Es ist alles eitel

Mittwoch, den 25. Juli 2007

Du sihst, wohin du sihst, nur Eitelkeit auff Erden.
Was diser heute baut, reißt jener morgen ein:
Wo itzund Städte stehn, wird eine Wisen seyn,
Auff der ein Schäfers-Kind wird spilen mit den Herden;

Was itzund prächtig blüht, sol bald zutretten werden.
Was itzt so pocht und trotzt, ist morgen Asch und Bein,
Nichts ist, das ewig sey, kein Ertz, kein Marmorstein.
Jtzt lacht das Glück uns an, bald donnern die Beschwerden.

Der hohen Thaten Ruhm muß wie ein Traum vergehn.
Soll denn das Spiel der Zeit, der leichte Mensch, bestehn?
Ach! was ist alles diß, was wir vor köstlich achten,

Als schlechte Nichtigkeit, als Schatten, Staub und Wind;
Als eine Wisen-Blum, die man nicht wider find’t.
Noch wil, was Ewig ist, kein einig Mensch betrachten!

Andreas Gryphius (1616 – 1664)

••• Heute klaue ich mal, und zwar beim Bondageprojekt, das hier schon einmal „Auf die Rolle“ genommen wurde und wo man obiges Sonett des grössten deutschen Sonettendichters des 17. Jahrhunderts auch im Podcast anhören kann.