1. Februar 2007
in die blutkammer
neben die mutter gehängt
sind die früheren frauen nicht tot
ihr schweigen durchdringt
die wände des hauses
und sie klopfen
mit kühlen händen
in den rhythmus der tage hinein
manche stunde
gerät ins wanken
wenn das licht
günstig steht in einem
ihrer ab-
wesenden augen
© Benjamin Stein (2007)
••• Eine neuere meiner vielen Variationen über das Blaubart-Thema; ohne Kommentar.
Tags: Benjamin Stein • Lyrik
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31. Januar 2007
Blue Beard’s Secret – © 2006-2007 by TwilightUnicorn
In einem Walde lebte ein Mann, der hatte drei Söhne und eine schöne Tochter. Einmal kam ein goldener Wagen mit sechs Pferden und einer Menge Bedienten angefahren, hielt vor dem Haus still, und ein König stieg aus und bat den Mann, er möchte ihm seine Tochter zur Gemahlin geben. Der Mann war froh, daß seiner Tochter ein solches Glück widerfuhr, und sagte gleich ja; es war auch an dem Freier gar nichts auszusetzen, als daß er einen ganz blauen Bart hatte, so daß man einen kleinen Schrecken bekam, sooft man ihn ansah.
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Tags: Brüder Grimm • Ausser der Reihe
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30. Januar 2007
Meine Tochter zürnt mir
weil ich ihr nicht schenke
was sie sich wünscht
Mond und Sterne
Ich biete ihr Sonnenstrahlen an
nein sagt sie
die Sonne mag ich nicht
ich kann ihr nicht ins Auge sehn
Ich erzähle ihr das Märchen
von Dornröschen
Gib mir
den Prinzen
er soll mich heiraten
befiehlt sie
Warte ein Weilchen
antworte ich
inzwischen erzähle ich dir Märchen
aus tausendundeiner Nacht
Dies ist die erste Nacht
Rose Ausländer, aus: „Regenwörter. Gedichte“,
© Philipp Reclam jun. Stuttgart 1994
••• Von „Tausendundeiner Nacht“ war die Rede; da fiel mir gleich wieder eines der Gedichte von Rose Ausländer ein, die ich in diesem liebevoll zusammengestellten Reclam-Heft zum ersten Mal gelesen habe.
Den Prinzen hat meine Tochter noch nicht von mir eingefordert. Sie ist erst vier. Einen Stern hätte sie schon gern. Sie zeigt ihn mir immer am Nachthimmel, wenn ich sie ins Bett bringe und wir durchs Fenster ins kleine Himmelsquadrat des Hinterhofs schauen können.
Sie hat sich auch drei Lehrerinnen gewünscht. Sie müssten in unterschiedlichen Schulen sein und verschiedene Frisuren haben. Bei der einen möchte sie tanzen lernen, bei der zweiten Musik. Bei der dritten erst lesen und schreiben. In dieser Reihenfolge.
Ich muss ihr wohl noch mehr vorlesen…
Tags: Rose Ausländer • Lyrik
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29. Januar 2007
••• Stephan Hermlins „Abendlicht“ habe ich 1980 von meiner Mutter oder meiner Großmutter geschenkt bekommen. Ein Buch zur Unzeit für mich. Ich war gerade einmal zehn Jahre alt. Nichts vom Erzählten ist mir in Erinnerung geblieben. Aber der tiefe Eindruck der Poesie dieses Buches hat sich im Gedächtnis festgesetzt.
Ich habe im Laufe der Zeit so manches Buch gelesen, von dem ich nichts oder nur wenig verstanden habe. Das machte mir gar nichts. Ich konnte immer eintauchen in die Sprache, ihrem Klang nachlauschen, ihrem Rhythmus folgen, mich in den Assoziationen verlieren, die einzelne Worte oder Wendungen in mir entzündeten.
Die Bücher hinterliessen eine Stimmung, eine Atmosphäre, Klänge und Sprachsplitter, an die ich mich noch lange erinnern konnte und noch immer erinnere. So habe ich Friederike Mayröcker gelesen, deren Prosa zu einer solchen Art des Lesens geradezu einlädt. So las ich damals aber auch das „Abendlicht“.
Es funktioniert immer noch. Seit ich das Buch vor einigen Tagen aus dem Regal gesucht habe, kann ich mich nicht davon lösen. Der gleiche Zauber, doch heute fesselt mich auch das Erzählte. Und ich finde – es gibt ja keine Zufälle – heute im „Abendlicht“ einen Abschnitt, der von einer ähnlichen Erfahrung mit dem Lesen berichtet…
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Tags: Stephan Hermlin • Prosa
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28. Januar 2007••• Die Bekanntschaft mit den Gedichten von Zbigniew Herbert verdanke ich Charlotte. Und sie war es auch, die mir eines Tages in grosser Aufregung von Friederike Mayröcker erzählte. In der schwarzen Spektrum-Reihe des Verlages Volk und Welt war 1986 ihre Erzählung „Reise durch die Nacht“ erschienen. Daraus las sie mir vor. Sie las langsam, wie beschwörend.
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Tags: Friederike Mayröcker • Prosa
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