Die Wüste sehen

8. Oktober 2010

Die Wüste Negev, Quelle: Wikipedia
Die Wüste Negev • Quelle: Wikipedia

••• Auf Einladung von Christian Kohlross – derzeit Gastdozent am Walter-Benjamin-Lehrstuhl der Hebrew University of Jerusalem auf dem Mount Scopus – werde ich bald nach Israel reisen. Unterstützt wird die kleine Tour mit deutsch- und englischsprachigen Veranstaltungen im ganzen Land u. a. vom DAAD und dem Goethe-Institut. Auf den Tag genau drei Jahre nach meiner ersten Recherchereise für »Die Leinwand« werde ich nun also mit dem Buch zurückkommen – natürlich auch nach Ofra.


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am strand

7. Oktober 2010

am strand hab ich mich heute gehen sehn
mit kommissstiefeln an den füßen
zog ich schlurfend eine tiefe spur
zwischen deich und schlaffen wellenzungen
die den schlick ableckten unverkennbar grau
gesicht und schläfen und die augen
schwarze gruben voller erz
so bin ich hingegangen mit der stirn im wind
ein wenig taumelnd zögernd abgewandt
als ob ich widerginge hier und da
ein böenraunen und ein möwenschrei
und auf dem reetdachfirst des letzten hauses
hinter mir schon fast verdeckt vom halmspalier
der deichbebauung saß ein hahn aus blech
wie aufgespießt auf seinem rostdorn
unbeweglich unfolgsam und stolz
doch nur ein strich vor wolkendickicht
wenn man ihn wenden könnte
mit verschränkten armen und die fäuste
an die brust gepresst hab ich mich gehen lassen
und bin heimgegangen
heim

© Benjamin Stein (2010)

Am Robbenkap

5. Oktober 2010

Karin Christiansen: »Kopf in Kiste« (Skulptur, Holz, 50x40 cm)
Karin Christiansen: »Kopf in Kiste« (Skulptur, Holz, 50×40 cm)

Man sagt, sie gehe jede Nacht hinaus und lege
Decken auf die Gräber, um sie warm zu halten.
Das Ausmaß ihrer Trauer sei erschreckend.

© Robin Robertson
aus »Am Robbenkap« in:
»The Wrecking Light«, Picador 2010
Deutsch von Jan Wagner

••• In den von mir so geschätzten »akzente«-Heften geht es auch oft um Übersetzungsfragen, speziell denen der Übertragung von Gedichten. Dem Hanser- und »akzente«-Herausgeber Michael Krüger ist es zu danken, dass der poetische Horizont des interessierten deutschen Lesers immer wieder einmal gehörig erweitert wird und man Bekanntschaft schließen kann auch mit fremdsprachigen Dichtern, die hierzulande ganz unverdientermaßen (noch) unbekannt sind.

In der Ausgabe 4/2010 der »akzente«, die ich auf Lanzarote bei 50 °C am Pool las, stieß ich auf einen solchen (englischsprachigen) Dichter, dessen Verse mich umgehend elektrisierten – wohl wegen ihres starken mytisch-magischen Touchs, aber auch wegen ihres poetischen Ungestüms. Das sind Verse zum Anfühlen, Erriechen und Erschmecken: klamm, moosig, von Seeluft und Waldduft durchzogen, salzig und mitunter mit dem metallischen Beigeschmack von Blut.


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It’s a Book!

4. Oktober 2010

It’s A Book – By Lane Smith

Jacasser

3. Oktober 2010

Jarkko
Jarkko Tontti, Tampere 2010 – Foto: Jürgen Jakob Becker

Sillä jokainen tarvitsee avaran tilan

Sillä jokainen tarvitsee avaran tilan, seinät
tuekseen, niistä
koko pullonkohoavan kodin.

Siellä on Jacasserkin valtias,
kaupunkilainen, tarjoaa
lasillisen ystävälle avoimin sylin,
petosta pelkäämättä,
koko pullon jos niikseen tulee
koko pullonja tulee se.

Aamuyöllä ystävä
roikkuu seinään naulattuna
Jacasser havahtuu ja muistaa,
jurtta olisi kotina kevyempi,
vain erämaassa on oikeita ystäviä,
jokainen talo vankila,
kivitalo kuoleman peitenimi.

Pelkkään arotuuleen esi-isät nojasivat,
koko pullonavaruuden tyhjään.

© Jarkko Tontti, aus:
»Jacasser«, Otava, Helsinki 2009

••• Besonders reizvoll an der Reise nach Finnland war für mich auch das Zusammentreffen mit den finnischen Autoren. Sie hatten immerhin den Vorteil, Auszüge aus unseren Arbeiten in finnischer Übersetzung zu kennen. Wir hingegen waren ahnungslos, wen wir vor uns hatten. Die Bescheidenheit dieser Autorinnen und Autoren, die unsere Texte vor dem finnischen Publikum lasen, brachte es mit sich, dass wir auch nur ganz nach und nach erfuhren, was und wie viel sie selbst in Finnland bereits veröffentlicht hatten.

