Archiv der Kategorie 'Poetik'

Oulipo oder Hunderttausend Milliarden Gedichte

Sonntag, den 2. Mai 2010

••• »Oulipo« ist ein Akronym. Es steht für »L‘ Ouvroir de Littérature Potentielle«, also »Werkstatt für Potentielle Literatur«. Es bezeichnet auch einen Autorenkreis, gegründet 1960 von François Le Lionnais und Raymond Queneau, dem sich Surrealisten ebenso anschlossen wie Mitglieder des logenartigen »Collège de ’Pataphysique« und die Mathematiker des Kollektivs »Nicolas Bourbaki« (ein Gemeinschaftspseudonym).

Die Potentielle Literatur basiert auf dem Credo: Kein Spiel ohne Regeln. Nun könnte man sagen, Sprache an sich sei bereits ein Regelwerk. Mag sein, antworten die Oulipiens, aber: Die Festlegung von Regeln, die (auch) über das System Sprache hinausgehen (also etwa Vokabular oder Grammatik), würden durch bewusste Beschränkung einen neuen Verständnishorizont eröffnen. Die Regeln können mathematischer Natur sein (daher das Interesse der Mathematiker) oder auch poetologisch.


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Vom verlorenen Akkusativ

Dienstag, den 27. April 2010

Swetlana Geier - Foto: © Nikolaus Stauss
Swetlana Geier • Foto: © Nikolaus Stauss

••• Vor vielen Jahren hat mir mein damaliger Verleger Egon Ammann einen sehr zu recht in Leder gebundenen Wälzer geschenkt: »Verbrechen und Strafe« von Dostojewski in der – wie man unschwer schon am Titel erkennen kann – vielgerühmten Übertragung von Swetlana Geier.

Leider habe ich die Grande Dame der russisch-deutschen Literaturübersetzung nie persönlich kennenlernen dürfen. Aber seit dieser ersten Lektüre habe ich sie verehrt. Dafür gibt es viele Gründe, nicht nur ihr ungeheures Können als Übersetzerin. Wer den aktuellen »Spiegel« 17/2010 zur Hand nimmt, wird das vermutlich unschwer nachfühlen können. Die inzwischen 87 Jahre junge Dame hat dem »Spiegel« ein Interview gegeben.


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Ein bibliophiler Schatz

Sonntag, den 18. April 2010

Wladimir Majakowski: »Wie macht man Verse?«, Verlag Volk und Welt 1949
Wladimir Majakowski: »Wie macht man Verse?«, Verlag Volk und Welt 1949

••• Erinnert sich noch eine(r): Wladimir Majakowski ist jener unsterbliche futuristische Dichter, der vor genau zwei Jahren hier im Turmsegler eine Gastkolumne über das Versemachen schrieb – und unerkannt blieb, weil er, wie wir herausfanden, 20x weniger berühmt ist als Salinger (sic!).

Einen Gastbeitrag ganz besonderer Art kann ich heute ankündigen. Es handelt sich sogar um eine Reihe von Gastbeiträgen, also gewissermaßen eine Gastkolumne.

Das Thema ist schwergewichtig: Was ist Dichtung? Und: Wie schreibt man Verse? Dass ich keinen Zweifel daran hege, dass der Kolumnist uns Wesentliches zu sagen haben wird, das wird nicht verwundern, wenn ich den Namen des Autors nenne: Wladimir Majakowski.

Er hat übrigens zugesagt, sich an allfälligen Diskussionen hier im Turmsegler zu beteiligen.

Ich hatte mir das so schön ausgedacht, und doch ging die Reihe völlig in die (Wolke in) Hose(n). Zu schade!

Letzte Woche nun fuhr ich mit einer Freundin in Berlin zur Lesung im LCB am Wannsee raus, und sie zog ein Geschenk für mich aus der Tasche. Ich konnte es kaum glauben: In einem Antiquariat hatte sie die deutsche Erstausgabe von »Wie macht man Verse?« des Verlages Volk und Welt von 1949 in bestem Zustand gefunden. Und schenkte es mir. Ich strahlte.


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Ten rules for writing fiction

Dienstag, den 23. März 2010

Don’t write in public places. In the early 1990s I went to live in Paris. The usual writerly reasons: back then, if you were caught writing in a pub in England, you could get your head kicked in, whereas in Paris, dans les cafés . . . Since then I’ve developed an aversion to writing in public. I now think it should be done only in private, like any other lavatorial activity.

Geoff Dyer

••• Schreibratgeber sind Blödsinn. Oder doch nicht? Sagen wir es mal so: Die Tipps gestandener Autoren, die der Telegraph gerade veröffentlicht hat, mögen einen nicht zu einem besseren Autor machen, aber sie sind ohne Frage sehr kurzweilig zu lesen. Den einen oder anderen gurgelnden Lacher über sich selbst eingeschlossen.

Der ist doch gut:

Don’t have arguments with your wife in the morning, or late at night. (Richard Ford)


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The Future of Publishing

Donnerstag, den 18. März 2010

••• Bis kommenden Sonntag bin ich in Leipzig. Updates gibt es über Facebook und @Turmsegler auf Twitter. Vielleicht. Vielleicht lese ich auch ein Buch.

Übersetzte Identität

Donnerstag, den 11. Februar 2010

••• Als mein Großvater 1933 auf Schleichwegen Deutschland verließ, hatte er nur noch seine Mutter, die ihn an der Hand hielt, und die Sachen, die er am Leib trug. Er trug freilich auch Erinnerungen mit sich, etwa an seinen Vater, wenige Tage zuvor in der Nacht abgeholt und totgeschlagen. Und natürlich hatte er die deutsche Sprache, die einzige, die er verstand. Auch seine Mutter und seine Sprache hätte er verlieren sollen, wäre es nach dem Willen der »Gastgeber« im Exil-Land gegangen.

Er kam in die Sowjetunion. Stalin misstraute den deutschen Exilanten, und so trennte man die Kinder von den Eltern, um wenigsten sie noch zu loyalen Sowjetkommunisten erziehen zu können. Man schickte die Kinder ins »Allunions-Pionierlager Artek«. Deutsch zu sprechen, war dort verboten. Die Sprache des Feindes abzulegen und ins Russische einzutauchen, war elementarer Bestandteil des Umerziehungsprozesses.


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Buchhandel im Jahr 2020

Donnerstag, den 4. Februar 2010

••• Wie wird der Buchhandel im Jahr 2020 aussehen? Diese Frage stellen Arnd Roszinsky-Terjung und Andreas Meyer in der aktuellen Ausgabe des Branchenmagazins »BuchMarkt« (01/2010). Der Beitrag richtet sich an Buchhändler und Verlage, jene, für die das Verständnis des Buches als Ware überlebenswichtig ist. Die Autoren stellen fest, dass es nicht um die Frage geht, wie die Zukunft des Mediums Buch – gegenüber etwa Hörbüchern oder eBooks – aussehen könnte, sondern darum, wie die Buchbranche künftig ihre Kernkompetenz definiert.


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