Die Narbe an meinem Bein.

2. August 2009

»Krötenwanderung« • Eine Gastkolumne von Markus A. Hediger

1

Ich sei meiner eigenen Fiktion aufgesessen. Ein Leben passe in kein Buch, schrieb mir ein Freund als Antwort auf meine letzte Kolumne. So einfach verliere sich ein Leben nicht. Ich müsse mir bloß meinen Körper anschauen, meinte er. Die Narbe an meinem Bein sei noch immer da. Wetten, dass du dich daran erinnerst, …

2

… wie gerne ich als Kind mit Messern spielte.


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flaniere du mal

30. Juli 2009

Foot in Bondage
Foot in BondageJacob Appelbaum

flaniere du mal
mit gebundenen füßen
der spann ein bogen
von dem die pfeile einer
strengen ungeduld schnellen

© Benjamin Stein (2009)

••• Ein Tanka, wohl noch »in progress«. Schnellen die Pfeile vom Bogen oder von der Sehne desselben?

Ausgangspunkt der Assoziation war übrigens Baudelaires Zeile

Nichts aber gleicht dem Gift aus deinen grünen Augen

Ein paar unwesentliche Zwischenschritte in der Assoziationskette müssen mir abhandengekommen sein.

A Wisp of a Voice

28. Juli 2009

Rav Joseph B. Soloveitchik
Rav Joseph B. Soloveitchik (1903-1993)

Religion is not, at the outset, a refuge of grace and mercy for the despondent and desperate, an enchanted stream for crushed spirits, but a raging, clamorous torrent of man’s consciousness with all its crises, pangs, and torments.

••• »Struggling with God« ist der Titel eines US-Blogs, über das ich – sicher nicht zufällig – gerade gestolpert bin. Obiges Zitat stammt aus einem Buch des großen Rav Joseph B. Soloveitchik.

Gut, dass mich jemand erinnert an die Kol D’Mama Daka – diese Stimme einer feinen Stille…

Taken directly from the Bible (Kings I 19:12) , I have always found that although not useful when going to the Makolet (grocery store), it is one of the most beautiful phrases in the Bible. »Kol« is a voice (Exodus 19:19). »Dak« means thin (Isaiah 29:5), and »Damam« (Exodus 15:16) is silence or stillness. The actual verse in Kings relates to Elijah the Prophet’s dramatic meeting with God, the sounds, and the ensuing silence. Putting these unusual words together, you can imagine what a wisp of a voice of silence could be. Nothing more needs to be said.

Lassen wir Soloveitchiks Worte mal in der englischen Übersetzung wirken…


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Dämpfer

28. Juli 2009

••• Das Telefongespräch mit meinem bislang vielversprechendsten Kontaktvermittler nach Antwerpen dauerte eben nur Sekunden: Worüber willst Du schreiben? Bist Du bei Sinnen? Kein Mensch wird mit Dir darüber reden! No way!

Sprich mich da und dort nochmal an. Am Telefon will ich das nicht besprechen.

Wow. Da musste der naive Herr Autor mal kräftig schlucken.

Wahr ist…

27. Juli 2009

Wahr ist nicht, was A gesagt hat; Wahr ist, was B verstanden hat.

••• Neben Maturana hatte ich im Urlaub auch ein – ebenfalls geschenktes – Buch von Paul Watzlawick dabei: »Anleitung zum Unglücklichsein«. Dieses Büchlein kommt harmlos daher und lässt sich unbedarft als Schnurre lesen, die uns lächelnd den täglichen Irrsinn unseres Verhaltens vor Augen führt. Nicht ohne Grund aber finden sich im Anhang der Maturana-Bücher Hinweise auf die Watzlawick-Publikationen. Schließlich geht es beiden wesentlich um Kommunikation.

Ist Watzlawick eigentlich schon einmal poetologisch hinterfragt worden? Für die Literatur sind seine Axiome von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Man nehme nur einmal dieses:

Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt, wobei Letzterer den Ersteren bestimmt.


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Krötenwanderung

26. Juli 2009

••• Es ist soweit. Markus A. Hediger macht sich zum zweiten Mal auf den One-Way nach Brasilien. Mit den Erfahrungen des »Krötenkarneval« und des »TamTam Grand Hotel« im Hinterkopf kommt hierbei keinem das Wort »endgültig« leicht über die Lippen. Aber Markus wäre nicht der Autor, der er ist, würde er sich wortlos auf diese erneute Reise machen. In den kommenden Monaten dürfen wir hier im Turmsegler seine Gastkolumne »Krötenwanderung« mitverfolgen, deren Beiträge hoffentlich eines Tages gesammelt als weiterer Hediger-Band in der edition neue moderne erscheinen werden. Vor das Buch aber hat der Ewige das Abenteuer des Schreibens gesetzt. Und vor das Schreiben das Leben und Zweifeln. Ich bin gespannt, wie es Markus ergehen wird und wie er uns davon berichtet.

Die »Krötenwanderung« kann man hier im Blog oder auch per RSS-Feed verfolgen.

Liebes-Lied

26. Juli 2009

Wie soll ich meine Seele halten, daß
sie nicht an Deine rührt? Wie soll ich sie
hinheben über dich zu andern Dingen?

Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas
Verlorenem im Dunkel unterbringen
an einer fremden stillen Stelle, die
nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen.

Doch alles, was uns anrührt, dich und mich,
nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich,
der aus zwei Saiten eine Stimme zieht.

Auf welches Instrument sind wir gespannt?
Und welcher Geiger hat uns in der Hand?
O süßes Lied.

Rainer Maria Rilke (1875-1926)

••• Mit Tanja Warter (Presse C. H. Beck) sprach ich am Freitag über die Inkompatibilität zwischen orthodoxem Alltag und Literatur. Sie war überrascht. Ich habe darüber noch nie gesprochen, aber mich bewegt der Gedanke schon seit geraumer Zeit. Streng genommen ist er schon präsent, seit ich die Arbeit an der »Leinwand« begonnen habe. Es ist sicher kein Zufall, dass ich Amnon Zichroni mit 15 Jahren in das verbotene Zimmer der Eltern führe und ihn dort auf die »unpassende Liebe«, nämlich die Dichtung stoßen lasse. Nun ist Amnons Konflikt nicht einmal der, orthodox zu sein und »verbotene Bücher« zu schreiben. Der erste wesentliche Wendepunkt in seinem Leben belegt aber, wie deutlich die »Inkompatibilität« ist. Allein diese Bücher zu lesen, wird schon als »bitul zman« (Zeitverschwendung) betrachtet. Um wie viel größer ist die Verschwendung, wenn man nicht nur liest, sondern diese Bücher auch noch schreibt?

Es sind besonders die Folgen des Schreibens und Veröffentlichens, die im Kontrast stehen zu den Forderungen der Mussar-Lehrer, Demut zu üben, das Ego zurückzudrängen, in der Gemeinschaft aufzugehen, statt als Individuum hervorzustechen durch Talente und Fähigkeiten, die nicht in direktem Torah-Zusammenhang stehen.


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