Gut Woch
17. März 2007••• Aus gegebenen Anlass will ich heute an dieser Stelle etwas erklären und ein paar ganz kleine Regeln für den Umgang auf diesem Blog ankündigen.
••• Aus gegebenen Anlass will ich heute an dieser Stelle etwas erklären und ein paar ganz kleine Regeln für den Umgang auf diesem Blog ankündigen.
Gleich wird es regnen, nimm die Wäsche herein!
Auf der Leine die Klammern schwanken.
Ein Wolkenschatten verdunkelt den Stein.
Die Dächer sind voller Gedanken.
Sie sind gedacht in Ziegel und Schiefer,
gekalkten Kaminen und beizendem Rauch.
Mein Auge horcht den bestürzten Worten, –
o lautloser Spruch aus dem feurigen Strauch!
Ein Schluchzen beginnt in mir aufzusteigen.
Die wandernden Schatten ändern den Stein.
Ein Windstoß zerrt an den flatternden Hemden.
Gleich regnet es. Hol die Wäsche herein.
Günter Eich, aus: „Botschaften des Regens“
© Suhrkamp Verlag 1955
••• Wäsche, Regen und Schluchzen. Beim Lesen von „Walking around“ kam mir dieses Gedicht von Günter Eich in den Sinn. Daher ein kleines Abschweifen von den Lateinamerikanern.
Irgendwo habe ich mal gelesen, es gäbe die Eich-Fraktion und die Celan-Fraktion; und da gäbe es kein Zusammenkommen. Das kümmert mich gar nicht. Ich mag sie beide.
••• Seit gestern gibt es hier eine verschlossene Tür. Das ist der Eingang zur Blaubartburg. Sie soll bald geöffnet werden. Doch wenn dies geschieht, werden wir – wie Judith – vor sieben weiteren Türen stehen: neugierig, wissensdurstig. Und auch diese Türen werden verschlossen sein.
1. wir ersticken an unverlangt eingesandten manuskripten.
2. ein unverlangt eingesandtes manuskript arbeitet gegen sich selbst.
3. enttäuscht eure illusionen.
4. misstraut verlagen.
5. findet eine bessere lösung.
••• KOOKbooks macht mit viel Idealismus sehr schöne Bücher mit hohem poetischen Anspruch. Die Website ist eher vorjahrhundrig, aber im Inhalt auch poetisch. Über diese bittenden Worte auf der Kontakt-Seite kann man lange nachdenken und viel diskutieren. Sie sind also sehr inspirierend. Von wie vielen Verlagswebseiten oder gar Verlagen selbst kann man das schon behaupten?
„findet eine bessere lösung.“ Na, Frau Verlegerin Seel, dann machen wir das einfach mal…
Es geschieht, daß ich müde bin, Mensch zu sein!
Ich trete in Schneiderstuben, in Kinos
schlapp, undurchdringlich wie ein Schwan aus Filz,
der auf einem Wasser aus Ursprung und Asche treibt.
Der Geruch des Frisiersalons läßt mich laut schluchzen.
Ich möchte nichts weiter als eine Ruhe von Steinen oder Wolle,
ich will keine Verordnungen, keine Gärten mehr sehen,
keine Waren, keine Brillen, keine Fahrstühle.
Es geschieht, daß ich überdrüssig meiner Füße, meiner Nägel bin,
und meines Haars und meines Schattens!
Ich bin es müde, Mensch zu sein.
Dennoch wäre es köstlich,
einen Notar mit einer ausgerauften Lilie zu erschrecken
oder eine Nonne mit einer Ohrfeige umzubringen.
Es wäre wunderbar,
mit einem grünen Messer durch die Straßen zu laufen
und Lärm zu schlagen, bis man tot umfällt vor Kälte.
Ich mag nicht mehr Wurzel sein in der Finsternis,
schwankend, ausgestreckt, zitternd vor Schläfrigkeit,
abwärts immer, ins nasse Eingeweid der Erde,
saugend und sinnend, essend Tag um Tag.
Ich mag soviel Unheil nicht für mich.
Mag nicht weiterhin Wurzel sein und Grab,
verlassener Schacht, Kellergewölb mit Toten,
kältestarr, vor Leid zugrunde gehend.
Darum flammt der Montag wie Erdöl auf,
wenn er mich kommen sieht mit meinem Kerkergesicht,
und er heult in seinem Verlauf wie ein wundes Rad
und macht Schritte von heißem Blut der Nacht entgegen.
Und er treibt mich in manche Winkel, in manch feuchte Häuser,
in Spitäler, wo die Knochen durch die Fenster herauskommen,
in manche Schusterstube, die nach Essig riecht,
in Straßen, erschreckend wie Erdrisse.
Es gibt Vögel, schwefelfarbig, und gräßliches Gedärm,
die an den Türpfosten der Häuser hängen, die ich hasse.
Es gibt Gebisse, in einer Kaffeekanne vergessen,
es gibt Spiegel,
die hätten weinen müssen vor Scham und Entsetzen,
Schirme gibt es allerorts und Gifte und Nabelschnüre.
Und ich schlendre umher, mit Gelassenheit, mit Augen, mit Schuhen,
mit Wut, mit Vergessen,
ich geh vorüber, quere Amtsstuben und orthopädische Läden,
und Höfe, wo an einem Draht Wäsche hängt:
Unterhosen, Handtücher und Hemden, die langsame
schmutzige Tränen weinen.
Pablo Neruda
Übertragung: Erich Ahrendt
••• Weiter gehts mit Don Pablo. Ich hatte ja angedroht, ein paar Entdeckungen zu präsentieren, Gedichte, in denen es weniger odenhaft zugeht. Dieses hier hat es mir besonders angetan.