Archiv der Kategorie 'Musik'

Dutch Delight

Freitag, den 29. Januar 2010

»Yuri Honing Acoustic Quartet« am 28. 01. 2010 in der Münchner »Unterfahrt«
»Yuri Honing Acoustic Quartet« am 28. 01. 2010 in der Münchner »Unterfahrt«

••• Die Münchner »Unterfahrt« ist für Jazzfreunde immer einen Besuch wert. Was allerdings gestern dort geboten wurde, war Jazz der Extraklasse.

Der Babysitter war bestellt, damit wir – die Herzdame, mein Busenfreund Jens-Christian und ich – gebührend den geglückten Start der »Leinwand« feiern konnten. Jens-Christian ist Schweizer, seit letztem Sommer aber drei Tage die Woche in München bei einem IT-Kunden, und da ich ihm einige der besten Tipps in Sachen Jazz verdanke, wollten wir ihn unbedingt einmal in die »Unterfahrt« ausführen. Dass wir es ausgerechnet gestern getan, war ein Glücksfall, denn wir wurden geradezu beschenkt mit Jazz in mystischer Dimension.

Es spielte das »Yuri Honing Acoustic Quartet«, bestehend aus dem Sax-Player Yuri Honig, Pianist Wolfert Brederode, Bassist Frans van de Hoeven und dem Drummer Joost Lijbaart, allesamt Holländer.


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Bendigamos al Altísimo

Mittwoch, den 5. August 2009

Bendigamos al Altísimo,
Al Senor que nos crió,
Démosle agradecimiento
Por los bienes que nos dió.

Alabado sea su Santo Nombre,
Porque siempre nos apiadó.
Load al Senor que es bueno,
Que para siempre su merced.

Bendigamos al Altísimo,
Por su Ley primeramente,
Que liga a nuestra raza
Con el cielo continuamente.

Alabado sea su Santo Nombre,
Porque siempre nos apiadó.
Load al Senor que es bueno,
Que para siempre su merced.

Bendigamos al Altísimo,
Por el pan segundamente,
Y también por los manjares
Que comimos juntamente.

Pues comimos y bebimos alegremente
Su merced nunca nos faltó.
Load al Senor que es bueno,
Que para siempre su merced.

Bendita sea la casa esta,
El hogar de su presencia,
Donde guardamos su fiesta,
Con alegría y permanencia.

Alabado sea su Santo Nombre,
Porque siempre nos apiadó.
Load al Senor que es bueno,
Que para siempre su merced.

••• Das jüdische Tischgebet, ein Danksegen nach dem Essen, ist lang. Singt man es, braucht man etwa sieben Minuten. Nach spanisch-portugiesischer Tradition wird im Anschluss noch ein weiteres Lied gesungen, das man als Zusammenfassung des langen Tischgebets bezeichnen könnte: »Bendigamos al Altísimo«.

Geschrieben wurde es – meines Wissens und entgegen der Vermutung der Wikipedia, die es für catalanisches Spanisch hält – in Ladino, dem so genannten Judenspanisch.

Die Melodie ist ein Ohrwurm. Ich suche noch nach einer vollständigen Aufnahme. Aber das hier zu hörende Sample der letzten 1 1/2 Strophen vermittelt einen guten Eindruck.

An manchen Tagen steigen in mir, wenn ich es höre, mit Macht die Tränen auf. Heute ist so einer.


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Chanson einer Dame im Schatten

Dienstag, den 5. Mai 2009

Michael Nyman
Michael Nyman

Wenn die Schweigsame kommt und die Tulpen köpft:
Wer gewinnt?
Wer verliert?
Wer tritt an das Fenster?
Wer nennt ihren Namen zuerst?

Es ist einer, der trägt mein Haar.
Er trägts wie man Tote trägt auf den Händen.
Er trägts wie der Himmel mein Haar trug im Jahr, da ich liebte.
Er trägt es aus Eitelkeit so.

Der gewinnt.
Der verliert nicht.
Der tritt nicht ans Fenster.
Der nennt ihren Namen nicht.

Es ist einer, der hat meine Augen.
Er hat sie, seit Tore sich schliessen.
Er trägt sie am Finger wie Ringe.
Er trägt sie wie Scherben von Lust und Saphir:
er war schon mein Bruder im Herbst;
er zählt schon die Tage und Nächte.

Der gewinnt.
Der verliert nicht.
Der tritt nicht ans Fenster.
Der nennt ihren Namen zuletzt.

Es ist einer, der hat, was ich sagte.
Er trägts unterm Arm wie ein Bündel.
Er trägts wie die Uhr ihre schlechteste Stunde.
Er trägt es von Schwelle zu Schwelle, er wirft es nicht fort.

Der gewinnt nicht.
Der verliert.
Der tritt an das Fenster.
Der nennt ihren Namen zuerst.

Der wird mit den Tulpen geköpft.

© Paul Celan, aus: »Niemandsrose«

••• Einige halten Michael Nymans Musik ja für Pop. Die Bezeichnung seines Kammerorchesters als »Michael Nyman Band« mag den Schluss nahelegen, dass er es selbst nicht wesentlich anders sieht. Whatever!

