Buch, so ich dich schließe,
schlag ich das Leben auf.
Ich höre
aus den Türen
abgerissene Rufe.
••• Vor einigen Tagen durfte der Turmsegler mal einem wahren Leseransturm standhalten. Das Interesse des Publikums galt einem »alten« Post über Brechts »Sonett Nr. 19«. Das Gedicht spielte eine Rolle in einer Aufgabe der schriftlichen Abi-Prüfung Deutsch, die letzte Woche anstand. Da musste ich an meinen eigenen Abitur-Aufsatz denken. Ich schrieb damals über Nerudas »Ode an das Brot« (behauptet meine Erinnerung, also wollen wir es mal glauben). Nerudas Oden hatten es mir damals sehr angetan, besonders in der Übersetzung von Erich Arendt, an dessen Gedichten ich mich zur selben (Un-)zeit ebenfalls abarbeitete.
Ich ging also zum Bücherregal, um mir Nerudas »Elementare Oden« zu greifen und darin zu stöbern. Aber ich fand es nicht. Mir fiel auch wieder ein, warum ich es nicht finden konnte, denn ich hatte das Exemplar, in dem ich damals gelesen hatte, noch vor Augen. Es war eines jener in orangefarbene Wachstuchumschläge geklebten Bibliotheksexemplare der Bibliothek in Friedrichshagen, von der Wechsler in der »Leinwand« berichtet.
Keine Neurda-Oden im Haus! Also bin ich online suchen gegangen und dabei auf eine Perle dieser Sammlung gestoßen, die Doppel-»Ode an das Buch«. Ich will es einmal eine Doppel-Ode nennen, denn es gibt zwei »Oden an das Buch«.
Blesok-Verleger Igor Isakovski und Übersetzerin Elizabeta Lindner in der Altstadt von Skopje
••• Letzte Woche um diese Zeit bin ich durch Skopje gelaufen. Traduki und mein mazedonischer Verlag Blesok, unterstützt von der Deutsch-Mazedonischen Gesellschaft und dem Goethe-Institut, hatten mich eingeladen, um vor Ort die mazedonische Übersetzung der »Leinwand« vorzustellen. »Платно« war die erste ausländische Ausgabe eines meiner Bücher und ist schon vor eineinhalb Jahren in Skopje erschienen. Ich habe mir vorgenommen, in alle Länder zu reisen, in denen Bücher von mir in Übersetzung erscheinen. Dass es etwas länger gedauert hat, bis ich nach Mazedonien kam, liegt an den Umständen, unter denen Blesok und der dortige Verleger Igor Isakovski Bücher machen. Die Finanzierung war schwierig.
••• Seit längerer Zeit arbeitet Facebook an einem eigenen Smartphone auf Basis des Android-Betriebssystems. Was für einen Grund könnten die Facebooker haben, nun auch noch auf den Smartphone-Markt zu drängen? Die Antwort ist einfach. Techcrunch schreibt es unbeschönigt:
With deeper control of a modified operating system would come huge opportunities to collect data on its users. Facebook knows that who you SMS and call are important indicators of who your closest friends are. Its own version of Android could give it that info, which could be used to refine everything from what content you’re shown in the news feed to which friends faces are used in ads you see.
••• Ich hatte einen Traum. Alle meine Bücher sollten (wieder) lieferbar sein, und »Replay« wollte ich als Hörbuch einlesen. Das »Alphabet des Juda Liva« habe ich eigens hierfür auf Basis des Originalmanuskripts überarbeitet. Der Text hat gewonnen, und auf ein Neuerscheinen habe ich mich besonders wegen der Querbezüge aus der »Leinwand« gefreut. Immerhin erzählt dieser Roman die Geschichten, die in der »Leinwand« von Jan Wechsler als seine Biographie zitiert werden.
Bernd Zabel, Brian Zumhagen, Benjamin Stein im Gespräch auf dem arte-Stand
••• Vorgestern gab es auf Einladung des Goethe-Institutes auf der Leipziger Buchmesse ein Wiedersehen mit Brian Zumhagen. Am arte-Stand sprachen wir, moderiert von Bernd Zabel, 40 Minuten über »The Canvas«, die US-Ausgabe der »Leinwand«, das Zustandekommen der Übersetzung und Übersetzungsfragen. Wie übersetzt man ein deutsche Wortspiel Wechslers, der ein aus dem Polnischen übersetztes Gedicht zitiert?
Wie auf Stichwort erreichte uns dann gestern die Nachricht, das der New Yorker Sender WNYC nun doch noch das Interview gesendet hat, das Brian und ich im Oktober in New York gegeben haben. Wir hatten schon nicht mehr damit gerechnet, dass es noch kommen würde. Leonard Lopate und seine Show sind für New Yorker Radio-Hörer so etwas wie eine Institution. Dass der Beitrag nun doch noch gelaufen ist, hat uns sehr gefreut. Man kann ihn online nachhören, unter anderem »» hier.
Interview mit Brian Zumhagen und Benjamin Stein
in »The Leonard Lopate Show« vom 14.03.2013
••• Ich sortiere diesen Beitrag in die Rubrik »Poetik«, denn was der Mönch Ajahn Brahm hier über das Sterben und die Zeit danach erzählt, beschreibt genau, was ich bislang für eine poetische oder auch mystische Disziplin gehalten habe. Im einen Fall beschränkt auf literarische Welten, im anderen auf eine spekulative Zone, die man vielleicht nie betreten wird. Brahm allerdings zeigt in diesem Vortrag, dass wir irgendwann alle einmal in die Situation kommen, wo es allein von unserer Imagination abhängt, in welche Welt wir gehen.
Besonders sympathisch dabei ist Brahms Schlussfolgerung: Sie müssen übrigens damit nicht warten, bis Sie sterben.
Es lohnt übrigens, den Vortrag bis zum Ende anzuhören. Es gibt einen schönen Witz über – Pinguine.