••• Es ist mitten in der Nacht, und ich kann nicht schlafen. Hinter mir liegen zwei sehr kreative Wochen in Esquinzo auf Fuerteventura. Morgen geht es zurück nach München.
Ich hatte mir vorgenommen, das 3. Kapitel von »Replay« hier zu schreiben. Und was habe ich geschafft? Den ganzen Beitrag lesen »
When you came in the air went out.
And every shadow filled up with doubt.
I don’t know who you think you are
but before the night is through,
I wanna do bad things with you.
I’m the kind to sit up in his room,
heart sick and eyes filled up with blue.
I don’t know what you’ve done to me
but I know this much is true.
I wanna do bad things with you.
Das Publikum applaudierte. Ich applaudierte auch. Peinliche Geschichten haben immer etwas Reizvolles. Katelyn allerdings legte unterm Tisch ihre Hand auf mein Knie. Sie sah mich an, und für einen Moment glaubte ich, sie würde, was ich noch nie erlebt hatte, tatsächlich weinen.
Was ist? fragte ich besorgt.
Nichts, sagte sie ruhig, hatte sich augenblicklich wieder gefasst und meinte: Ich habe mich nur eben gefragt, ob wir wirklich das Richtige tun.
Zum Auftakt des Davis-Cup-Finales zwischen Australien und Spanien, das 2003 in der Rod-Laver-Arena in Melbourne ausgetragen wurde, sollte Morrison die spanische Nationalhymne spielen. Und er spielte sie. Wochen zuvor schon hatte man ihm die Noten zugeschickt. Die Tonart sei für die Trompete problematisch gewesen, aber er habe das Stück nicht transponieren wollen, weil er davon ausgegangen war, dass einige der anwesenden Spanier ihre Hymne würden mitsingen wollen. Also hatte er sich redlich gemüht und geübt und war bestens vorbereitet.
Es war, erzählte er, ein wenig schräg: Ich wusste nicht, wo ich hinschauen sollte. Dort stand das spanische Team und schaute zu mir herüber. Aber ich bin Australier! Ich hätte unser Team anfeuern sollen. Stattdessen spielte ich die Hymne der Spanier. Was soll’s, sagte ich mir: Es ist ein Job. Ich wollte es gut machen. Dieses Stück sollte so etwas wie der verlängerte rote Teppich sein, auf dem wir die Spanier und ihren König willkommen hießen.
In der Firma ging es nun hektisch zu. Matana gab sich einsilbig. Alle Teams wurden zum Rapport einbestellt, Experimente zum hundertsten Mal wiederholt, um letzte Gewissheit zu bekommen, dass alles perfekt vorbereitet war und das Implantat funktionieren würde. Die Nervosität steckte mich an, und damit ich mich und die anderen nicht zu sehr verrückt machte, wurde ich beurlaubt. Ich sollte mich ein paar Tage ausruhen, versuchen, an anderes zu denken und vor allem: mir keine Sorgen machen.
Das war leichter gesagt als getan. Am Tag vor der OP tigerte ich vom frühen Morgen an durch meine Wohnung. Es gab nichts mehr zu tun für mich als abzuwarten und den anderen zu vertrauen. Glücklicherweise kam Katelyn zu Besuch. Sie hatte sich ausgemalt, wie es um mich stehen musste und präsentierte mir stolz zwei Eintrittskarten für einen Jazzclub, in dem wir einige Monate zuvor schon einmal gewesen waren.
Jazz? fragte ich ungläubig: Heute?
Warum nicht? antwortete sie. Was willst Du sonst tun? Auch den Rest des Tages in der Wohnung auf und ab laufen?
Bei Rundfunkaufnahmen für den WDR am 22.06.2011 im Downtown Studio München • Foto: (cc) Martin Heindel
••• Adrian Winkler vom WDR, der die Live-Radiolesung in Köln produziert hat, fragte mich vor Monaten nach einer Erzählung für das ARD-Radiofestival. Dabei handelt es sich um Halbstundensendungen, in denen die Autoren ihre Beiträge selbst lesen. Mein Beitrag, der gestern in München aufgezeichnet wurde, ist so etwas wie eine Skizze, aus der das erste Kapitel von »Replay« entstanden sein könnte. Sechsundzwanzig Minuten Lesezeit, also nicht einmal 14 Seiten – da hat man als Romancier gerade mal tief Luft geholt. Ich konnte im Anschluss noch einmal in die Aufnahme reinhören und mochte den »Sound«. Es wird bestimmt eine schöne Sendung. Ausgestrahlt werden soll sie im September.
Ich atmete tief und drehte den Kopf zur Seite. Konnte das sein? Oder war es eine Täuschung? Das waren doch die zierlichen Füße der Masseurin, die ich warm im Rücke spürte. Auf der Wand aber waberte ein riesiger aufrechter Schatten: muskulöse Beine, ein gewaltiger Oberkörper und da, das konnte doch nicht … gewundene Hörner!
Ich schrie. Ich wollte aufspringen und das Monster abschütteln, aber ich konnte mich nicht bewegen. Statt eines zarten Fußes glaubte ich nun, einen Huf auf meinem Nacken zu spüren. Ich wusste nicht, ob das markerschütternde Geheul, das ich hörte, mein eigenes panisches Schreien war oder das grausige Lachen Pans, der auf meinem Rücken einen irren Tanz vollführte.