Qualen des Festhaltens

24. Januar 2008

Die Weisheit der Krokodile
Szenenfoto aus: „Die Weisheit der Krokodile“

Das ist die Weisheit der Krokodile: bevor sie ihre Opfer verschlingen, vergiessen sie Tränen.

Francis Bacon

••• Heute war der Babysitter da. Kinoabend für uns, DVD-Abend für den Babysitter. Die Herzdame hatte ein paar Filme herausgesucht. Als wir zurückkamen, fiel mein Blick auf eine der DVDs, und ich erkannte den Film plötzlich wieder. Die Endsequenz hatte ich mir notieren wollen, als ich ihn zum ersten Mal sah: „Die Weisheit der Krokodile“.

Ich erinnerte mich nicht mehr an den Text, nur noch daran, dass er mich – und das hatte nichts mit dem Film zu tun – fast zum Weinen gebracht hatte.

Was ich nicht gleich erledige, gerät leicht in Vergessenheit. So auch, diese wenigen Zeilen aufzuschreiben. Und nun lag die DVD vor mir. Ich erinnerte mich und legte den Film sofort ein, sprang die Schlusssequenz an und notierte…


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headless +4

23. Januar 2008

Lauren Simonutti: Once I was Blind
headless +4 (13 + 4 Fotos) — © 2007 by Lauren Simonutti

A neglected series. Very quiet.
Once headless the only sense that remains is touch.

13 images in 13 days, every prop serves a purpose.

Look carefully for the hands.

I do not believe things ever really line-up.

Took me a long time to learn that there are things that are perfect,
and things that are right.
And the 2 are never one & the same.

(Caution: the gold does not like to be touched and will flake if provoked.)

••• Das zweite Buch, das Lauren aus Amerika geschickt hat, scheut die Berührung. Oder – das wäre auch eine Lesart – es macht ihm nichts aus, beschädigt zu werden. Ein Teil des Front-Covers ist mit geknittertem Blattgold belegt, sehr fragil. Ins Regal einsortiert werden will dieses Buch wohl nicht. Deswegen weist es via eingelegtem Instruktionsblättchen auf die eigene Verletzlichkeit hin.


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Times Arrow

21. Januar 2008

Martin Amis: Times Arrow

••• Für das neue Buch schwebt mir eine Erzählkonstruktion vor, die einfach, aber hinterhältig ist. Die Leser mögen mir nachsehen, dass ich dies hier nun wirklich nicht verraten kann. Es hiesse, zu viel preiszugeben. Das Nachsinnen über Erzählstrukturen und Erzählfiguren (ja, tatsächlich geometrisch, wie es etwa Herbsts Zeichnungen in seiner 3. Heidelberger Vorlesung illustrieren), das Nachdenken darüber hat mir auch einige Beispiele wirklich ungewöhnlichen und originellen Erzählens ins Gedächtnis gerufen. Ein solches Beispiel ist der Roman „Times Arrow“ (deutsch: „Pfeil der Zeit“) von Martin Amis.

Der Ich-Erzähler Todd Friendly erwacht zu Beginn des Buches von den Toten, erholt sich allmählich, bis ihm nach einigen Tagen schliesslich schwarz vor Augen wird. Sanitäter ziehen ihn an, verfrachten ihn auf eine Trage, bringen ihn mit der Ambulanz zu seinem Haus, legen ihn im Garten auf den Boden, machen sich mit einem Defibrillator an ihm zu schaffen und verschwinden. Einige Zeit liegt er bewusstlos im Gras, bis er schliesslich einen Schmerz im Herzen spürt, der ihn zu zerreissen droht. Dann erwacht er und macht sich an die Gartenarbeit.

Es dauert einige Seiten, bis man erkennt, dass Amis rückwärts erzählt. Die gesamte Geschichte, alle Handlungen laufen in der Zeit zurück. Ganz folgerichtig wird das Buch 200 Seiten später mit Todds Geburt enden.


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The Devils Alphabet

20. Januar 2008

Lauren Simonutti: The Devils Alphabet (1)
Lauren Simonutti: „The Devils Alphabet“
(26 fotos in an entirely handmade book with instructions)

Allow me to explain —

All books should come with instructions for use – take liberally, use kindly, learn, attempt to understand, do not burn.

‚the devils alphabet‘ I have taken the liberty of burning in advance. There is ash. Wipe with a clean white cloth if it bothers you. Some will remain.

The book is a vertical post binding which was selected because it does not lie open.

It only lies closed.

And to look trough them you have to use both hands. Ash will stain the fingers as is necessary, since no one comes away clean.

The trinket can be removed & made into a choker, uncomfortable ring or earring that dangles.

The brass posts may be unscrewed and the book disassembled.

I highly recommend re-arranging the pages.

••• Im November 2007 bin ich eines Tages auf die deviantart-Homepage einer Künstlerin gesurft, die mir Monate zuvor bereits bei der Suche nach einer Illustration aufgefallen war. Ihre Fotos sind düstre Inszenierungen, häufig in fast Rembrandtscher Lichtregie. Irritierende Szenen, nicht selten wie Momentaufnahmen eines Blickes hinab ins Gehinnom.

Just an diesem Tag hatte sich Lauren Simonutti entschlossen, zwei neue Projekte zu beginnen, in denen sie ihre handwerklichen Fähigkeiten in der Herstellung bibliophiler Bücher mit ihren Fotos zusammenbringen würde. Ich zögerte keine Sekunde und bestellte je ein Exemplar beider Bücher als Geschenk für die Herzdame. Sie sollte sich eines aussuchen. Das andere, hoffte ich, dürfte ich für mich behalten.

Wenige Tage nach meiner Rückkehr aus Yerushalayim sind die Bücher angekommen. Beide sind grossartig. Dass mich allerdings das „Devils Alphabet“ besonders fasziniert hat, wird niemanden wundern, der meine Buchstaben-Obsession kennt.

Laurens Buch kam mit einer Gebrauchsanweisung, und Asche rieselte heraus, als wir es zum ersten Mal öffneten.


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Literarische Weblogs

18. Januar 2008

Literarische Weblogs - Sonderbuchausgabe spatien 5••• Die Sonderbuchausgabe spa_tien 5 — „Literarische Weblogs“ — ist erschienen und seit heute via amazon und libri sowie über den Buchhandel zu bestellen. „Literarische Weblogs“ ist eine Anthologie der Autoren, die auf dem Meta-Blog litblogs.net mit ihren literarischen Weblogs gelistet sind. In dieser Sonderbuchausgabe von spa_tien geben jene Autoren in Essays und Interviews Auskunft über ihre zum Teil sehr persönliche Sicht auf das Medium Weblog im Kontext von Literatur. Dazu bringen sie Exemplarisches aus den jeweiligen Blogs. Zwischen den Beiträgen protokolliert Kathleen York mit Ihren U-Bahn-Zeichnungen die verschlungenen Wege durch die literarischen, ästethischen und poetologischen Positionen der einzelnen Autoren. Sie war mit ihren Zeichnungen als Siegerin aus unserem öffentlichen Wettbewerb — ebenfalls via Weblog ausgeschrieben — hervorgegangen.


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