Archiv der Kategorie 'Die Leinwand'

In den Untergrund

Donnerstag, den 14. Februar 2008

••• Nachdem ich das auführliche Exposé für „Mayim Rabim“ geschrieben, einen Titel gefunden und beschlossen habe, umgehend zumindest zwei Verlage zu kontaktieren, um das Projekt vorzustellen – nach all dem also habe ich mich entschlossen, die weitere Entwicklung, was den Plot, die Realisierungsidee und den Text angeht, nicht weiter im Turmsegler zu präsentieren. Für das bisherige Interesse und die Ratschläge danke ich den Turmseglern herzlich. Aber ich muss nun mit dem Projekt in den Untergrund gehen, bis ich – und das werde ich – mit dem fertigen Buch wieder auftauchen kann.

Über alles Berichtenswerte rings um diese Arbeit werde ich natürlich auch weiter gern berichten.

Gabe und Strafe (5)

Donnerstag, den 14. Februar 2008

Gemara - Mesechet Brachot
Gemara – Mesechet Brachot

«« Gabe und Strafe (4)

Gefallen waren die Namen – Freud, Jung, Poe und Wilde – in einem Gespräch über den Talmud-Traktat, den ich gerade in der Yeshivah lernte: Brachot. Ich hatte ihn fast beendet, und nach vielen, vielen grossen Folioseiten voller trickreicher Gesetzesherleitungen war ich auf eine der geliebten, weil entspannenden aggadischen Passagen gestossen, keine Gesetze, keine Berechnungen, sondern Geschichten – und zwar über Träume, ihre Deutung und Bedeutung, zwei Dinge, die, wie man aus der Gemara lernen konnte, durchaus zwei völlig unterschiedliche Dinge waren.

Der Satz, der eben jene Passage einleitete, hatte mir Schwierigkeiten bereitet: Ein ungedeuteter Traum, hiess es dort, ist wie ein ungelesener Brief. Und weiter hiess es: Alle Träume folgen dem Mund. Ganz gleich, lehrten die Weisen, was wir sähen in einem Traum, Bedeutung würde es nur durch die Deutung erlangen. Einmal ausgesprochen aber hätte die Deutung Bestand und würde sich erfüllen.


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Gabe und Strafe (4)

Mittwoch, den 13. Februar 2008

Bookshelf

«« Gabe und Strafe (3)

Leichter, wenn auch nur ein wenig, liess sich die Frage klären, was sich hinter der stets verschlossenen Tür zum Elternzimmer verbarg. Doch wie bei so vielen Fragen in meinem Leben, so drängend sie mir auch erschienen waren, löste ich sie nicht selbst, nicht durch Raten, Erkundigungen, Forschen, nicht durch eine Tat. Die Antwort wurde mir vor die Füsse gelegt, und zwar im Wortsinne, nämlich in Gestalt eines der beiden Schlüssel, die meine Eltern für gewöhnlich immer bei sich trugen.


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Gabe und Strafe (3)

Dienstag, den 12. Februar 2008

Meah Shearim
Meah Shearim

«« Gabe und Strafe (2)

Die neue Wohnung lag nur wenige Strassen von der alten entfernt. Für den Umzug liehen meine Eltern sich Leiterwagen von den Nachbarn aus. Zwei Jungen aus der Nachbarschaft halfen beim Tragen. Und das, obwohl die Nachbarn unverhohlen missbilligten, dass wir nicht im Viertel blieben. Das neue Haus nämlich, wenn auch nur wenig mehr als zweihundert Meter vom alten Haus entfernt, gehörte bereits zu einer anderen Welt.


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Gabe und Strafe (2)

Montag, den 11. Februar 2008

Meah Shearim

«« Gabe und Strafe (1)

Geboren wurde ich in Meah Shearim, Yerushalayim, einem der Epizentren jüdischer Gottesfürchtigkeit. Ich war der erste Sohn nach drei Töchtern und ganze fünfeinhalb Jahre jünger als meine älteste Schwester. Dies war in unserer Nachbarschaft alles andere als ungewöhnlich. Einzig das Alter meiner Eltern hätte als auffällig gelten können, denn sie waren bereits ein gutes Stück über dreissig. Dafür konnte es an einem Ort wie diesem nur drei Erklärungen geben. Entweder waren sie Sitzengebliebene, weil irgendetwas in den jeweiligen Familien nicht ganz koscher gewesen war: ein unheilvolles Walten des Bösen Blicks beispielsweise, Synonym für lebensbedrohliche Melancholie, oder aber unbezähmbare Teives, die, Gott behüte, ein Mitglied der Familie vom einzig wahren Weg der Torah abgebracht hatten. Als zweite Möglichkeit kam in Betracht, dass es nicht ihre erste Ehe war. Und die dritte mögliche Erklärung, nämlich dass ihre jüdischen Wurzeln nicht bis unmittelbar an den Fuss des Berges Sinai zurückreichten, hätte einen kaum geringeren Makel bedeutet.


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