Combray

26. Oktober 2007

Marcel Proust mit 16 Jahren

Lange Zeit bin ich früh schlafen gegangen. Manchmal fielen mir die Augen, wenn kaum die Kerze ausgelöscht war, so schnell zu, daß ich keine Zeit mehr hatte zu denken: ‚Jetzt schlafe ich ein.‘

Marcel Proust

••• Das obige Bild beschreibt ganz wunderbar mein persönliches Verhältnis zu Marcel Proust. Unter den besagten wichtigen Büchern, bei denen ich von meinem Recht als Leser, nicht zu Ende zu lesen, Gebrauch gemacht habe, ist „Die Suche nach der verlorenen Zeit“ vielleicht das wichtigste.

Das Lesezeichen im ersten Buch meiner 10bändigen Recherche-Ausgabe bezeugt, mit welcher unendlichen Langsamkeit ich Proust bislang gelesen habe. Es ist gut möglich, dass ich nie fertig werde. Vielleicht will ich das auch gar nicht. Ich bin bis zwei Seiten vor Schluss des ersten Teils vorgedrungen, der den Titel „Combray“ und die Aura von Kindheit trägt. Und grad weil ich noch immer nicht weitergelesen habe, ist Marcel Proust für mich noch immer ein Junge – ganz wie oben auf dem Foto. Er weigert sich, erwachsen zu werden und von den noch folgenden tausenden Seiten Prosa etwas preiszugeben.


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Rechte des Lesers

25. Oktober 2007

Pierre Bayard (Foto: © Hélène Bamberger)
Pierre Bayard (Foto: © Hélène Bamberger)

01. Das Recht, nicht zu lesen
02. Das Recht, Seiten zu überspringen
03. Das Recht, ein Buch nicht zu Ende zu lesen
04. Das Recht, noch einmal zu lesen
05. Das Recht, irgendwas zu lesen
06. Das Recht auf Bovarysmus
07. Das Recht, überall zu lesen
08. Das Recht herumzuschmökern
09. Das Recht, laut zu lesen
10. Das Recht zu schweigen

••• Diese 10 Rechte des Lesers (es gibt sicher noch mehr) zitiert LeseLustFrust und weist dabei auf Daniel Pennacs „Wie ein Roman. Von der Lust zu lesen“ hin. Die Aufzählung und Pennacs Buch drängten sich der Autorin assoziativ auf nach einer Besprechung des jüngst erschienenen Sachbuchs „Wie man über Bücher spricht, die man nicht gelesen hat“. Verfasst wurde es von Pierre Bayard, seines Zeichens Literaturprofessor.


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Interviews im Playboy

24. Oktober 2007

Roberto Bolaño
Roberto Bolaño

Den „Playboy“ lese ich wirklich gerne. Die bringen immer so interessante Interviews.

(Anonymer Kalauer)

••• Letzten Freitag ist eine weitere Literaturzeitschrift zur Rezension eingetroffen: das von Norbert Wehr herausgegebene „Schreibheft“. Die aktuelle Ausgabe widmet sich auf über 200 Seiten keinem Geringeren als Ezra Pound. Bevor ich vom „Schreibheft“ berichten kann, werde ich sicher zur Sichtung noch ein paar Tage brauchen. Das Einstiegsschmankerl des Heftes will ich jedoch vorab schon erwähnen. Es handelt sich um den Nachdruck eines Interviews aus dem mexikanischen „Playboy“. Mónica Maristain interviewte für die Juli-Ausgabe des Jahres 2003 Roberto Bolaño.


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Schreibmaschinen

23. Oktober 2007

Friedrich Nietzsches Schreibmaschine

Diese Schreibmaschine reicht an die Berühmtheit ihres Besitzers fast heran. Dessen Freund Paul Rée brachte dieses damals neuartige Schreibgerät im Februar 1882 als Geschenk in Friedrich Nietzsches Winterquartier nach Genua.

••• Von Paul Austers Schreibmaschine war hier schon die Rede. Und obigen Fund der Herzdame wollte ich den Turmseglern auch nicht vorenthalten.

