Ich will in meinem Bette ruhn und die Erde bedecken
Über den Ländern Europas und Afrikas liege ich da.
Meinen linken Arm will ich tief hinein nach Asien strecken.
Und den rechts nach Amerika.
Mein schlängelndes Haar wird im Nordmeer den Alk erschrecken.
Zischende Augen will in das weiche Dunkel ich bohren
Wie farbigen Stahl, der die kühle Haut verglüht und zerreißt,
Mit meiner Nacktheit leuchten dem, der die Straße verloren,
Der meine Stätte ungewiß suchend umkreist,
Und mich mit Schweigen verkleiden vor brüllenden Kehlen, versiegelten Ohren.
Mein bleiches Kissen: Eisberg, den Nacht umflutet.
Ich schmelze ihn hin mit dem Tropenstrauß meiner Hand,
Mit Irisblüten, golden und braunrot durchblutet;
Graubläuliche Otter hält sie leicht wie ein Band,
flüstert Wunder mir zu, die sie weiß und vermutet.
Und ein Wunder ist dies: es spritzen feurige Funken
Aus der Glut. Den Himmel brennt Mondnarbe, Sternenmal.
Und der Erde gereiftes Brot wird verteilt, ihr Wein wird getrunken.
Wasser scheint immer noch zart und wallend und fahl,
Hegt den stummen mächtigen Hai und das Läuten gelbbauchiger Unken.
Düster und Strahl sind um mich. So sind sie gewesen,
Da der Ägypter den Königen steinerne Gräber getürmt,
Noch die Sibylle ihre verkohlten Bücher gelesen,
Da erzürnte Harpyien das Mahl des Phineus umstürmt.
Da Juda die Götzenhäuser gefegt mit glänzendem Besen.
Nun verbergen Menschen die Bläue mit speienden Schloten,
Fürchten das Erdgespenst nicht mehr, den klagenden Wolf,
Schirren die Luft und fahren in steigenden Booten
Über Woge und Welt, spielen Tennis und Golf
Und schlafen dann hundert Jahre unter den Toten.
Wie der Sand, wie Flamme und Fluten, so unabwendlich,
Wie Wolke, so unentrinnbar bin ich.
Einst ziehen Kindesgeschlechter, fern mir und nicht mehr verständlich,
Horizonthin, versunkenen Sonnensterns blutheller Strich.
Mein Tag hat sein Maß, doch meine Nacht ist unendlich.
O Männer. Ihr mögt mit Maschinen rasen, tausend elektrische Lampen entzünden,
Ihr schwächt nicht die Faust, die euch zu mir reißt.
Mein Weiher und tiefes Lächeln liegt zwischen dämmrigen Schlünden,
Erwartet still euren neuesten, schwächlich geblähten, unbeständigen Geist
Und wirft eine Welle aus seinem Schoß; sie schluckt ihn samt seinen Gründen.
Kommt ihr mit tanzenden Tieren, mit dem Scherenschleifrad zur Stadt,
____seid Bürger, seid Grafen,
Füße laufen wie schneeweiße Ratten euch nach,
Laufen immer: Füße kupferhaariger Nächte im Hafen,
Wenn euer Schiff die grüne schaumkrallige Pranke zerbrach,
Sie lassen euch unter dem Südlichen Kreuz, dem Großen Wagen nicht einsam schlafen.
Die Liebkosung eurer Lippen, Gier eurer Hände
Sammle ich ein, und die Freude, die aus euren Augen schlägt,
In ein seidenes Vogelgarn, das ich trage an meiner Lende,
Wie das Känguruh seinen Beutel trägt.
Und ich füge die glühenden Stunden und finstere zu funkelnder Spende.
Goldflossige Fische schwimmen, lautlose Kiemen, in Bütten,
Die meine weiten Abende sind.
Und der Kometenregen will alles dies achtlos verschütten
Über ein Kind.
Es ist zart und ewig und nur wie die bräunlichen Kleinen schindelgedeckter Hütten.
Gertrud Kolmar, aus: „Gedichte“
Lizenzausgabe Suhrkamp Verlag 1996
© Kösel-Verlag, München 1980
••• Noch einmal Gertrud Kolmar mit einem Gedicht, das wohl am besten illustriert, was ich zuvor über sie schrieb. Seit Minuten klingt mir Patricia Kaas aus dem musikalischen Gedächtnis mit ihrer Interpretation von „It’s a Man’s World“.
This is a man’s world
This is a man’s world
But it would be nothing
Nothing without a woman or a girl
You see man made the cars
To take us over the world
Man made the train
To carry the heavy load
Man made the electric lights
To take us out of the dark
Man made the bullet for the war
Like Noah made the ark
This is a man’s man’s, man’s world
But it would be nothing
Nothing without a woman or a girl