Ich bin auf ihn aufmerksam geworden über die Soundtracks zu den Greenaway-Filmen, namentlich »Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber«. Die Liebhaber-Box mit sämtlichen dieser Soundtracks war dann auch meine erste Nyman-Anschaffung. Anschaffung? Wenn ich es recht bedenke, war diese Box wohl ein Geschenk… Dabei blieb es aber nicht. Zu meinen Lieblingsstücken von Nyman gehören sein Klavierkonzert und die »Musique à Grande Vitesse« (MGV), ein Auftragswerk zur Inbetriebnahme des französischen Hochgeschwindigkeitszuges TGV und ein perfekter Soundtrack für »zügige« Fahrten auf einer leeren deutschen Autobahn ohne Tempolimit. Beide Stücke sind übrigens auf einer CD zu haben.

Ich habe Nymans Veröffentlichungen lange nicht verfolgt. Gestern bin ich per Zufall auf seine Vertonung von sechs Celan-Gedichten gestoßen. Das ist nun ein Muss für Nyman- und für Celan-Fans, umso mehr, wenn – wie bei mir – beides zusammenkommt.

Hillary Summers singt: »Chanson einer Dame im Schatten«
in der Vertonung von Michael Nyman
Michael Nyman Band, aus: »Six Celan Songs«

Weder noch

Freitag, den 17. April 2009

Blumfeld singt »Weder noch« von Georg Kreisler aus den »Liedern eines jüdischen Gesellen«

Meinen Sie, es ist leicht?
Meinen Sie, es ist schwer?
Weder noch, glauben Sie mir.

Meinen Sie, es ist faul?
Meinen Sie, es ist fair?
Weder noch, glauben Sie mir.

Man muß nur wissen, man hat niemals ein Zuhause
und daß man niemals ein Zuhause haben wird.
Und daß man, wenn man einmal sagt: „Ich geh nach Hause“,
sich höchstwahrscheinlich in der Ausdrucksweise irrt.

Meinen Sie, es macht klug?
Meinen Sie, es macht dumm?
Weder noch, glauben Sie mir.

Meinen Sie, man wird laut?
Meinen Sie, man wird stumm?
Weder noch, glauben Sie mir.

Man muß sich nur ein bisserl mehr als andre plagen
und sich nicht leid tun, sonst verliert man die Partie.
Denn ob man klug ist oder dumm ist – man wird sagen:
Sie ist nur klug oder nur dumm, weil sie ist sie.

Meinen Sie, das ist schlimm?
Meinen Sie, das ist gut?
Weder noch, glauben Sie mir.

Meinen Sie, man kriegt Angst?
Meinen Sie, man kriegt Mut?
Weder noch, glauben Sie mir.

Man muß nur denken: Na, was schadet schon das Wandern?
Und man darf weder sich noch andren Leuten grollen.
Denn man muß wissen: Man ist ganz so wie die andern.
Nur daß die andern grade das nicht wissen wollen.

Georg Kreisler, aus:
»Lieder eines jüdischen Gesellen«


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Die alten Weisen

Sonntag, den 15. Februar 2009

Johannes R. Becher
Johannes R. Becher (1891-1958)

Es sind die alten Weisen,
die neu in uns erstehn,
und die im Wind, dem leisen,
von fern herüber wehn.
Wenn sich die Wipfel neigen,
allabendlich im Wind,
dann gehn durch unser Schweigen,
sie, die gefallen sind.

Es sind die alten Lieder,
die singen neu aus mir,
und wie vorzeiten wieder,
am Abend singen wir.
Es ist in uns ein Raunen
und wird zum großen Chor,
und zu den Sternen staunen,
staunen wir empor!

Johannes R. Becher
aus: »Neue deutsche Volkslieder«,
vertont von Hanns Eisler

••• Als Nachtrag zum letzten Beitrag hier der vollständige Text der »Alten Weisen«. Ich bekomme noch immer eine Gänsehaut, wenn ich das Lied höre, und ich singe unweigerlich sofort mit.

14 Arten, den Regen zu beschreiben

Sonntag, den 15. Februar 2009

Hanns Eisler im Gespräch mit Bertolt Brecht
Hanns Eisler im Gespräch mit Bertolt Brecht (Quelle: Bundesarchiv)

••• Ich habe eine Schwäche für Eislers »Neue deutsche Volkslieder«. (»Es sind die alten Weisen, die neu in uns erstehn…«) Während meiner (zu kurzen) Gesangsausbildung habe ich sie allesamt einstudiert. Damals stieß ich in einer Eisler-Werkliste auf einen Titel, den ich nie vergessen habe: »14 Arten, den Regen zu beschreiben«. Gehört habe ich das Stück jedoch nie. Gestern fiel mir der Titel wieder ein, als ich über »Todesarten« assoziierte.

Bei Classics Online, einem MP3-Download-Portal (320kbps und kein DRM!) des Classic-Labels Naxos, habe ich nun eine Aufnahme gefunden.

Irgendwo habe ich gelesen, das Wort »Todesarten« sei in sich falsch. Es müsse »Sterbearten« heißen, denn während es viele Varianten des Sterbens gäbe, wäre das Ergebnis, das Tot-Sein immer das gleiche. Das Argument ist nur auf den ersten Blick einleuchtend. Es ist ein atheistisches Argument, lassen doch fast alle Religionen Raum für individuelle Fortsetzungen nach dem Sterben. Das Wort »Todesarten« bezeichnet allerdings nicht das Danach, sondern tatsächlich die Arten des Sterbens. Man muss ja aber, würde man das Wort als themengebenden Titel wählen, es nicht bei dieser Bedeutung belassen.


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