Ultimatum

Dienstag, den 6. November 2007

••• Vor einem Jahr habe ich mir selbst ein Ultimatum gestellt, betreffend mein „Anderes Blau“. Ein Jahr lang würde ich noch versuchen, einen sogenannten Publikumsverlag für das Manuskript zu finden. Gelänge es nicht, würde ich eine eigene Ausgabe von max. 200 Stück herausbringen, klassisch produziert oder via POD. Anders könnte ich nicht abschliessen mit diesem Buch und ein neues beginnen. (Eine Idee dieses neuen Buches begann damals, ganz langsam Gestalt anzunehmen…)

Vielleicht gebe ich mich heute der Lächerlichkeit preis oder werde gar der Larmoyanz bezichtigt. Aber dieses Ultimatum und die Folgen und der Umstand, dass die mir von mir selbst zugestandene Zeit nun verstrichen ist, beschäftigen mich. Und also gehört dieses Nachdenken auch hier her, in dieses Weblog.


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Der poetische Motor

Dienstag, den 16. Oktober 2007

••• Zu meinen Journalistenzeiten kursierte jeweils am Tag vor Redaktionsschluss ein Witz der – wenn ich mich recht erinnere – auf einen Dilbert-Cartoon zurückging.

A: Um schreiben zu können, muss ich in der richtigen Stimmung sein.
B: Und was für eine Stimmung ist das?
A: (nach einer Pause) Panik, Panik, Panik!

Der Redaktionsschluss für die spa_tien-Sonderausgabe „Was sind literarische Weblogs?“ rückt unerbittlich näher. Schlimm genug, wenn die eingeladenen Weblog-Autoren nur zögerlich liefern. Aber wenn auch die Herausgeber mit ihren Beiträgen nicht fertig werden… Jetzt grüble ich schon seit Wochen, was ich zusammenstellen und zum „Turmsegler“ schreiben könnte. Nun habe ich zumindest einen Entwurf für den Einleitungstext: Der poetische Motor.

Bevor ich aufgehört habe zu schreiben, habe ich aufgehört zu lesen. Wer nicht sprechen mag, hat keinen Verlust durch Schweigen. Nicht mehr zu lesen aber – zumindest was Dichtung betrifft – ist ein Verlust. Ich möchte wieder beginnen.

Mit diesen Worten begann der erste Beitrag meines Weblogs „Turmsegler“. Und sie waren gelogen.


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nicht angerührt

Dienstag, den 25. September 2007

Got the key? - © 2006-2007 by Hadiya@deviantart.com

Got the key? – © 2006-2007 by Hadiya@deviantart.com

seit jahren hängen
die schlüssel im bund
an einem haken
neben der tür

du hast sie nicht angerührt

jetzt schließe ich auf
und öffne die tür
weit für dich
damit du nicht anstößt
an den eisenpfosten
wenn du hinaus
gehst

© Benjamin Stein (2007)

Neue Töne

Freitag, den 21. September 2007

Bright Eyes - © 2006-2007 by ~netnit@deviantart.com

Bright Eyes – © 2006-2007 by ~netnit@deviantart.com

Jetzt soll ich dir neue Töne erfinden,
und ich habe doch nur dieses eine Lied.
Ich sing es und rufe, und du antwortest nicht;
und Nebel fällt kalt ins Herz.

So wird es immer bleiben, nicht wahr?
Wir stehen im Herbst,
die Augen weit geschlossen,
und schwanken im Sturm unserer Träume.

© Benjamin Stein (1999)

••• Mir fiel gestern ganz plötzlich der Nebel kalt ins Herz. Und das rief die Erinnerung an diese Zeilen wach. Ich habe den Fliesstext wieder in die ursprüngliche Versform gebracht und das Partizip in der letzten Zeile entsorgt. Mit dem Verb scheint es mir doch stärker.

Liebeslied

Dienstag, den 11. September 2007

Morgenstern

es herrscht krieg im land:
eine bauernarmee
marschiert auf den hügeln
mit morgenstern, schild und posaunen

sie pflanzt feldzeichen auf
in meinen augen
sie hebt gräben aus
zwischen stirn und hals
und zieht stampfenden schritts
von schläfe zu schläfe
und schlagbäume trommeln im bauch

das herz willst du öffnen
mit bloßer hand
und mit küssen
die rippen
zerbrechen?

reiß auf die haut
die armee muss heraus
es herrscht krieg im land
meine liebe

© Benjamin Stein (2007)

••• Die Kommentare von eukapirates und Markus haben mich angestiftet. Die stampfende Bauernarmee ging mir schon den ganzen Tag über im Kopf um. Aber ich wusste noch nicht, worauf es hinaus wollte. Und nun hat sich das ganze so angerichtet.

versteinerte flügel

Montag, den 27. August 2007

Zaunkönig

ich muss mich fest
gegen die wände stemmen
das haus erweitern
in dem ich steh
die riemen sind
zu fest angezogen
und der brustkorb schmerzt
im korsett

ich erinnere mich
ans spannen der muskeln
ans atemholen und springen
von ufer zu ufer
zwischen welten
taumelnd

die zäune sind
niederzureißen
auf denen der könig
sein gefälschtes lied
vom bewahren singt
und kraftlos die längst
versteinerten flügel
hebt und vorzeigt
wie einen schatz

der zaunkönig will
seine krone verpfänden
und niemand soll singen
wo er einst
in der sicherheit
der gefangenschaft saß:

vogelhäuser
kasernenhöfe
tempel
fabriken
da capo!

© Benjamin Stein (2007)

••• Das ist der Nachteil daran, dass es wieder „fließt“. Plötzlich bekommt auch so eine Wut eine Stimme und steht dann im Gedicht wie etwas Endgültiges da. Aber das ist eine Täuschung.


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die wüsten kammern

Mittwoch, den 22. August 2007

Bat - © by Edward Gorey

Bat – © by Edward Gorey

nun saugt die fledermaus
an deinem puls
und spreizt die flügel
und ihr herr geht
ganz mondän
in leder eingeschnürt
die wüsten kammern
deines schlosses ab
er atmet tief und haucht
ein rauhes raunen
in die mauerritzen
im kerzenwiderschein
erkennt er sich
als schemen an der wand
kein spiegelbild
ein schatten nur
der sich verzerrt und flieht
sobald die dämmerung
aus deinen augen
steigt

© Benjamin Stein (2007)