Archiv der Kategorie 'Gastbeiträge'

Krötenwanderung

Sonntag, den 26. Juli 2009

••• Es ist soweit. Markus A. Hediger macht sich zum zweiten Mal auf den One-Way nach Brasilien. Mit den Erfahrungen des »Krötenkarneval« und des »TamTam Grand Hotel« im Hinterkopf kommt hierbei keinem das Wort »endgültig« leicht über die Lippen. Aber Markus wäre nicht der Autor, der er ist, würde er sich wortlos auf diese erneute Reise machen. In den kommenden Monaten dürfen wir hier im Turmsegler seine Gastkolumne »Krötenwanderung« mitverfolgen, deren Beiträge hoffentlich eines Tages gesammelt als weiterer Hediger-Band in der edition neue moderne erscheinen werden. Vor das Buch aber hat der Ewige das Abenteuer des Schreibens gesetzt. Und vor das Schreiben das Leben und Zweifeln. Ich bin gespannt, wie es Markus ergehen wird und wie er uns davon berichtet.

Die »Krötenwanderung« kann man hier im Blog oder auch per RSS-Feed verfolgen.

Die Sprache der Schöpfung (III)

Dienstag, den 14. Juli 2009

Markus A. Hediger (im Stande der Unschuld?) © Markus A. Hediger

Ein Gastbeitrag von Markus A. Hediger

••• Als ich vor einem Jahr meine autobiographischen Fiktionen beendete, ahnte ich nicht, wie sehr sie mein Selbstbild und – als Folge daraus – mein Leben bestimmen würden. Ich hatte sie in einem rauschhaften Zustand geschrieben, der wochenlang anhielt und mich taumelnd durch eine plötzlich eingetretene oder gefundene Kongruenz zwischen persönlicher Geschichte und aktuell Erlebtem tanzen ließ. Sprache wurde zur Musik, die sich selbst sang. Als das Büchlein schließlich publiziert war, wollte ich weiterschreiten, weiterarbeiten an meiner Fiktion, aber es gelang mir nicht. Es war, als hielte mich die Welt zurück, als zwänge sie mich zum Stillstand.

Fiktion beschränkt sich nicht nur auf das Geschilderte. Teil einer Fiktion ist auch ihre Konstruktion, ist auch ihre Wortwahl, ihr Rhythmus. Fiktion zeichnet sich weniger durch das aus, was sie erzählt, sondern durch das Wie.


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Die Sprache der Schöpfung (II)

Dienstag, den 30. Juni 2009

Ein Gastbeitrag von Markus A. Hediger

In Genesis 1 geht der Schöpfer nach einem formvollendeten Plan vor, so penibel durchstrukturiert, dass sich seine Perfektion und – möchte man fast sagen – Symmetrie sogar in der Struktur seiner sprachlichen Überlieferung niederschlägt. Gott geht weniger wie ein Künstler, als vielmehr wie ein Ingenieur vor, der einem genauen Bauplan folgt.

  • Er beschließt, was er erschaffen will und sagt es an (»Und Gott sprach«)
  • Er setzt sein Vorhaben um (»Und Gott machte«, »schuf« etc.)
  • Er beurteilt sein Werk (»Und Gott sah, dass es gut war«)

Ein durchdachtes, vollkommenes Kunstwerk also, sorgfältig orchestriert sowohl in seiner Entstehung als auch in seiner Vollendung, in das Gott am sechsten Tag den Menschen da hineinsetzt. Es ist genauso geworden, wie er es sich vorgestellt hatte, als er die ersten Worte sprach und das Licht erschuf.

Und dennoch geht etwas schief. Irgendetwas funktioniert nicht so, wie es sollte. Weshalb sonst sollte der Schöpfer sich nur wenige Zeilen später veranlasst sehen, erneut seine Hände in die Erde zu senken und die Welt ein zweites Mal zu erschaffen?

Was war es, was eine »Überarbeitung« der Schöpfung notwendig machte?


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Die Sprache der Schöpfung (I)

Sonntag, den 14. Juni 2009

Ein Gastbeitrag von Markus A. Hediger

••• In den beiden Schöpfungsgeschichten, wie sie in der Bibel zu finden sind, spielt Sprache eine zentrale Rolle. Obwohl die beiden Schöpfungsberichte (sowohl in den beschriebenen Ereignissen als auch in den angewandten literarischen Stilmitteln) nicht unterschiedlicher sein könnten, haben sie doch eines gemeinsam: In beiden dient Sprache in der einen oder anderen Form als Schöpfungswerkzeug. In dieser kurzen Serie von Beiträgen werde ich die Rolle der Sprache in den Schöpfungsgeschichten, wie sie in Genesis 1 und in Genesis 2 erzählt werden, etwas genauer untersuchen und aus diesen Überlegungen heraus im letzten Beitrag schließlich auch die Gründe herauszuarbeiten versuchen, die zur Vertreibung des Menschen aus dem Paradies führten.


