Inmitten der Wälder

Mittwoch, den 10. Februar 2010

Snow • © by Jodmiester@deviantart.com
Snow • © by Jodmiester@deviantart.com

••• Räuspern. Wir waren bei Robert Frost. Und ich habe da noch etwas nachzutragen. Bei meiner Suche nach Frost-Übertragungen bin ich auf einige interessante Beiträge gestoßen, die ich mit den Turmseglern teilen möchte.

Auf AdamSmithAcademy.org – einem Education Channel als Podcast – gibt es allerhand zu entdecken und zu lernen. Aufmerksam geworden bin ich auf diesen Podcast – eben über Robert Frost, dessen berühmtes Gedicht »Stopping by Woods on a Snowy Evening« dort würdigend vorgestellt wird.

Hier ist es.


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Der unbegangene Weg

Mittwoch, den 3. Februar 2010

Zwei Wege boten sich mir dar,
Ich nahm den Weg, der weniger begangen war,
und das veränderte mein Leben.

••• Letzte Woche stand ich in der Pause der Honing-Quartet-Session rauchend vor der »Unterfahrt« vor einem Plakat und blieb hängen bei den zitierten Zeilen von Robert Frost. Sie sind so manchem womöglich noch in Erinnerung aus dem Film »Der Club der toten Dichter«. In der deutschen Synchronisation wird eben diese Übersetzung bemüht, die … gefällig ist, sich bei genauerem Hinsehen aber doch ein gutes Stück vom Original entfernt.


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Chanson einer Dame im Schatten

Dienstag, den 5. Mai 2009

Michael Nyman
Michael Nyman

Wenn die Schweigsame kommt und die Tulpen köpft:
Wer gewinnt?
Wer verliert?
Wer tritt an das Fenster?
Wer nennt ihren Namen zuerst?

Es ist einer, der trägt mein Haar.
Er trägts wie man Tote trägt auf den Händen.
Er trägts wie der Himmel mein Haar trug im Jahr, da ich liebte.
Er trägt es aus Eitelkeit so.

Der gewinnt.
Der verliert nicht.
Der tritt nicht ans Fenster.
Der nennt ihren Namen nicht.

Es ist einer, der hat meine Augen.
Er hat sie, seit Tore sich schliessen.
Er trägt sie am Finger wie Ringe.
Er trägt sie wie Scherben von Lust und Saphir:
er war schon mein Bruder im Herbst;
er zählt schon die Tage und Nächte.

Der gewinnt.
Der verliert nicht.
Der tritt nicht ans Fenster.
Der nennt ihren Namen zuletzt.

Es ist einer, der hat, was ich sagte.
Er trägts unterm Arm wie ein Bündel.
Er trägts wie die Uhr ihre schlechteste Stunde.
Er trägt es von Schwelle zu Schwelle, er wirft es nicht fort.

Der gewinnt nicht.
Der verliert.
Der tritt an das Fenster.
Der nennt ihren Namen zuerst.

Der wird mit den Tulpen geköpft.

© Paul Celan, aus: »Niemandsrose«

••• Einige halten Michael Nymans Musik ja für Pop. Die Bezeichnung seines Kammerorchesters als »Michael Nyman Band« mag den Schluss nahelegen, dass er es selbst nicht wesentlich anders sieht. Whatever!

Ich bin auf ihn aufmerksam geworden über die Soundtracks zu den Greenaway-Filmen, namentlich »Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber«. Die Liebhaber-Box mit sämtlichen dieser Soundtracks war dann auch meine erste Nyman-Anschaffung. Anschaffung? Wenn ich es recht bedenke, war diese Box wohl ein Geschenk… Dabei blieb es aber nicht. Zu meinen Lieblingsstücken von Nyman gehören sein Klavierkonzert und die »Musique à Grande Vitesse« (MGV), ein Auftragswerk zur Inbetriebnahme des französischen Hochgeschwindigkeitszuges TGV und ein perfekter Soundtrack für »zügige« Fahrten auf einer leeren deutschen Autobahn ohne Tempolimit. Beide Stücke sind übrigens auf einer CD zu haben.

Ich habe Nymans Veröffentlichungen lange nicht verfolgt. Gestern bin ich per Zufall auf seine Vertonung von sechs Celan-Gedichten gestoßen. Das ist nun ein Muss für Nyman- und für Celan-Fans, umso mehr, wenn – wie bei mir – beides zusammenkommt.

Hillary Summers singt: »Chanson einer Dame im Schatten«
in der Vertonung von Michael Nyman
Michael Nyman Band, aus: »Six Celan Songs«

Herzzeit

Donnerstag, den 4. September 2008

Ingeborg Bachman / Paul Celan: Herzzeit (Briefwechsel)
Ingeborg Bachman / Paul Celan: Herzzeit (Briefwechsel)

Ich habe Dich heute lieb und so gegenwärtig…

••• Weil mir heute so verliebt zumute ist, kommt hier ein Post ganz speziell für die Herzdame, die vor lauter Blog-Verfolgen (und allerhand anderen unaufschiebbaren Dingen) gar nicht mehr zum Bücherlesen kommt. Nicht zum Lesen von gedruckten und zum Lesen von noch nicht gedruckten schon gar nicht. Das ist schade. Aber was soll man machen.

