Archiv der Kategorie 'Replay'

Für den Zettelkasten

Freitag, den 22. Mai 2009

Im Christentum sah Hitler die Fortsetzung des Judentums, eine Erfindung des Juden Paulus; die christliche Moral widersprach seinem Menschenbild; kompromisslose Ablehnung und Vernichtung war sein Programm. Er betrachtete sich dazu berufen, insbesondere die katholische Kirche ebenso wie Judentum und Bolschewismus zu vernichten. … »Der Faschismus mag in Gottes Namen seinen Frieden mit der Kirche machen. Ich werde das auch tun. Warum nicht! Das wird mich nicht abhalten, mit Stumpf und Stiel, mit all seinen Wurzeln das Christentum aus Deutschland auszurotten. Man ist entweder Christ oder Deutscher. Beides kann man nicht sein.« [O-Ton Hitler]. … Im Zusammenhang mit dem Röhm-Putsch (Juni 1934) ließ er auch katholische Kirchenführer wie die Laien Erich Klausener und Edgar Julius Jung ermorden. Zum Boykott jüdischer Geschäfte war schon erstmals im April 1933 aufgerufen worden.

Franzen, Kleine Kirchengeschichte. Herder Verlag.

••• Ich muss mir das mal eben als O-Ton merken mit Bezug auf diesen und jenen Beitrag.

via: Elsas Nacht(b)revier

Wir

Mittwoch, den 22. April 2009

Jewgenij Samjatin (1923)
Jewgenij Samjatin (1923) – gemalt von Boris Mikhailovich Kustodiev (1878-1927)

••• In Vorbereitung auf die Arbeit an »Pans Wiederkehr« möchte ich mir einige der klassischen Dystopien des letzten Jahrhunderts ansehen. Meine nachhaltigste Begegnung mit diesem Genre war Orwells »1984« (1948). An Huxleys »Brave New World« (1932) erinnere ich mich hingegen kaum. Beim Stöbern nach anderen dystopischen Romanen bin ich auf Jewgenij Samjatins (1884-1937) Roman »Wir« gestoßen, der bereits 1920, also 12 Jahre vor »Brave New World« und 28 Jahre vor »1984« entstand und Orwell wie Huxley als Inspiration diente.

In der sowjetischen Literaturenzyklopädie von 1929/39 wird Samjatin als Renegat und Konterrevolutionär letztmalig offiziell erwähnt und sein in der Sowjetunion nie vollständig erschienener Roman »Wir« als »niederträchtige Schmähschrift auf die sozialistische Zukunft« bezeichnet:

Die Theorien Samjatins sind eine bloße Maskierung der sehr prosaischen und sehr verständlichen Sehnsüchte der Bourgeoisie nach dem verwirkten Wohlstand und ihres Hasses auf diejenigen, die sie dieses Wohlstandes beraubt haben.

Betrachtet man das obige Gemälde, das Samjatin im Jahre 1923 zeigt, könnte man meinen, tatsächlich einen Vertreter der enteigneten russischen Bourgeoisie vor sich zu haben. Dieser Eindruck aber täuscht.


Den ganzen Beitrag lesen »

Land in Sicht

Mittwoch, den 1. April 2009

••• Wie die Agentin mir mitteilt, ist Land in Sicht für die »Leinwand« und damit für mich. In die Suche nach einer neuen Verlagsheimat ist Bewegung gekommen. Genaues kann ich noch nicht schreiben, da noch allerhand zu klären ist. Nur soviel: Der Verhandlungspartner stand und steht ganz oben auf meiner Wunschliste.

Der Weg bis zum Erscheinen dürfte noch weit sein. Doch immerhin kann ich nun dem finsteren Troll, der seit Wochen um mich herumschleicht und flüstert »Bleib doch im Bett, ist eh alles wurscht« die Zunge rausstrecken. Bäääh!

So, und nun frisch an die Arbeit. »Pans Wiederkehr« nimmt langsam Gestalt auf der inneren Leinwand an; und es ist ein Berg von Material zu sichten.

