Ein Dank an Simone

Donnerstag, den 10. Januar 2008

Jean-Paul Sartre & Simone de Beauvoir
Jean-Paul Sartre & Simone de Beauvoir

Ich freute mich, wie sehr sie immer darauf beharrte, einfach ein Mensch zu sein, so dass sie sagen konnte: „Ich hielt mich nicht für eine ‚Frau’; ich war ich!“. Und als ich das Grab von Sartre und Beauvoir besuchte, da nickte ich ihm, der mich so geprägt hat, im Schatten von dessen größerer Bekanntheit sie immer stand, kurz zu, aber den Zettel mit dem schnell notierten Dank legte ich auf ihre Seite des Grabs.

••• Eine richtig gute Geschichte über Lesen und Leben – die gab es gestern bei der Sprachspielerin. Über Sartre und Beauvoir schreibt sie und ihren Umgang mit beiden. Da kann ich heute getrost den Schnabel halten und die Turmsegler einfach einmal ein Blog weiter schicken.

Antriebe

Freitag, den 12. Oktober 2007

Da ich die alten Lügen nicht wiederholen wollte, die Wahrheit aber unmöglich preisgeben konnte, blieb mir gar nichts anderes übrig als zu schweigen.

••• In den „Wörtern“ geht Sartre ja schonungslos der Frage nach, was ihn zum Schreiben antrieb. Schonungslos, weil seine Diagnose deutlich ausfällt: Schauspielerei aus Gefallsucht, als deren Grund er nicht einmal Eitelkeit ausmacht sondern schlicht: das Gelangweiltsein des bourgoisen Kindes.

Ich glaube, die Frage des Motors unserer literarischen (oder allgemein: künstlerischen Produktion) zu klären, verlangte uns einiges ab. Beim Nachdenken darüber streift man unweigerlich das Thema vom „Preis des Genies“, ganz unabhängig davon, dass noch lang nicht jeder Angetriebene die Stufe des unter Diktat Schreibenden erreicht.

Wäre es nicht Narzissmus oder ein vergleichbar neurotischer Motor, der uns zum Produzieren treibt, dann müssten wir uns doch fragen: Wozu das Ganze? Wen interessierts? Und wenn wir annehmen, es wäre Neurose: müsste man dann nicht – peinlich berührt – erst recht verstummen?

Religiöser Atheismus

Donnerstag, den 11. Oktober 2007

Natürlich war bei uns jedermann religiös: aus Taktgefühl. Sieben oder acht Jahre nach dem Kulturkampf unter dem Ministerium Combes sah man in dem zur Schau getragenen Unglauben den Ausdruck einer heftigen, ungezügelten Leidenschaft. Ein Atheist war ein Sonderling, ein Wildgewordener, den man nicht zum Abendessen einlud, weil man fürchten mußte, er werde aus der Rolle fallen, ein Fanatiker mit ungezählten Tabuvorstellungen, der sich das Recht versagte, in der Kirche niederzuknien, seine Tochter kirchlich zu verheiraten und dabei Tränen der Rührung zu vergießen, der es sich in den Kopf gesetzt hatte, die Wahrheit seiner Doktrin durch die Reinheit seiner Sitten zu untermauern, der in einer Weise gegen sich und das eigene Glück wütete, daß er sich der Möglichkeit beraubte, getröstet zu sterben, ein Gottesnarr also, der allenthalben Seine Abwesenheit feststellte und unablässig Seinen Namen aussprach, kurzum: ein Herr mit religiösen Überzeugungen. […]


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Aufrichtigkeit

Mittwoch, den 10. Oktober 2007

Jean-Paul Sartre

••• Warum ich Sartres „Wörter“ wieder hervorgekramt habe, das habe ich schon berichtet. Nach den ersten zwanzig Seiten hätte ich nicht gedacht, ich würde mich festlesen. So ist es aber gekommen.

Sartre, der berühmte Autor, berichtet von Sarte, dem Sechsjährigen, der lesen lernte, bevor man überhaupt erwogen hatte, ihn in die Schule zu schicken. Und der zuvor schon so tat, als würde er lesen, vor allem, um die entzückte Aufmerksamkeit von Großvater Charles Schweitzer zu erregen, der seinerseits das Lesen aufgegeben hatte – jedenfalls das Lesen um des Vergnügens willen.

Es gibt viele Arten, keine Kindheit zu haben… Dies war wohl eine davon. Erst Lesen, um zu gefallen. Dann Schreiben, um zu gefallen. Und während Sartre über seine Lektüren im Kindesalter berichtet, überrascht er plötzlich mit einer Betrachtung zur Aufrichtigkeit, die vielleicht beim Lesen entbehrlich ist, jedoch nicht beim Schreiben.


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Der Preis des Genies

Samstag, den 6. Oktober 2007

Stop it
© PostSecret.com 2007

Ich bin eifersüchtig auf Künstler, deren Depression ihre Kreativität beflügelt. (Meine scheint sie zu stoppen.)

••• Anfang der Woche hatte ich vor, meinen Beitrag für die nächste spatien-Ausgabe („Was sind literarische Weblogs?“) zu schreiben. Als Aufhänger hatte ich mir Jean-Paul Sartres Autobiographie „Die Wörter“ ausgesucht, denn er beschreibt sehr deutlich, was ja auch Tenor dieses Weblogs von Anfang an war: Schreiben beginnt mit Lesen (und Leben) und will davon begleitet sein. Entsprechend teilt Sartre seine Betrachtungen zum Thema in zwei Teile: „Lesen“ und „Schreiben“.

Zum Schreiben des Beitrags bin ich noch nicht gekommen, u. a. weil ich mich bei Sartre festgelesen habe. Es ist wirklich sehr lange her, dass ich dieses Buch zum ersten Mal gelesen habe, offenbar mit Inbrunst, denn ich habe diverse Stellen angestrichen. Solche An- und Unterstreichungen – wenn sie denn auch noch von einem selbst und Jahrzehnte alt sind – finde ich sehr spannend.


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