Ich selbst schreibe Gedichte nach wie vor mit der Hand. (Der besagte Brief blieb übrigens unbeantwortet…)

Für Prosa, Mails, Briefe & Co. muss das Keyboard herhalten. Letzteres hat seit meinem letzten Reinigungsversuch (mit nichts als einem feuchten Tuch!) einen Defekt. Einige Tasten auf dem Nummernblock funktionieren nicht mehr und – das ist das eigentliche Problem – die Taste mit dem Aufwärtpfeil verweigert den Dienst. Das ist störend. Denn so geht es schliesslich nur noch nach unten und seitwärts; und wer kann das auf Dauer schon zulassen?

Ich habe nun einen Ersatz bestellt, der sich unwesentlich moderner ausnimmt als die Schreibgeräte von Nietzsche und Auster…

Apple Keyboard

Auch dieses Modell, sei angemerkt, schreibt jedoch nicht von selbst.

Der Müller und der Bach

23. Oktober 2007

Ein Gastbeitrag von: lykomedite

Der Müller

Wo ein treues Herze in Liebe vergeht,
da welken die Lilien auf jedem Beet,
da muß in die Wolken der Vollmond gehn,
damit seine Thränen die Menschen nicht sehn;
Da halten die Englein die Augen sich zu
und schluchzen und singen die Seele zur Ruh‘!

Der Bach

Und wenn sich die Liebe dem Schmerz entringt,
ein Sternlein, ein neues, am Himmel erblinkt. –
da springen drei Rosen halb rot und halb weiß,
die welken nicht wieder, aus Dornenreis;
und die Engelein schneiden die Flügel sich ab
und gehn alle Morgen zur Erde herab.

Der Müller

Ach Bächlein, liebes Bächlein, du meinst es so gut;
ach Bächlein, aber weißt du, wie Liebe thut?
Ach unten, da unten, die kühle Ruh‘!
Ach Bächlein, liebes Bächlein, so singe nur zu.

Wilhelm Müller (1794-1827)

••• Vollmond lässt mich dieses wunderschöne Gedicht erinnern, welches ich allerdings nur in vertont textigem Zustand im Kopf habe. Es ist Müllers/Schuberts Dialoglied „Der Müller und der Bach“, die vorletzte Szene aus Schuberts tragischem Liederzyklus „Die schöne Müllerin“. Der Protagonist, ein junger Müller, sucht in seinem Liebesschmerz Trost beim ewigen Lied des Baches, in dem er sein nasses Grab finden wird.


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Mondnacht

22. Oktober 2007

northern lights moon - © 2003-2007 *ssilence@deviantart.com
northern lights moon – © 2003-2007 *ssilence@deviantart.com

Es war, als hätt‘ der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt‘.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

Joseph von Eichendorff (1788-1857)

••• Assoziationen gehen manchmal verschlungenste Wege. „Eichendorff? Ham wa nich!“ – blitzte es auf irgendwo im assoziativen Gedächtnis. Tatsächlich gibt es unter meinen Büchern keinen Eichendorff-Band. Aber es gibt doch – zumindest dieses eine – Gedicht von ihm, in Silben zerlegt unter den Noten zu Schuberts Vertonung aus dem „Liederkreis“. (Eine Aufnahme finde ich leider grad nicht für den Podcast.)

Das Notenheft ist ziemlich alt und zerfleddert. Ich hebe es wohl noch immer auf in der Hoffnung, eines Tages wieder Gesangsstunden zu nehmen. Leider finde ich seit längerem keinen Lehrer in München, der zwischen 00:30 und 01:30 Stunden gibt. Aber ich suche weiter…


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Semper eadem

21. Oktober 2007

Eyelash - © by rawrgracie@deviant.art
Eyelash — © by rawrgracie@deviantart.com

Lass, lass mich Rausch aus einer Lüge trinken,
In deines Blicks traumseliger Nacht versinken,
Gib mir im Schatten deiner Wimpern Rast.

••• Das heutige Gedicht aus dem „Les Fleurs du Mal“-Feed hat es mir angetan: semper eadem – immer das gleiche…

Zwei Drittel der berühmten Sammlung von Baudelaire liegen noch vor uns…