Reisen

18. Juli 2007

Departures

Meinen Sie Zürich zum Beispiel
sei eine tiefere Stadt,
wo man Wunder und Weihen
immer als Inhalt hat?

Meinen Sie, aus Habana,
weiß und hibiskusrot,
bräche ein ewiges Manna
für Ihre Wüstennot?

Bahnhofstraßen und Ruen,
Boulevards, Lidos, Laan –
selbst auf den Fifth Avenuen
fällt Sie die Leere an –

Ach vergeblich das Fahren!
Spät erst erfahren Sie sich:
bleiben und stille bewahren
das sich umgrenzende Ich.

Gottfried Benn

••• Meine Liebste wird bald verreisen. Ohne mich. Ganz allein (hoffentlich, wenn schon ohne mich). Ich wäre jetzt auch gern auf Reisen, nur mit ihr. Ich erinnere mich gern an unseren letzten Urlaub ohne Kinder auf Elba. Nun ja, unsere Tochter war schon dabei als gewölbter Bauch. Vor meinem inneren Auge die Anzeigetafel möglicher Destinationen.

Ach, wenn wir schon bei Benn sind: Einen kleinen Abriss über „Gottfried Benn in Briefen und Werken“ habe ich heute im Web entdeckt. Seine Zeilen erhellen ein wenig die Umstände der „Blauen Stunde“, die hier letztens zitiert wurde.

Taubengeheimnis

17. Juli 2007

Pigeons - © PostSecret.com
Pigeons – © PostSecret.com

••• Weil wir gerade von Tauben sprachen… – Nebenbei: PostSecret ist addictive!

Seele eines Zaddik

17. Juli 2007

Seele eines Zaddik

••• Vor einiger Zeit stand ich mit unserem Mashgiach schwatzend auf der Strasse und verscheuchte eine Taube. Er wurde umgehend bleich und wies mich zurecht, dass eine Taube, die sich uns nähert, die Seele eines Zaddik sei, die uns besuchen wolle. Sie zu verscheuchen, sei demnach, als würde ich den Besuch eines Zaddik zurückweisen.

Das war mir neu. Ich bin wirklich kein Taubenfreund. In Berlin, woher ich komme, heissen die Stadttauben Luftratten.


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In der Werkstatt

17. Juli 2007

••• Nicht in der neuen spa_tien-Ausgabe findet sich Markus A. Hedigers „San Gabriel Drive“. Die Redaktionskonferenz findet eine Fortsetzung nun auf „Hanging Lydia“ in einem Werkstattgespräch, in dem Lesesorgfalt und Beurteilungsmassstäbe auf den Prüfstand gehievt werden.

Der Tod des Sardanapal

16. Juli 2007

Eugéne Delacroix: Der Tod des Sardanapal
Eugéne Delacroix: Der Tod des Sardanapal

George Sand schmauchte ihre Zigarre und notierte alles, was sie hörte. Und wenn nichts gesagt wurde, beschrieb sie das Schweigen.

••• Im obigen Bild fehlt eine Sklavin. Wie und warum sie aus dem Bild verschwunden ist, das erzählt Michael Perkampus in „Der Tod des Sardanapal“, nachzulesen in der neuen spa_tien-Ausgabe.

Unter den Prosaarbeiten im neuen spa_tien-Heft ist mir diese Geschichte geradezu ans Herz gewachsen. Perkampus führt ein Spiel mit möglichen Wirklichkeiten vor. Wir begegnen nicht nur dem Maler Eugéne Delacroix, sondern auch George Sand und Frédéric Chopin, denen Delacroix die unerhörte Entstehungsgeschichte des Bildes erzählt.

Die Fähigkeit zu guter Recherche gehört unbedingt zum Handwerkszeug der schreibenden Zunft. Perkampus platziert seine Geschichte genau in die Lücken, die George Sands Berichte über die Konversationen mit Chopin und Delacroix offen lassen. Für mich war es eine reine Lesefreude.

Mein letzter Kranz

15. Juli 2007

Was blumengeschmückt ist, das mögen auch die Götter gerne anschauen, ihr Blick wendet sich ab, wenn jemand ohne Kranz naht.

Sappho

••• Sie ist da, die Ausgabe 4 von spa_tien. Sichtung und Auswahl der Texte, Redaktionskonferenzen per Skype etc. etc. – das alles hat mir grossen Spass gemacht, den beiden Mitübeltätern Hartmut Abendschein und Markus A. Hediger wohl nicht minder.

Kultig in diesem Heft ist sicher der Sonettenkranz von Hartmut Abendschein. Markus und ich haben diverse Überredungskünste aufwenden müssen, dem Autor die Veröffentlichungserlaubnis zu entringen. Doch wir waren erfolgreich.


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Mit der Hand

13. Juli 2007

Montblanc Meisterstück Black/Platinum

••• Ich habe einen Brief geschrieben, mit der Hand, mit Tinte, wie früher. Einen lange überfälligen Brief. Während die Feder übers Papier glitt, kehrte die Erinnerung zurück an die unzähligen Briefe, die ich früher geschrieben habe. Und mir wurde bewusst, dass das Schreiben mit der Hand eine eigene Sinnlichkeit hat, auf eine nicht leicht erklärliche Weise geradezu spürbar Emotion aufs Papier zu übertragen versteht. Zwischen Tastatur und Federhalter liegen Welten, in vielfachem Sinne.

Jetzt warte ich mit Spannung auf die Antwort. Sie wird sicher nicht ausbleiben.