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Aus seiner Schulzeit weiß Herr Grau noch, dass es Kulturen gibt, in denen die Art und Weise, wie ein Geschenk verpackt und überreicht wird, mehr über die Beziehung zwischen Schenkendem und Beschenktem verrät als das Geschenk an sich: erst durch die zeremonielle Aufbereitung des Geschenks erhält dieses seine Bedeutung. In anderen Kulturen wiederum ist das Entfernen des Preisschilds von eminenter Wichtigkeit, obwohl es gerade die Höhe des Kaufpreises ist, die den symbolischen Wert des Preisgegebenen bestimmt.
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Auch die Bruanier beschenken sich gern, unterscheiden dabei aber grundsätzlich zwischen Anstands- oder Gefälligkeits- und Herzensgeschenken. Erstere haben nutzlos und lediglich hübsch zu sein. Dem Auge Angenehmes zu bieten, wird als Zeichen von Respekt verstanden. Herr Grau kann dies nachvollziehen, er hat kulturellen Eigenheiten schon immer großes Verständnis entgegengebracht. Schon als Kind liebte er Bücher, die von fernen Ländern und den ausgefallenen Gepflogenheiten ihrer Völker erzählten. Doch dem, womit er sich jetzt konfrontiert sieht, ist mit Verständnis allein nicht beizukommen. Er muss etwas unternehmen, die Situation einfach auszusitzen, kann er sich nicht erlauben. Aber was tun? Er steht, in der einen Hand noch das Geschenkpapier und unfähig, sich von der Stelle zu rühren, in der Mitte seines Wohnzimmers. In der anderen Hand hält er einen Aschenbecher.
••• Also: Einen habe ich noch »zur Überbrückung«, bevor ich mich in den Pessach-Urlaub verabschiede…
Als es das »Literarische Quartett« noch gab, war ich bekennender Fan dieser Sendung. Dass da gelegentlich auch mal richtig die Fetzen flogen, weil sich die mitwirkenden Kritiker über Qualität und damit Rang eines bestimmten Werkes nicht einigen konnten, das gehörte ganz sicher mit zum Reiz des Formats – Dissenz, eine Qualität, wie ich finde, die in allen folgenden Literatur(verkaufs)sendungen fehlte.
••• Es scheint sich zu einer Tradition auszuwachsen, dass mich kurz vor Pessach der »Passover Blues« erwischt. Aber vielleicht gehört es irgendwie dazu, vor dem Fest der Befreiung noch einmal ordentlich den Druck des Utilitaristischen zu spüren. Wie auch immer – es ist dringend eine Pause angesagt, und die nehme ich mir. Für die Turmsegler gibt es zur Überbrückung der »Sendepause« drei Videos, zwei mit Smiley und eines, das sehr ernst gemeint ist.
Patrick Zachmann – Ausstellung in der Galerie °CLAIR in München
••• Erstmalig in Deutschland zeigt die Galerie °CLAIR in der Münchner Franz-Josef-Str. 10 dieser Tage Arbeiten des französischen Fotokünstlers Patrick Zachmann. Gestern waren die Herzdame und ich von Inhaberin Anna-Patricia Kahn zur Vernissage geladen. Es war ein Abend voller Entdeckungen und angenehmer Begegnungen – nicht nur mit dem anwesenden Künstler.
Die Galerie liegt im Hochparterre eines Großbürgerhauses in Schwabing, von außen kaum als Galerie kenntlich, eigentlich eine Wohnung, ein langer Flur und vier hohe, große Räume in Flucht. Zachmanns großformatige Foto-Prints hängen hinter Glas in großzügigen Passepartouts. Bereits beim Eintreten – mein Blick fällt auf expressive Farbfotos von urbanen Nachtszenen, die im Flur gehängt sind – ist klar, dass es gelohnt hat, sich auf den Weg zu Zachmann zu machen.