einem solch magischen Tauchbad, das uns den Weg eröffnet in einen alternativen, einen vielleicht ganz gegensätzlichen Lebensentwurf.


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letzter abschied

Dienstag, den 20. November 2007

Wave - © 2006-2007 by abrokenpuppet@deviantart.com
Wave – © 2006-2007 by abrokenpuppet@deviantart.com

beim sinken der hand
was uns künftig verbindet
erwacht die trauer

© Benjamin Stein (2007)

••• Vermessen, nach einem so wunderbaren Haiku wie dem von Masaoka Shiki mit einem eigenen Haiku zu kommen. Abschiede – dieses Thema hat mich schon immer sehr beschäftigt. Allzu oft markieren sie die scharfen Bruchkanten in einer Biographie. Und oft geht es nicht ohne Trauer ab. Auch bleibt von dem, der geht, immer etwas zurück – wie auch bei dem, der geht, etwas bleibt von dem, der zurückblieb.

Termin am Mittag

Mittwoch, den 14. November 2007

Raymond Queneau
Raymond Queneau

••• Dass ich Raymond Queneaus „Stilübungen“ wiedergefunden habe, freut mich so ungemein, dass ich nicht wiederstehen konnte, auch eine Variation auf das Thema zu schreiben.

Und wenn wir schon dabei sind, denke ich mir, dann sollte ich die hier mitlesenden Autoren einladen, in ihren jeweils eigenen Stilen und Sichten das gleiche zu tun. Über zehn zeilen von Sudabeh würde ich mich ebenso freuen wie über eine Mandrake-Variante von Markus (quasi schon im Flieger nach Brasilien), eine surreale Sequenz von p.-s Veranda, ein satirisches Prosagedicht vom Herrn H, etwas in strengstem Versmasse vom ANH – oder oder oder…

Wer auch immer Lust hat, sich an dem Spass zu beteiligen, ist herzlich eingeladen, eine entsprechende Version bei sich im Weblog zu bringen und es die Turmsegler wissen zu lassen.

Und hier ist sie – meine Variante der Begebenheit im Bus S…


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kein wort

Sonntag, den 11. November 2007

Lips - © 2005-2007 ~RyanLovelacePhoto@deviantart.com
Lips – © 2005-2007 ~RyanLovelacePhoto@deviantart.com

kein wort sagst du vor
diesem feuchten
offen pulsenden schlund
eine herbstbö stürzt dir jäh in die knochen
und peitscht als gälte es glas zu spalten
aus deiner hohen krone das laub
so viele könige ohne land
wenn die stürme sich legen taumeln
die blätter zum grund
fahl weiß papierene laken
und stopfen dem schwätzer den mund

© Benjamin Stein (2007)

••• Ich bin ein Sommerkind. Der Herbst ist nicht meine Zeit. Aber Vulkane löscht man denn doch nicht mit ein bisschen Regen und Wind.