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Meines Vaters Bücher

Montag, den 2. Februar 2009

Ein Gastbeitrag von Alexander Nicolai

Gustav Meyrink••• Die Bücher meines Vaters haben im Leben und Wohnen meiner Familie immer schon einen besonderen Raum eingenommen. Nie wurden sie an Dritte ausgeliehen, und auch in Zeiten finanzieller Not schlug mein Vater beharrlich jedes ihm gemachte Angebot aus, auch nur eines davon zu verkaufen. Äußerlich betrachtet gab diese Sammlung nicht viel her. Sie bestand und besteht aus abgegriffenen Büchern, teilweise illegal angefertigten Kopien, die erst später gebunden wurden, teils auch aus abgetippten Manuskripten in Form einer Loseblatt-Sammlung. Die meisten dieser Werke sind nicht einmal über antiquarische Quellen zu beziehen, nur wenige wurden noch einmal aufgelegt, andere waren niemals einem öffentlichen Publikum zugänglich. Mit dem Umfang und der Vielfalt einer Bibliothek wie der eines Alexander von Bernus oder Carl Gustav Jung konnte die Sammlung nie mithalten. Weniger erlesen ist sie indes auch nicht, und gemein mit diesen beeindruckenden Bibliotheken ist vor allem ihr Zweck. Soweit ich zurückdenken kann, schärfte mein Vater mir immer wieder ein, dass die Sicherheit dieser Bücher im Ernstfall oberste Priorität habe, und das es im Falle eines ihn plötzlich ereilenden Todes meine erste Pflicht sei, diese Bücher an mich zu nehmen, bevor andere ihre Hände danach ausstrecken könnten. Die Antworten auf alle Fragen, so erklärt er es mir bis zum heutigen Tage, seien in diesen Werken zu finden.

Was fängt man in jungen Jahren mit solch einer Erklärung an? Wenig.


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Innovation und »anthropologische Kehre«

Freitag, den 6. Juni 2008

Literarische Weblogs stellen unter Beweis, dass der Begriff Literatur, im speziellen Sinne als »Dichtung« verstanden, radikal erweitert wird; denn es wird weder qualitativ und quantitativ zwischen gedichteten, fiktionalen oder gebrauchs- und alltagssprachlichen Texten unterschieden. Hinzu kommt die Gleichordnung von Text (»Versprachlichung der Schrift«), Bildern und Hörbeispielen. Wie und wo also verlaufen die Grenzen der Literatur, wenn wir gedruckte Texte, die wir bisher nicht zur Literatur gezählt haben, im Spiegel solcher hybriden Literatur-Formate im Internet betrachten?

••• Im letzten Teil ihres Vortrags geht Claudia Öhlschläger auf den von A. N. Herbst für literarische Weblogs geprägten Begriff der »anthropologischen Kehre« ein. Wie versprochen, gibt es den Vortrag auch druckbar als PDF.

Ich kann nur hoffen, dass die vielen Leser der letzten Tage nur darauf gewartet haben, dass das Sequel zu Ende geht, um nun im Anschluss in die Diskussion einzusteigen. Wenn dem so ist, wünsche ich eine vergnügliche und erhellende Debatte.

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Vernetzung, Prozessualität, imaginative Aktion

Donnerstag, den 5. Juni 2008

Die Imaginationsaktivität des Rezipienten wird auch dahingehend gefordert, als Wirklichkeit und Fiktion im Weblog entgrenzt werden. Aufgrund des engen Kontakts zwischen Autor und Leser kann die Fiktion so gestaltet werden, dass sie als Wirklichkeit rezipiert wird. So kann der Leser beispielsweise nicht wissen, ob sich der Autor, wie behauptet, auf Recherchereise in Israel befindet, oder das nur schreibt, ob er von einem Herrn namens Amnon Zichroni Post bekommen hat, oder dieser nur eine erfundene Figur des Autors ist. Wir kennen solche Verwirrspiele mit vermeintlichen Wirklichkeitsreferenzen aus den Romanen W. G. Sebalds; da jedoch das Weblog ein Forum darstellt, das eben nicht nur Fiktion ist, sondern auch der Berichterstattung wie einem Nachrichtenkanal dient, sind Wirklichkeit und Fiktion kaum zu unterscheiden.

••• Weiter gehts mit Claudia Öhlschlägers Vortrag. Thematisiert wird das spezielle Wechselspiel zwischen Wirklichkeit und Fiktion. Im weiteren Verlauf wird das Musen-Sequel, das vor kurzem hier präsentiert wurde, als Fallbeispiel herangezogen.

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