••• Ich bin scheinbar momentan so radioaktiv, dass Insekten in meiner Nähe spontan mutieren. Dieses Libellenexemplar, über das ich eben gestolpert bin, maß 15 cm. Libellen haben mich schon immer fasziniert. Aber das letzte lebende Exemplar, an das ich mich erinnere, schwirrte während eines Badenachmittags an der hochsommerlichen Alten Spree bei Neu Zittau vor meiner Nase herum. Das ist sicher 20 Jahre her. Und eine Libelle in dieser Größe habe ich in Freiheit noch nie gesehen.
••• Heute nun endlich konnte ich mit Ulrich Grasnick telefonieren, und wir sprachen lange über Charlotte. Zwei gute Nachrichten brachte er mir zu der traurigen ihres Todes. Sie ist friedlich eingeschlafen nach einem glücklichen Tag mit Spaziergängen, Scherzen und der unvermeidlichen Zigarette gegen Abend. Und – sie konnte zwar nicht allen Texten ihres letzten, so viele Jahre dauernden Projektes den allerletzten Schliff geben; aber geschafft hat sie, was sie sich vorgenommen hatte, nämlich diese Geschichten noch zu Ende zu erzählen. Es gibt also ein Manuskript, zum großen Teil bereits lektoriert, zum Teil handschriftlich, wie ich es von ihr kannte.
••• Ein Bekannter meiner Frau wird eine für die kommende Woche geplante Besichtigung der Synagoge am Jakobsplatz boykottieren, weil er den Bericht von Amnesty International über den Gaza-Feldzug gelesen hat und auf eine schriftliche Anfrage bei der Jüdischen Gemeinde keine Antwort erhielt. Erhofft hatte er sich eine Verurteilung der den Israelis vorgeworfenen »Kriegsverbrechen« oder doch zumindest einen Ausdruck des Bedauerns. BBC News Online gibt einen Kurzüberblick über den Bericht.
Wirklich Neues erfährt man nicht, abgesehen natürlich davon, dass Krieg in jedweder Form und an jedwedem Ort und aus jedwedem Grund widerlich, blutig und grausam ist. Menschen ziehen in den Krieg, um durch Töten zu klären, was sie friedlich offenbar nicht klären konnten. Immer kommen dabei »Unbeteiligte« zu Schaden. Und warum ist das so? Weil der Soldat, der mit der Waffe hinausgeht, um »den Feind« zu töten, bereits die Grenze überschritten hat. Er ist bereit zu töten. Und er steht einem Feind gegenüber, der dazu ebenso bereit ist. In einer solchen Situation kann niemand mehr für sich und die eigene Menschlichkeit garantieren. Ist es erst einmal so weit, herrschen Angst und Hass, wie sehr man das auch rationalisieren und beschönigen möchte.
••• Am Feuer sitzen und Geschichten lauschen… Da möchte sogar ich noch einmal Kind sein. Oder doch lieber der Geschichtenerzähler? Es hat mir einen Stich versetzt, als ich sah, wie die Erwachsenen laufen mussten in jener Zeit, als der Himmel so tief hing, dass man anstieß, wenn man sich aufrichten wollte: die eigenen Füße waren ihr Horizont. Und so wäre es geblieben, hätten die Kinder nicht das vermeintlich Unmögliche gewagt. Eine schöne Geschichte.