••• Vor einem Monat habe ich hier das Erscheinen des Litblog-Buches verkündet, in dem 12 Autoren literarischer Weblogs über ihre Motive und die poetologischen Hintergründe ihres literarischen Blogger-Daseins berichten. Die Ambitionen sind zum Teil hoch. Nicht selten wird eine Vorreiterrolle reklamiert: originäre Inhalte, direkte Einblicke in den Schreibprozess und die bewusste Provokation von Rückwirkungen des Bloggens auf den Schreibprozess. Das las sich verheissungsvoll.
Nun stehe ich als Autor vor folgender Situation: Ein neuer Roman entsteht, zügig, und was läge nun näher, als das Fortschreiten der Arbeit hier im literarischen Weblog Turmsegler zu dokumentieren, grössere zusammenhängende Teile des Textes hier dem ja sehr überschaubaren Leserkreis zum Goutieren, vielleicht sogar Diskutieren vorzusetzen?
Stattdessen macht sich Unsicherheit breit. Von verschiedenen Seiten werde ich gewarnt. Es könnte verzweifelt wirken. Was immer erst einmal im Weblog stünde, wäre für den Buchmarkt tot. Agenturen würden mit Ideen dealen, und man könnte auf diese Weise bestohlen werden. Manches klingt wie Paranoia, anderes lässt sich nicht so ohne weiteres ignorieren. Also bin ich in den Untergrund gegangen. Wenn das nun aber die Konsequenz ist, das einzige richtige Vorgehen in einem solchen Fall: wie steht es dann um die literarischen Weblogs wirklich?
Jorge Luis Borges: El Golem
Video: Yoleandro Gonzalez
unter Verwendung von Szenen Paul Wegeners Film „Golem“
••• Das war ein Zufallsfund. Dass Borges über den Golem geschrieben hat, war mir tatsächlich neu. Umso mehr freut es mich, dass p.- eine deutsche Übertragung in den Untiefen seiner Bücherregale finden konnte. Vielen Dank dafür. Den ganzen Beitrag lesen »
••• Nachdem ich das auführliche Exposé für „Mayim Rabim“ geschrieben, einen Titel gefunden und beschlossen habe, umgehend zumindest zwei Verlage zu kontaktieren, um das Projekt vorzustellen – nach all dem also habe ich mich entschlossen, die weitere Entwicklung, was den Plot, die Realisierungsidee und den Text angeht, nicht weiter im Turmsegler zu präsentieren. Für das bisherige Interesse und die Ratschläge danke ich den Turmseglern herzlich. Aber ich muss nun mit dem Projekt in den Untergrund gehen, bis ich – und das werde ich – mit dem fertigen Buch wieder auftauchen kann.
Über alles Berichtenswerte rings um diese Arbeit werde ich natürlich auch weiter gern berichten.
Gefallen waren die Namen – Freud, Jung, Poe und Wilde – in einem Gespräch über den Talmud-Traktat, den ich gerade in der Yeshivah lernte: Brachot. Ich hatte ihn fast beendet, und nach vielen, vielen grossen Folioseiten voller trickreicher Gesetzesherleitungen war ich auf eine der geliebten, weil entspannenden aggadischen Passagen gestossen, keine Gesetze, keine Berechnungen, sondern Geschichten – und zwar über Träume, ihre Deutung und Bedeutung, zwei Dinge, die, wie man aus der Gemara lernen konnte, durchaus zwei völlig unterschiedliche Dinge waren.
Der Satz, der eben jene Passage einleitete, hatte mir Schwierigkeiten bereitet: Ein ungedeuteter Traum, hiess es dort, ist wie ein ungelesener Brief. Und weiter hiess es: Alle Träume folgen dem Mund. Ganz gleich, lehrten die Weisen, was wir sähen in einem Traum, Bedeutung würde es nur durch die Deutung erlangen. Einmal ausgesprochen aber hätte die Deutung Bestand und würde sich erfüllen.