Archiv der Kategorie 'Replay'

Angst und Verrat

Sonntag, den 5. Juni 2011

Nicht einmal diese Aussichten konnten meinen Enthusiasmus bremsen. Ich war entschlossen und unterschrieb den Vertrag, und während ich es tat, beschäftigte mich der einzige Gedanke, der mir bei diesem Vorhaben wirklich Angst machte: Ich würde mit Katelyn reden müssen. Seit Monaten hatte ich wortreich versucht, sie von einer Laser-OP an ihren kurzsichtigen Augen abzubringen. Nun würde ich ihr erklären müssen, wie ausgerechnet ich mich auf das Abenteuer eines solchen ungleich gewagteren Eingriffs einlassen konnte.

Beim damaligen Stand unserer Beziehung hätte ich mich nicht erklären müssen. Genau das aber war der Punkt: Wenn ich ihr abgeraten hatte, dann nicht, weil ich ihre falschen grünen Augen so sehr liebte, dass ich auf sie nicht hätte verzichten können, sondern weil ich mich um Katelyn sorgte. Ich redete mir ein, dass sie womöglich gerade dieser Sorge wegen bisher auf die Operation verzichtet hatte, weil sie an meiner Stelle ähnlich empfunden hätte. Wie konnte ich nun etwas tun, das sie sich selbst meinetwegen versagte?


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Spuren von THC

Samstag, den 4. Juni 2011

EEGMit der Firma, das heißt mit Matana, war ich schnell handelseinig. Es ging um Versorgungsfragen. Was würde geschehen, wenn etwas schiefging, ich etwa das Augenlicht verlor oder irgendwelche anderen irreparablen Schäden davontrug? Eine Versicherung kam bei diesem Geheimprojekt nicht infrage. Die Firma würde sich kümmern müssen. Und das würde sie, ließ mich Matana wissen. Er hatte, wie sich herausstellte, bereits alles geplant und vorbereitet. Die Anwälte hatten einen Vertrag aufgesetzt, der alle Eventualitäten regelte und nur noch auf meine Unterschrift wartete.

Einige der Regelungen, die der Vertrag für die Dauer des Experiments vorsah, überraschten mich, weil sie den Eindruck erweckten, als sollte ich unter Personenschutz gestellt werden. Ich würde einen Fahrer bekommen, weil wir die Auswirkungen des Experiments auf meine Fahrtüchtigkeit noch nicht abschätzen und keinen Unfall riskieren konnten. Auch sollte ich eine Art medizinischer Leibgarde erhalten. Ein Team von ausgesuchten Ärzten würde sich um mich kümmern, und einer von ihnen würde immer in meiner Nähe sein, tags wie nachts. Überhaupt würden die Ärzte nun erst einmal das Regime übernehmen.


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Winzige Schnitte hinter den Ohren

Freitag, den 3. Juni 2011

Es war ein weiter Weg bis hierhin, und ich denke, ich darf mit Recht stolz sein auf das Erreichte. Am Anfang standen Entbehrungen, Überwindung und harte körperliche Arbeit, womit ich nicht gerechnet hatte. Heutzutage ist die Implantation ein ambulanter Eingriff. Man geht morgens nüchtern in die Klinik. Nach einigen Untersuchungen wird das UniCom eingepflanzt, und am Nachmittag geht man als veredelter Mensch nach Hause, beschenkt mit geschärften Sinnen und eingeklinkt in den nicht versiegenden Strom weltweiter Kommunikation. Nur die winzigen Schnitte hinter den Ohren zeugen von der Operation. Sie heilen innerhalb einer Woche. Danach erkennt man den Neubürger nur noch am ruhig pulsenden blauen Licht der Statusindikatoren, zwei winzigen runden Leuchtdioden, die im Halbminutentakt unter der Haut an den Schläfen aufblinken – als Beweis der Erleuchtung, der Adelung, der Aufnahme in die gehobene Schicht der Eingeweihten, der Vernetzten, der wahren Staatsbürger.


