14. August 2009
»Krötenwanderung« • Eine Gastkolumne von Markus A. Hediger
Clarice Lispector (1920-1977)
Clarice Lispector, grande dame der brasilianischen Literatur des 20. Jahrhunderts, muss ein schwieriger Charakter gewesen sein. Keine ihrer Freundschaften hielt lange, niemand hielt es auf Dauer in ihrer Nähe aus. Sie galt als unberechenbar, und mit der Wahrheit nahm sie es nicht sehr genau. Mal erzählte sie eine Geschichte so, dann wieder anders. Und wenn man glaubte, den Schleier endlich gelüftet und eine ihrer Unwahrheiten zweifelsfrei entlarvt zu haben, sah man sich nur von einer weiteren Finte hinters Licht geführt. Zudem interessierte sie sich sehr fürs Okkulte und umgab sich Zeit ihres Lebens mit Kartenlegern und Wahrsagern, weshalb sie auch gelegentlich »die Große Hexe der brasilianischen Literatur« genannt wurde. Eines Nachts hatte sie sich mit einer brennenden Zigarette ins Bett gelegt und war kurz darauf in einer Feuerhölle erwacht. Sie konnte sich retten, zog sich aber schwere Verbrennungen an ihrer Hand zu, die sie fortan wie eine schwarze Klaue vor sich hertrug.
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13. August 2009
via: cremationsolutions.com
••• OMG! Definitely not a Jewish custom.
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13. August 2009
Franz Fühmann (1922-1984)
••• Beim Umräumen der Unordnung in meinem Arbeitszimmer fiel mir vor ein paar Tagen eine noch ungelesene »Sinn und Form« in die Hand, die erste Ausgabe dieses Jahres vom Januar/Februar. Ein Glücksfund. Das Jahr begann nämlich – von mir unbemerkt – mit einem Essay von Gunnar Decker über die kurze, aber Aufsehen erregende Rückbesinnung einiger DDR-Autoren Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre auf – die Romantik. Ich erinnerte mich spontan an Hermlins »Abendlicht« und Christa Wolfs »Kein Ort. Nirgends«. Und tatsächlich, bestätigt mir Decker, gehörten jene zu den konterrevolutionären, romantischen Verschwörern.
Einer unwürdigen Beschäftigung gingen diese Autoren nach, denn »Die Kunstrichtung der Romantik bestand aus zehntausend Autoren, deren Namen wir alle vergessen haben. Keiner von ihnen vermochte zu schreiben.« So Peter Hacks.
Überhaupt, so Hacks, seien aIle Romantiker Verschwörer […] : »Das erste Auftauchen der Romantik in einem Land ist wie Salpeter in einem Haus, Läuse auf einem Kind oder der Mantel von Heiner Müller am Garderobenhaken eines Vorzimmers. Ein von der Romantik befallenes Land sollte die Möglichkeit seines Untergangs in Betracht ziehen.«
Wie weitsichtig Hacks da in seiner ungestümen Parteilichkeit war!
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13. August 2009
»Krötenwanderung« • Eine Gastkolumne von Markus A. Hediger
Die »crônica« ist eine literarische Gattung, die sich in Brasilien seit über 150 Jahren großer Beliebtheit erfreut. Im Laufe dieser Zeit hat sie eine Formenvielfalt angenommen, die es Literaturwissenschaftlern schwer macht, sie noch klar zu definieren oder auch nur einzugrenzen. Man ist sich zwar weitgehend darüber einig, dass – wie so vieles andere auch – die »crônica« ihren Ursprung nicht in Brasilien hat, aber nirgendwo sonst findet sie derart breite Akzeptanz.
Über die »crônicas« von Vinícius de Moraes fand ich im Alter von siebzehn Jahren überhaupt erst den Zugang zur Literatur. Ich verliebte mich in diese kurzen Texte, in denen der Autor alles in seinem Alltag zum Anlass nahm, um über Musik, Poesie und die Liebe zu schreiben, und dies in einer Sprache, die mich damals vollkommen verzauberte: Para viver um grande amor…
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10. August 2009
»Krötenwanderung« • Eine Gastkolumne von Markus A. Hediger
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Nelson Rodrigues, Journalist, Dramaturg und Dichter, starb 68-jährig an einem Sonntagmorgen in Rio de Janeiro. Die Berichte über jene Stunden, die unmittelbar auf seinen Tod folgten, gehen auseinander. Einige Quellen erzählen, er sei in der Badehose gestorben, zwischen den Zehen noch Sand vom morgendlichen Spaziergang am Strand, und dass seine Frau sich geweigert habe, ihm das Totenhemd anzuziehen. Andere berichten von langweiligen Fußballspielen, die an jenem Sonntagnachmittag in den Stadien von Rio de Janeiro ausgetragen wurden. Langweilig, weil Rodrigues, der durch seine Reportagen den Fußball zur Kunstform erhoben und den Partien oft erst nachträglich auf seiner Schreibmaschine zu unvergesslichen Momenten verholfen hatte, tot war. Am populärsten aber ist jene Geschichte, wonach Nelson Rodrigues, wenige Stunden nach seinem Herzstillstand, bei der Sonntagsziehung den Lotto-Sechser gewann.
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10. August 2009
••• Eben erfahre ich es per Mail von einem ehemaligen Journalistenkollegen: Der Ammann-Verlag stellt zum Juni 2010 das Geschäft ein. Darüber haben Verleger Egon Ammann und seine über lange Jahre ebenfalls im Verlag aktiv mitwirkende Ehefrau Marie-Luise Flammersfeld die Autoren per Brief informiert.
»Unsere Beweggründe«, schreiben sie, seien in ihrer Arbeit und in ihrem Leben zu finden. Die Arbeit ist schwieriger geworden, mit dem Leben sind gesundheitliche Probleme und das fortschreitende Altern gemeint. Das Ende nach dreißig Jahren ist ein Schock – die Bilanz, die in dieser drei Jahrzehnten steckt, eine in literarischer Hinsicht überzeugende. Das Lebenswerk eines Verlegers. Der auch nicht will, dass dieses Lebenswerk in einem anderen Haus weitergeführt wird: Das kann sich Egon Ammann nicht vorstellen.
So zu lesen bei faz.net.
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9. August 2009
••• Auf dem Heimweg vom Sonntagsausflug: Die Kinder spielen, und Papa bekommt den ersehnten Anruf aus Belgien. Mein Freund Albert war erfolgreich und hat den Kontakt zur Chevra Kadischa in Antwerpen vermittelt. Ich werde noch im August für voraussichtlich zwei Tage dort sein, alle Einrichtungen unter kundiger Führung besichtigen können und einen Crash-Kurs zu den religiösen und weltlichen Aspekten des jüdischen Bestattungswesens erhalten. Ich bin euphorisch. Diese Reise wird ein Abenteuer, so viel ist sicher.
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Tags: Diamond District • Mesilat Yesharim
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