Archiv der Kategorie 'Prosa'

Eine Beschwörung

Montag, den 13. Juli 2009

Krötenkarneval

Markus A. Hediger: Krötenkarneval – Autobiographische Fiktionen
ISBN 978-39523236-5-6, 160 Seiten, Gallimard-Paperback












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••• Dies ist eine Beschwörung. Schaut in den »Rückspiegel« und stellt fest: Wer Hedigers Buch noch nicht gelesen hat, der hat etwas verpasst. Und das würde ich auch felsenfest behaupten, wenn ich nicht der Verleger dieses wunderbaren Bandes wäre. Die Titelgrafik übrigens stammt von der Herzdame, nach wie vor mein favorisiertes Cover unter den Editionstiteln.

Finstere Bilanz

Montag, den 13. Juli 2009

J. D. Salinger 2009
J. D. Salinger (2009)

••• In den letzten zwei Wochen habe ich zum ersten Mal Salinger gelesen. Um welches Buch es sich handelte, muss man ja nicht erwähnen. Ich war enttäuscht und begeistert. Enttäuscht hat mich der nach meinem Geschmack völlig unspannende Ablauf dieser Teenager-Geschichte. Begeistert hingegen war ich von der für mein Gefühl sehr gut getroffenen Sprache, die Salinger seinem Helden Caulfield verpasst. Ich habe die aktuelle Ausgabe von Kiepenheuer & Witsch gelesen in der Übersetzung also von Eike Schönfeld von 1962 und offenbar im Jahr 2003 nachträglich in die neue deutsche Rechtschreibung übertragen, die mir an manchen Stellen wirklich Beschwerden bereitet. Es tut mir Leid. Auch wenn das sinnvoll ist, ich gewöhne mich nur allzu langsam daran und stocke jedes Mal wieder im Lesefluss.

Wie es möglich war, dass sich dieser Roman unterdessen sage und schreibe mehr als 75 Millionen mal verkauft hat, ist mir ein Mysterium. Als Autor ist Salinger nach diesem Streich verstummt und ist es bis heute – 40 Jahre später – geblieben. Ich finde das okay. Wer wollte einen Autor zwingen, Buch auf Buch zu schreiben, nur weil dieser Roman ein solcher Erfolg war?

D. G. Myers vom »Commonplace Blog« sieht das in seinem Beitrag »Suspended in literary amber«, den ich bei ihm – what a coincidence – vor wenigen Tagen las, weniger versöhnlich:

Like an overprotective parent, Salinger has fought desperately to prevent Holden from achieving independence, and the folie à deux has arrested the development of both. Among other things, The Catcher in the Rye is a less interesting novel because it has had no descendants and inheritors, only rivals and apes.

Spurwechsel

Freitag, den 10. Juli 2009

Diamond District Antwerpen
Diamond District Antwerpen

••• Dem treuen Team, das mir während der Arbeit an der »Leinwand« zur Seite stand, habe ich gestern ein ausführliches Exposé für einen neuen Roman geschickt. Die Antworten waren so, dass mir nun wohl nichts anderes übrig bleibt, als jäh die Spur zu wechseln, »Pans Wiederkehr« links liegen zu lassen und mit den Recherchen für dieses neue Buch zu beginnen. Es ist eine faszinierende Geschichte, und es wird wieder eine herausfordernde und – wie ich finde – interessante Erzählkonstruktion. Arbeitstitel: »Diamond District«.

Ein Exposé ist noch kein Buch, sagt die Herzdame gerade. Nun ja, das ist wohl so. Aber so klar wie dieses Buch habe ich »Die Leinwand« anfänglich noch nicht vor Augen gehabt.

Wieviel Erde braucht der Mensch?

Dienstag, den 30. Juni 2009

Der Knecht nahm die Hacke, grub Pachom ein Grab, genau so lang wie das Stück Erde, das er mit seinem Körper, von den Füßen bis zum Kopf, bedeckte – sechs Ellen –, und scharrte ihn ein.

••• ANHs gestrige Bemerkung zu Michael Jackson scheint mir deutlich den Tatbestand der Herzlosigkeit zu erfüllen. Ich stehe nicht unbedingt im Verdacht, ein ausgesprochener Jackson-Fan zu sein. Lasse ich aber einmal diese Biographie Revue passieren, sehe ich eine Art Sklaven vor mir, der weder je Kind sein noch später kaum einmal er selbst sein durfte. Es mag ihm sogar schwer gefallen sein, zu erahnen, was dieses Selbst tatsächlich hätte ausmachen können.

Den derzeit hinausgespülten Berichten über Jackson kann man kaum glauben. Aber in einigen scheint mir doch das gewisse Körnchen Wahrheit zu stecken. Allein der Bericht der »Daily Mail« vom letzten Wochenende kann einem das kalte Grausen bereiten. Man muss den Eindruck gewinnen, da sei jemand kalkuliert in den Tod gehetzt worden – weil er tot mehr »wert« ist als lebendig.

Da fällt es mir schwer, nachzuvollziehen, wie man die Bemerkung »Einer weniger, na und? Ja, wenn es Mantler gewesen wäre oder Jack Bruce…« so leicht über die Lippen bekommt. Diese Art Wertung eines Menschen unterscheidet sich von jener der gierigen Eltern und »Berater« nur in der Währung.

Gier… Bei diesem Stichwort fielen mir die einfachen einstöckigen Häuschen mit Flachdach auf Fuerteventura ein, die man dort gelegentlich sieht. Jemand erzählte mir, dass auf der Insel nach wie vor ein altes spanisches Gesetz in Kraft ist, das folgendes festlegt: Gelingt es jemanden, binnen 24 Stunden ein vollständiges bewohnbares Haus auf herrenlosem Grund zu errichten, erwirbt er damit das lebenslange unentgeltliche Bleiberecht auf dem vereinnamten Boden.


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Die Stadt der Blinden

Mittwoch, den 24. Juni 2009

José Saramago
José Saramago (*1922)

••• Wieder bin ich über eine ungeheuerliche Bildungslücke gestolpert. Vor zwei Tagen sah ich mit der Herzdame »Die Stadt der Blinden«, einen dystopischen oder Endzeitfilm, womöglich auch nur eine surrealistische Fiktion, gedreht nach einem Roman des portugiesischen Autors José Saramago. Ich konnte mir mit Mühe den Namen merken. Gehört hatte ich von ihm zuvor noch nie. So bekannt ist er ja auch nicht, sieht man mal vom Nobelpreis ab, den er 1998 verliehen bekam… (Wo habe ich damals eigentlich gelebt? Auf dem Mond? Reden wir nicht darüber.)

Durch eine bislang unbekannte, höchst ansteckende Infektionskrankheit erblinden binnen kurzer Zeit immer mehr Menschen schlagartig. In den ersten Tagen reagiert die Regierung mit den üblichen Epidemie-Massnahmen: Die Betroffenen werden in Quarantäne genommen. Da die Blindheit so extrem leicht übertragbar ist, gehen die Behörden allerdings auch besonders strikt vor. Eine verlassene Irrenanstalt wird als Quarantäne-Revier ausersehen, die Erblindeten am Eingang abgeladen und weggesperrt. Sie müssen sich selbst behelfen. Wer sich der Umzäunung nähert, wird von den Wachsoldaten erschossen.


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