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In Turbulenzen

Donnerstag, den 2. Juni 2011

Moran Haynal: Cover-Entwurf für ein noch nicht geschriebenes Buch••• Hinter mir liegen drei turbulente Monate, Kämpfe an zu vielen Fronten, Erschöpfung, Verstörung, Enttäuschung und Trauer. Ich kann und will das hier nicht öffentlich verhandeln. Einige dieser Kämpfe waren erfolgreich, bei anderen ist der Ausgang noch ganz ungewiss. Das jedenfalls war keine Zeit zum Schreiben. Ich war froh, dass ich jeden Tag aufgestanden bin und meiner Lohnarbeit nachgehen konnte. Ich war mehr als skeptisch, was die beiden anstehenden Romane »Replay« und »Diamond District« angeht. Vor zwei Wochen nun musste ich Farbe bekennen. Niemand setzt mich unter Druck, aber alle Beteiligten rechnen Ende August mit einem abgeschlossenen (und gelungenen) »Pan«-Manuskript. Es wäre kein Weltuntergang, wenn das Erscheinen verschoben werden müsste, aber gut wäre es nicht.


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Erwachen in Arkadien

Dienstag, den 15. Februar 2011

Rochen

Eben bin ich noch geschwebt, in einem nächtlichen Meer. Dunkel ringsum, nur weit über mir flirrte rund und fahl der Mond und warf einen schmalen Streif Licht herab, in dem das Plankton flimmerte wie eine Sternenschar. Ein gewaltiger Rochen segelte auf mich zu und über mich hinweg, so nah, dass ich von unten seinen weißen Bauch, die pumpenden Kiemen, das schmale Maul und die wie irr starrenden Augen sehen konnte. Beinahe hätte mich die Spitze einer Flosse gestreift. Ich ließ mich langsam, langsam nach oben treiben und tauchte auf. Windstill war es, und das wie bleiern ruhende Meer schien unendlich weit und schwarz. Ich schloss die Augen und ließ mich treiben. Das Schwarz wechselte nach und nach in ein tiefes und schließlich ein helleres Blau.

Und jetzt … dringt warmgelbes Licht durch meine geschlossenen Lider, als läge ich in der Mittagssonne auf einer Sommerwiese. Ich öffne die Augen, und die Wiese ist tatsächlich da. Ich liege nackt im Gras, und dicht neben mir liegen zwei Frauen, Katelyn und Lian. Auch sie sind nackt. Bauch an Rücken aneinander geschmiegt, lächeln sie versonnen im Schlaf, als schwelgten sie in zärtlichen Träumen…


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Wem auch immer der Huf gehört…

Freitag, den 4. Februar 2011

Colored Contact Lenses

Katelyn und Hayman, nackte Nymphen, Pan und ein Anfall von Zärtlichkeit. Und schließlich Matana, ein unterbrochenes Schachspiel, Ameisen und ein Angebot, das mir Angst machte. Das war der gestrige Abend. Dass ich überhaupt einschlafen konnte, grenzt an ein Wunder. Jetzt sind sie alle fort, nur die Angst ist geblieben. Ich liege im Bett, die Decke bis zur Nase hochgezogen, und wage es nicht, die Augen zu öffnen.

»Nichts aber gleicht dem Gift aus deinen grünen Augen…« An diese Zeile Baudelaires dachte ich, als ich Katelyn im Fahrstuhl traf und zum ersten Mal in ihre unwirklich grünen Augen sah.


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Hängepartie

Donnerstag, den 3. Februar 2011

Als vor einigen Jahren die ersten 3D-Filme in den Kinos gezeigt wurden, war ich nie versucht, mir einen anzuschauen, weil ich davon ausging, ich würde nichts davon haben. Inzwischen gibt es manche Filme nur noch in 3D. Also habe ich es versucht. Als ich die 3D-Brille, die ich am Eingang bekommen hatte, aufsetzte, war ich noch skeptisch. Als dann aber der Vorhang aufging und der Film begann, überwältigten mich die Bilder wie nichts anderes je zuvor. Ich hatte keine Ahnung, wie es funktionierte, aber das tat es. Starrte der Held in einen Abgrund, fühlte ich tatsächlich die gähnende Tiefe. Alles kippte ins Bodenlose. Ich stürzte in eine völlig unbekannte Welt und wälzte mich genussvoll in den Bilderfluten. Es war wie ein Trip, ein berauschendes Fest, wie ich es noch nie erlebt hatte.

Läufer e2-d3 diktierte ich meinen nächsten Zug, und während Matana schrieb und ich setzte, gab ich zu, dass es schön wäre.

Schön! Matana seufzte. Das ist alles?

Zum ersten Mal zog er die Dame: d8-c8. Er brachte die Artillerie in Stellung.


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