Damit ihr diese Perle, die ich vor einigenTagen erstanden habe, nicht ganz entgeht, hier also eine Kostprobe aus „Herzzeit“, einem Band aus dem Suhrkamp-Verlag, der den Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Paul Celan dokumentiert – eine wunderbare, aber ziemlich komplexe Liebesgeschichte…


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Tenebrae

Freitag, den 2. Mai 2008

Tregua – Luis Vence
Tregua – © Luis Vence

Nah sind wir Herr,
nahe und greifbar.

Gegriffen schon, Herr,
ineinander verkrallt, als wär
der Leib eines jeden von uns
dein Leib, Herr.

Bete, Herr,
bete zu uns,
wir sind nah.

Windschief gingen wir hin,
gingen wir hin, uns zu bücken
nach Mulde und Maar.

Zur Tränke gingen wir, Herr.

Es war Blut, es war,
was du vergossen, Herr.

Es glänzte.

Es warf uns dein Bild in die Augen, Herr.
Augen und Mund stehn so offen und leer, Herr.
Wir haben getrunken, Herr.
Das Blut und das Bild, das im Blut war, Herr.

Bete, Herr.
Wir sind nah.

Paul Celan
aus: „Sprachgitter“

••• Eine Ergänzung zum Video von gestern: „Tenebrae“ stammt aus dem Band „Sprachgitter“. Ich war zunächst verwundert über die christliche Symbolik, die man bei Celan nicht vermuten würde. Der Schlüssel zum Verständnis liegt im Titel, dessen Bedeutung ich nachschlagen musste.


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Zwei Gedichte von Luft

Donnerstag, den 1. Mai 2008

Ich setzte den Fuß in die Luft und sie trug (Poem)

Hoffnung und Liebe! Alles zertrümmert!
Und ich selber, gleich einer Leiche,
Die grollend ausgeworfen das Meer,
Lieg ich am Strande,
Am öden, kahlen Strande,
Vor mir woget die Wasserwüste,
Hinter mir liegt nur Kummer und Elend,
Und über mich hin ziehen die Wolken,
Die formlos grauen Töchter der Luft,
Die aus dem Meer, in Nebeleimern,
Das Wasser schöpfen,
Und es mühsam schleppen und schleppen,
Und es wieder verschütten ins Meer,
Ein trübes, langweilges Geschäft,
Und nutzlos, wie mein eignes Leben.

••• Es dauerte einen Moment, bis ich im obigen Video Klaus Maria Brandauer erkannte. Es handelt sich um einen Ausschnitt aus dem Film-Poem oder Poem-Film „Poem – Ich setzte den Fuß in die Luft und sie trug“.

Es lohnt, den Ausschnitt bis zum Ende anzuschauen. Es werden zwei Gedichte inszeniert. Das zweite stammt von Paul Celan: „Tenebrae“. Das muss ich mir einmal heraussuchen und genauer besehen.

Verblüfft war ich bei diesem Video aber besonders vom ersten Gedicht. Ich hatte keine Ahnung, von wem es stammt, wie es heißt. Und nie und nimmer wäre ich auf den Namen des Autors gekommen: Heinrich Heine.


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Zürich, Zum Storchen

Samstag, den 22. Dezember 2007

Vom Zuviel war die Rede, vom
Zuwenig. Von Du
und Aber-Du, von
der Trübung durch Helles, von
Jüdischem, von
deinem Gott.

Da-
von.
Am Tag einer Himmelfahrt, das
Münster stand drüben, es kam
mit einigem Gold übers Wasser.

Von deinem Gott war die Rede, ich sprach
gegen ihn, ich
liess das Herz, das ich hatte,
hoffen:
auf
sein höchstes, umröcheltes, sein
haderndes Wort —

Dein Aug sah mir zu, sah hinweg,
dein Mund
sprach sich dem Aug zu, ich hörte:

Wir
wissen ja nicht, weisst du,
wir
wissen ja nicht,
was
gilt.

Paul Celan

••• Diese „Rückspiegel“-Funktion macht mir mitunter richtig Freude. „Was zählt“ taucht heute im Rückspiegel auf. Und Undine Materni schickt mir soeben obiges Celan-Gedicht mit besten Wünschen fürs kommende Jahr.

Da braucht es einen solchen Zufall, um mich darauf aufmerksam zu machen, dass ich mit Celan geplaudert haben muss, als ich in „Was zählt“ schrieb:

Wir wissen ja nicht, was wahr ist,
sagst du. Wir können nur sagen,
was zählt.

Das Unbewusste schreibt. Da sieht mans mal wieder.