Archiv der Kategorie 'Lyrik'

Jahrbuch der Lyrik

Freitag, den 16. Mai 2008

Jahrbuch der Lyrik 2008 ••• Seit 1979 erscheint jährlich – und somit dieses Jahr zum 26. Mal – das „Jahrbuch der Lyrik“, eine Anthologie unveröffentlichter deutschsprachiger Gedichte. Während das Jahrbuch unterdessen durch diverse Verlage gewandert ist (Claassen, Luchterhand, C. H. Beck und nun schließlich S. Fischer) wird die Auswahl seit 1979 konstant von Christoph Buchwald besorgt, jeweils unterstützt von einem wechselnden Mitherausgeber aus dem Lager der Autoren. Für das diesjährige Jahrbuch konnte sich Buchwald der Mitarbeit von Ulf Stolterfoht versichern.

Ganze 150 Gedichte galt es aus den 5.000 eingesandten auszuwählen. Leicht haben es sich die Herausgeber sicher nicht gemacht. Die Nachworte von Stolterfoht und Buchwald belegen das eindrücklich. Gelohnt hat die Mühe allemal. Was die beiden Herausgeber hier vorlegen, ist eine durchgehend interessante Sammlung, ein Kaleidoskop der deutschen Gegenwartslyrik – wobei die Autoren die Geburtsjahre der Autoren etwa zwischen 1930 und 1980 liegen. Entsprechend vielgestaltig sind die Stile und Formen, die Themen und Handschriften.


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Tenebrae

Freitag, den 2. Mai 2008

Tregua – Luis Vence
Tregua – © Luis Vence

Nah sind wir Herr,
nahe und greifbar.

Gegriffen schon, Herr,
ineinander verkrallt, als wär
der Leib eines jeden von uns
dein Leib, Herr.

Bete, Herr,
bete zu uns,
wir sind nah.

Windschief gingen wir hin,
gingen wir hin, uns zu bücken
nach Mulde und Maar.

Zur Tränke gingen wir, Herr.

Es war Blut, es war,
was du vergossen, Herr.

Es glänzte.

Es warf uns dein Bild in die Augen, Herr.
Augen und Mund stehn so offen und leer, Herr.
Wir haben getrunken, Herr.
Das Blut und das Bild, das im Blut war, Herr.

Bete, Herr.
Wir sind nah.

Paul Celan
aus: „Sprachgitter“

••• Eine Ergänzung zum Video von gestern: „Tenebrae“ stammt aus dem Band „Sprachgitter“. Ich war zunächst verwundert über die christliche Symbolik, die man bei Celan nicht vermuten würde. Der Schlüssel zum Verständnis liegt im Titel, dessen Bedeutung ich nachschlagen musste.


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Zwei Gedichte von Luft

Donnerstag, den 1. Mai 2008

Ich setzte den Fuß in die Luft und sie trug (Poem)

Hoffnung und Liebe! Alles zertrümmert!
Und ich selber, gleich einer Leiche,
Die grollend ausgeworfen das Meer,
Lieg ich am Strande,
Am öden, kahlen Strande,
Vor mir woget die Wasserwüste,
Hinter mir liegt nur Kummer und Elend,
Und über mich hin ziehen die Wolken,
Die formlos grauen Töchter der Luft,
Die aus dem Meer, in Nebeleimern,
Das Wasser schöpfen,
Und es mühsam schleppen und schleppen,
Und es wieder verschütten ins Meer,
Ein trübes, langweilges Geschäft,
Und nutzlos, wie mein eignes Leben.

••• Es dauerte einen Moment, bis ich im obigen Video Klaus Maria Brandauer erkannte. Es handelt sich um einen Ausschnitt aus dem Film-Poem oder Poem-Film „Poem – Ich setzte den Fuß in die Luft und sie trug“.

Es lohnt, den Ausschnitt bis zum Ende anzuschauen. Es werden zwei Gedichte inszeniert. Das zweite stammt von Paul Celan: „Tenebrae“. Das muss ich mir einmal heraussuchen und genauer besehen.

Verblüfft war ich bei diesem Video aber besonders vom ersten Gedicht. Ich hatte keine Ahnung, von wem es stammt, wie es heißt. Und nie und nimmer wäre ich auf den Namen des Autors gekommen: Heinrich Heine.


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mulberry fields

Sonntag, den 13. April 2008

Mulberry Homestead

they thought the field was wasting
and so they gathered the marker rocks and stones and
piled them into a barn they say that the rocks were shaped
some of them scratched with triangles and other forms they
must have been trying to invent some new language they say
the rocks went to build that wall there guarding the manor and
some few were used for the state house
crops refused to grow
i say the stones marked an old tongue and it was called eternity
and pointed toward the river i say that after that collection
no pillow in the big house dreamed i say that somewhere under
here moulders one called alice whose great grandson is old now
too and refuses to talk about slavery i say that at the
masters table only one plate is set for supper i say no seed
can flourish on this ground once planted then forsaken wild
berries warm a field of bones
bloom how you must i say

© Lucille Clifton (2004)
als Video »» hier…

Hexameter, pah!

Montag, den 24. März 2008

••• Das ist doch mal eine These für ANH. Jens Jessen meint in der „Zeit“ zur Frage der Homer-Neuübersetzung von Kurt Steinmann:

(…) die Leistung einer neuen Übersetzung wird niemals in den Hexametern bestehen. Sie sind die leichteste Übung.

Gut gebrüllt, aber das bliebe doch erst noch einmal zu beweisen.

Der Fund beim „Umblätterer“ lässt mich überlegen, ob ich es nicht doch einmal mit der F-Zeitung versuchen sollte, so probehalber wenigstens und wegen des Feuilletons. Aber vielleicht ist das auch ganz unnötig. Schließlich kann ich stattdessen auch den „Umblätterer“ lesen. Der sortiert so schön vor und präsentiert dann auch noch ein verdauliches Surrogat.

Zwei Dinge sind mir beim Stöbern aufgefallen. Erstens ist das Raoul-Schrott-Buch zu Homers möglicher Herkuft aus Assyrien völlig an mir vorbeigerauscht. Zweitens fällt mir auf, dass Schrotts Ilias, aus der ich zwei Gesänge in Akzente mit überbordender Freude schon lesen konnte, dass diese Ausgabe also offenbar noch immer nicht erschienen ist. Schade. Die hätte ich mir gern in den Urlaub mitgenommen.