11. September 2007
es herrscht krieg im land:
eine bauernarmee
marschiert auf den hügeln
mit morgenstern, schild und posaunen
sie pflanzt feldzeichen auf
in meinen augen
sie hebt gräben aus
zwischen stirn und hals
und zieht stampfenden schritts
von schläfe zu schläfe
und schlagbäume trommeln im bauch
das herz willst du öffnen
mit bloßer hand
und mit küssen
die rippen
zerbrechen?
reiß auf die haut
die armee muss heraus
es herrscht krieg im land
meine liebe
© Benjamin Stein (2007)
••• Die Kommentare von eukapirates und Markus haben mich angestiftet. Die stampfende Bauernarmee ging mir schon den ganzen Tag über im Kopf um. Aber ich wusste noch nicht, worauf es hinaus wollte. Und nun hat sich das ganze so angerichtet.
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10. September 2007
••• Eben habe ich mit der Herzdame in memoriam Ingmar Bergman seinen 1957 erschienenen Film „Das siebente Siegel“ gesehen.
Ein Kreuzritter, der gern seinen Glauben verlieren würde, spielt auf dem Heimweg aus dem heiligen Land eine Partie Schach mit dem Tod. So lange sie dauert, bleibt er am Leben. Gewinnt er, ist er frei. Es wird eine Hängepartie in mehreren Etappen und mit allerlei Täuschungen durch beide Spieler. Sie ziehen durch ein von der Pest verwüstetes Land. Sehr pathetisch und sehr poetisch. Unbedingt sehenswert.
Da fällt mir auf, dass ich einen kleinen Stapel Gedichte, Ideen und Geschichten zum Tod vor mir liegen habe. Das ist doch ein guter Anschluss an die Strecke mit Liebesgedichten. Liebe und Tod — das waren schon immer die besten Zutaten der poetischen Alchemie.
Tags: Ingmar Bergman • Film
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9. September 2007
Ein Rabbiner ist in Frankfurt von einem Unbekannten durch einen Messerstich in den Bauch verletzt worden. Wie die Polizei am Samstag berichtete, stach der Täter am Vorabend auf den eine jüdische Kopfbedeckung tragenden Geistlichen ein. Der Täter habe den 42-Jährigen mit arabisch klingenden Worten angesprochen. Als der Rabbiner die Worte nicht verstand und den Täter nach dessen Anliegen fragte, stieß dieser auf Deutsch eine Todesdrohung aus. Der südländisch aussehende Mann sei von zwei Frauen begleitet worden.
Nach Angaben der Polizei ist der Zustand des inzwischen operierten, der Jüdischen Gemeinde Frankfurt angehörenden Rabbiners stabil. Lebensgefahr bestand laut Ärzten zu keinem Zeitpunkt. Eine Fahndung nach dem Täter blieb nach Angaben der Polizei ohne Erfolg.
••• Keine gute Nachricht zum Beginn der Slichot. Es handelt sich um den Chabad-Gesandten in Frankfurt. Er war auf dem Heimweg von der Synagoge. Dummheit und Gewalttätigkeit des Menschen sind grenzenlos.
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9. September 2007
Great Distance – © by ~liquidkid1@deviantart.com (2006-2007)
Du bist ein fernes Land
gern schrieb ich dir unter den Bäumen
du bist ein fernes Land
mit wem hast du dich geküszt?
du bist ein fernes Land
der Mond ist über den Bäumen
o mein geliebtes Land
die Tage werden still
© Friederike Mayröcker
••• Und noch eine – vorerst letzte – Perle von Frau Mayröcker.
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7. September 2007
distance – © by ~spokojnysen@deviantart.com (2007)
Als du heute weggingst mein Herz
setzte ich meine Lippen an den Rand deines Glases
als du heute weggingst mein Herz
führte ich meine Hände durch die Täler
die deine Arme in unser Tischtuch gegraben hatten
als du heute weggingst mein Herz
sandte ich meine Tränen als Bächlein das bergauf flieszt
dir nach
© Friederike Mayröcker
••• Das Herz ist so unbeschreiblich heftig beschäftigt, dass ich neben den Gesprächen mit der Herzdame kaum einen klaren Gedanken fassen kann. Als wären sie bestellt gewesen, brachte gestern zum Abend die Piratin zehn zeilen, die mir alle Kraft wiedergaben, die der letzte Tag aus mir herausgesogen hat.
ist es das, was wir wollen: eine liebe, in der ein vogel ein vogel ist und ein haus ein haus?
Ja, genau das, nicht mehr und nicht weniger. Und ich wünschte, ich könnte diese Geschichte eines Tages so erzählen, wie ich es bei der Piratin gelesen habe.
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6. September 2007
••• Ich fühl mich ja so entspannt, seit ich das weiss. Selbst dieses Midlife-Crisis-Dingens kann mir mindestens (wenn überhaupt) noch Jahre gestohlen bleiben…
Hier » entlang bitte zum Selbsttesten.
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6. September 2007
Windrose – © by *edelherb@deviantart.com
Wo du auch hingehst
mit deinen träumenden Füszen
sorgsam hingesetzt in dein gegenwärtiges Leben
seltsam beflügelt jedoch wie Merkurs Fersen
in einer ahnungsvollen Erwartung:
immer wieder werden sich riesige Blöcke von Luft
wie fügsame Herden bewegen lassen durch dich
und auf mich zukommen
alle Regen die je deine Wange treffen werden
kommen zu mir zurück
aufgelöst bist du in jedes Teilchen der Erde
mitgeteilt hast du dich allen schwebenden Wolken
und die Wälder der Blumen sprechen in deiner Sprache
nichts kann dich mehr trennen von meinem Herzen
mit jedem Sonnenstrahl sinkst du in mich
wie ein Same
über alle Wasser hinweg
bis zu den blätternden Sternen der Windrose
© Friederike Mayröcker
••• Ich bin mitunter ein undankbarer Leser, nicht sehr geduldig, leicht zu enttäuschen. Das trifft besonders auf die Lyrik-Lektüre zu. Wenn ich einen Band „Gesammelte Gedichte“ vor mir habe, fange ich vorn an und lese Seite für Seite. Und wenn mich nicht recht bald eines der Gedichte wirklich entzündet, kann es leicht sein, dass ich nicht sehr weit komme. Nicht immer gibt es einen zweiten Versuch.
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Tags: Friederike Mayröcker • Lyrik
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