Die Briefe der Ninon de Lenclos

12. Dezember 2007

Ninon de Lenclos••• Von Briefen ging für mich schon immer eine grosse Faszination aus. Ich habe selbst unzählige Briefe geschrieben — meine ersten Amouren waren Fernlieben; man sah sich nur alle drei Wochen, und die Zeit zwischen den Wiedersehen wurde mit täglich hin und her gehenden Briefen überbrückt. Das heisst, ich habe auch sehr viele Briefe bekommen. Immer heiss ersehnt, waren sie oft nicht weniger aufwühlend.

Aber Fazination ging auch und besonders von Briefen aus, die weder an mich gerichtet, noch von mir geschrieben worden waren. Da waren zum Beispiel die wenigen Briefe meines Urgrossvaters an meine Urgrossmutter aus dem Gestapo-Gefängnis in Leipzig, in dem er wenig später ermordet wurde. Oder der Brief, mit dem mein Vater kurz vor dem 25. Hochzeitstag seine Ehe beendete und den mir meine Mutter später zum Lesen gab. Aber da waren eben auch jene „literarischen“ Briefe, wie sie gelegentlich in Romanen vorkommen oder aus denen mitunter sogar ein ganzer Roman gebaut ist.


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Erziehung für den Marquis

11. Dezember 2007

••• Wer, frage ich heute einmal in die Runde, könnte den folgenden Brief geschrieben haben?


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Ryunosuke Akutagawa

10. Dezember 2007

Ryunosuke Akutagawa

••• Die Herzdame räumt ihre Bücher um und reicht mir ein Buch, über das ich schon vor Monaten schreiben wollte. Nur gingen damals die Assoziationen, von denen ich mich hier treiben lasse, offenbar andere Wege, so dass das Vorhaben in Vergessenheit geriet. Das Versäumnis soll nun aber wettgemacht werden.

Ryunosuke Akutagawas Prosa ist eine Offenbarung, rein und klar wie Quellwasser und dabei doch irritierend und verwirrend, wie man es sich nur vorstellen (und wünschen) kann.

Ganze 35 Jahre alt wurde dieser japanische Autor. Von Depressionen geplagt, nahm er sich 1927 das Leben. Seine Werke – zumeist short stories, die auch Romane hätten werden können – spielen häufig in der weiter zurückliegenden Vergangenheit, im Japan versunkener Jahrhunderte. Die Verbindung zum Japan des beginnenden 20. Jahrhunderts, in dem Akutagawa lebte und in dem die aufkommende Industrialisierung die Isolation Japans aufzubrechen begann, die Verbindung zu diesem Japan knüpft der Autor im Subtext seiner stories, im unausgesprochen Mitschwingenden. So sehr jene anbrechende neue Zeit den strikten Traditionen am Zeug zu flicken schien, so fest verwurzelt zeigten sie sich doch nach wie vor in den Menschen.


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Koreanische Kurzgedichte

9. Dezember 2007

동짓달 기나긴 밤을 한 허리를 버혀 내어
춘풍 니불 아래 서리서리 넣었다가
어론님 오신 날 밤이어든 굽이굽이 펴리라

Mittwinter, zu lang die Nacht –
zwei Hälften möchte ich daraus machen.

Und die zusammenrollen, stecken in
die Decke für die Frühlingsnacht.

Und wenn der Liebste wieder kommt zu mir,
roll ich sie wieder auf, damit die Nacht zu strecken.

Hwang Chini (etwa 1516-1544)

••• Während in der Prosa die Beschränkung auf bestimmte Mittel der Form offenbar wenige Anhänger hat, war in der Lyrik schon immer die Beherrschung bestimmter tradierter Formen unverzichtbarer Bestandteil von Meisterschaft. Besondere Beschränkung forderte vom Dichter (oder der Dichterin) in Japan der Haiku oder Tanka, der nicht nur die Anzahl Zeilen und Silben pro Zeile vorschreibt, sondern auch das statthafte Themenfeld.

Eine dem Haiku verwandte koreanische Form des Kurzgedichtes — Sijo — lockert zwar die thematische Fessel, ist dafür jedoch so kompliziert in der formalen Vorgabe, dass es einen deutschen Sijo wohl kaum geben kann. Auch der Sijo wird in drei Zeilen geschrieben, besteht jedoch statt aus 17 (Haiku) bzw. 31 (Tanka) aus 44 bis 46 Silben. Festgelegt ist nicht nur ihre Aufteilung auf die Zeilen, sondern auch die Silbenverteilung auf die einzelnen Wörter in den Zeilen.


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Ein-Wort-Poesie

8. Dezember 2007

Könich

••• In jedem von uns steckt ein König… Und jetzt begreife ich endlich, warum man das Wort genau so ausspricht: Könich — und nicht mit hartem G am Ende.

Chanukkah, 5. Licht

8. Dezember 2007

Chanukkah 5th Candle
Chanukkah, 5. Licht

••• … und Josef Uni wird heute 88. Das werden wir morgen bei einem Hering-Wodka-Frühstück gebührend feiern. Herzlichen Glückwunsch, Jossel!

Hamburger Dogma

6. Dezember 2007
  1. Adjektive sollen vermieden werden.
  2. Gefühle sollen nicht benannt, sondern dargestellt werden.
  3. Gebrauchte Metaphern sind verboten.
  4. Es muß im Präsens geschrieben werden.
  5. Ein Satz hat nicht mehr als fünfzehn Worte.
  6. Die Perspektive darf nicht gewechselt werden.
  7. Der allwissende Erzähler ist tot.
  8. Jeder Text, der das Hamburger Dogma erfüllt, soll vom Autor als solcher gekennzeichnet werden.

via: Lou A. Probsthayn

••• Aufmerksam geworden bin ich auf das „Hamburger Dogma“ über ein Interview mit Lou A. Probsthayn und Gunter Gerlach in der aktuellen Ausgabe von EDIT (Papier für neue Texte), eine weitere Literaturzeitschrift, über die noch zu berichten sein wird. Von EDIT hinwiederum erfuhr ich aus der Bio-Bibliographie von Ulrike A. Sandig, die seit kurzem zum Redaktionsteam eben dieser Zeitschrift aus Leipzig gehört.


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