Holocaust-Memoiren

Sonntag, den 15. März 2009

••• Der Skandal um die (bewusst oder unbewusst) gefälschten Holocaust-Erinnerungen eines Kindes, der in der »Leinwand« eine wesentliche Rolle spielt, war – einigen Kritikern zufolge – nur möglich, weil es Ende der 1990er Jahre eine so große Nachfrage nach diesem »Genre« gab. Sogar der unappetitliche Begriff der »Holocaust-Industrie« wurde geprägt. Das Erscheinen von Ruth Klügers Weltbestseller »Weiter leben« fällt in die gleiche Zeit.

Ich mag mich irren, aber es scheint mir, als wäre dieser Trend mit der einsetzenden Obsession mit dem »Authentischen« einhergegangen: reality tv etc. Diese Erinnerungen mussten keine literarischen Highlights sein, aber echt. Und die immer wieder vorkommenden Skandale – erst letztes Jahr wieder einer in Australien – rankten sich denn auch immer um die Enthüllung, dass die jeweiligen Erinnerungen erfunden waren.

»Pans Wiederkehr« soll nun die Geschichte eines Überlebens in dieser Zeit schildern. Die Geschichte, so unglaublich sie scheint, ist authentisch. Es geht mir aber nicht um Erinnern an diese Zeit, sondern um die literarische Gestaltung einer großen Geschichte vom Überleben durch die Liebe, faktisch wie im übertragenen, psychischen Sinne. Also keine Dokumentation, kein Genrestück für die »Holocaust-Industrie«.


Den ganzen Beitrag lesen »

The Best Cigarette

Freitag, den 13. März 2009

Billy Collins: The Best Cigarette

There are many that I miss
having sent my last one out a car window
sparking along the road one night, years ago.

The heralded one, of course:
after sex, the two glowing tips
now the lights of a single ship;
at the end of a long dinner
with more wine to come
and a smoke ring coasting into the chandelier;
or on a white beach,
holding one with fingers still wet from a swim.

How bittersweet these punctuations
of flame and gesture;
but the best were on those mornings
when I would have a little something going
in the typewriter,
the sun bright in the windows,
maybe some Berlioz on in the background.
I would go into the kitchen for coffee
and on the way back to the page,
curled in its roller,
I would light one up and feel
its dry rush mix with the dark taste of coffee.

Then I would be my own locomotive,
trailing behind me as I returned to work
little puffs of smoke,
indicators of progress,
signs of industry and thought,
the signal that told the nineteenth century
it was moving forward.
That was the best cigarette,
when I would steam into the study
full of vaporous hope
and stand there,
the big headlamp of my face
pointed down at all the words in parallel lines.

© Billy Collins


Den ganzen Beitrag lesen »

Pans Labyrinth

Mittwoch, den 4. März 2009

Szenenfoto aus »Pans Labyrinth«
Der Pan (Doug Jones)

A maze is a place where you get lost. But a labyrinth is essentially a place of transit, an ethical, moral transit to one inevitable centre.

Guillermo del Toro
in einem Interview mit »The Guardian«

••• Einer der beeindruckendsten Filme, die ich in den letzten Jahren mit der Herzdame angesehen haben, war sicher »Pans Labyrinth« von Regisseur Guillermo del Toro. Mir gefiel besonders der Pan und Ofélias Versuch, das Grauen mit Poesie und Imagination zu besiegen.

Der Pan wird nun eine Hauptrolle spielen in einem neuen Roman, für den ich mir selbst mit diesem Beitrag das offizielle Startsignal gebe. Der Arbeitstitel (und damit eine neue Rubrik im Turmsegler): Pans Wiederkehr.

Mein Pan wird allerdings kein Faun sein, wie er es nach dem Filmscript del Toros sein sollte, sondern Pan, der Hirtengott und Herrscher Arkadiens, der Tiere und Menschen, denen er erscheint, in »panischen« Schrecken versetzt.


Den ganzen Beitrag lesen »