Jarkko Tontti beispielsweise, der dem finnischen Wechsler seine Stimme lieh, ist als studierter Jurist nicht nur Autor juristischer und philosophischer Fachliteratur, von Kritiken und Essays. Darüber hinaus hat er mehrere Gedichtbände und einen Roman vorgelegt und ist als Vizepräsident des finnischen PEN auch politisch für die Freiheit des Wortes engagiert. Ich habe sehr bedauert, dass ich der Sprachbarriere wegen keinen Eindruck bekommen konnte von seiner Dichtung. Dabei aber, haben wir beschlossen, sollte es nicht bleiben. Eine Reihe von Tonttis Gedichten sind ins Englische, Russische, Japanische und Portugiesische übersetzt worden. Ich habe ihn gebeten, mir doch immerhin einige der englischen Übersetzungen zuzusenden.


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im felderlatein

22. September 2010

im nervenbündel dreier birken:
umrisse der existenz & alte formen
von geäst wie
nnschwarzer mann & stummer
nnstromabnehmer. diese gegend

ist nicht leicht verständlich. havel
havelseen, hauptversammlung
der geschlagnen stunden &
all die falschen scheitel, sauber

nachgezogen im archiv
der glatten überlieferung. gern
sagst du, es ist die kälte, welche

dinge hart im auge hält, wenn
große flächen schlaf wie
winkelschleifer schleifen in
nnden zweigen. so

sagt man auch: es ist ein baum
& wo ein baum so frei steht
muß er sprechen

© Lutz Seiler (2010)
aus: »im felderlatein«
Gedichte, Suhrkamp Verlag 2010

Lutz Seiler: im felderlatein, Gedichte, Suhrkamp 2010••• Schuftig nachlässig, das habe ich gestern eingeräumt, bin ich zunächst über Lutz Seilers neue Gedichte gegangen. Aber ist das wirklich das richtige Wort? War ich flüchtig, unaufmerksam? Oder ist etwas anderes geschehen, als ich sie zum ersten Mal las? Wenn ich es recht bedenke, haben mich zwei »Zutaten« der Seilerschen Verse so abgelenkt, dass ich nicht zu den Untiefen und den sprachlichen, den klanglichen Schönheiten vordringen konnte. Bei diesen »Zutaten« handelt es sich möglicherweise zum einen um eine Belanglosigkeit, zum zweiten um ein vom Dichter bewusst verwendetes Mittel, das mich aber – zunächst – nervte.

Fangen wir mit der mutmaßlichen Belanglosigkeit an. Es handelt sich um das Zeichen »&«. Nichts anderes bedeutend und gelesen wie »und«, ist es doch die Abkürzung für das lateinische »et«, auch bekannt als Kaufmanns-Und, wohl weil man es häufig in Firmennamen antrifft wie etwa »A. Lange & Söhne«. Ich will nichts beschönigen: In Gedichten halte ich das für Firlefanz. Häufig stört es sogar empfindlich das Schriftbild, weil es nicht recht Buchstabe sein mag, also als Fremdzeichen in der Sprache auftaucht. Warum aber? Welchen Zweck hat diese Schreibweise?


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Fliegende Funken

21. September 2010

••• Moran hat eine Ausschreibung für einen Wettbewerb entdeckt und meinte, wir sollten uns doch gemeinsam daran beteiligen. Ausgeschrieben ist der Wettbewerb unter dem Titel »Flying Sparks« von der Frankfurter Buchmesse. Worum geht’s?

In diesem Jahr lanciert die Frankfurter Buchmesse die digitale Initiative Frankfurt SPARKS, mit Ausstellungen, Konferenzen und anderen Veranstaltungen rund um das Thema Zukunft und Konvergenz der Medien – und Kreativwirtschaft.

Diese digitale Initiative lässt den Funken (engl. „Spark“) überspringen und bringt Menschen aus Verlagswelt, Technologiebranche, Medien und Internetkultur zusammen, um gemeinsam tragfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln. Die aktuellen Projekte von SPARKS lassen sich »» hier einsehen.

Über allem steht die folgende Aussage: Geschichten lassen sich heute in unterschiedlichsten Medien, Kanälen und mithilfe verschiedenster Technologien umsetzen. Letztlich gilt: Alles ist story-driven!

Die Marketing-Heinis gehören verhauen für ihr unsägliches Neusprech: cross-media story-driven! Aber geliefert haben wir jetzt doch was…


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