Archiv der Kategorie 'Die Leinwand'

Zichroni vs. State of Israel

Donnerstag, den 15. Januar 2009

Amnon Zichroni ist ein israelischer Anwalt (geb. 1935)
Amnon Zichroni ist ein israelischer Anwalt (geb. 1935)

••• Dr. Ittai Tamari, dem ich diverse wichtige Informationen betreffs der »Leinwand«-Hintergründe verdanke, liest das Buch gerade und präsentierte mir heute früh Ausdrucke aus der israelischen Wikipedia und anderen Web-Quellen: Amnon Zichroni ist in Israel ein Name mit Gewicht. Ich hatte gemeint, ihn für die »Leinwand« erfunden zu haben. Amnon sollte an Amnesie erinnern, und in Zichroni steckt die hebräische Wurzel für »erinnern«. Also ein ganz und gar symbolischer Name (wie auch bei Wechsler).

Mich nerven in Büchern die allzu oft überartifizellen Namen von literarischen Figuren. Insofern beruhigt es mich, dass es tatsächlich einen Amnon Zichroni gibt. Dumm nur, dass er dort drüben so bekannt ist.

Schirei ha-Wakaschot

Donnerstag, den 8. Januar 2009

Es ist Schabbes, tief in der Nacht. Ich sitze in einer sfardischen Schul und lausche dem Wechselgesang dreier Peytanim, zwei Baritone und ein Tenor. Der älteste ist etwa sechzig, ein Chassid, was mich irritiert, denn die »Schirei ha-Wakaschot«, die sie singen, sind marokkanische Weisen. Die beiden anderen, der zweite Bariton um die vierzig, der Tenor höchstens Mitte zwanzig, sehen schon eher wie Sfardim aus Nordafrika aus. Der Chassid klingt weise und liebevoll. Der junge Sänger gießt leidenschaftlich Poesie aus. Der Dritte scheint zwischen beiden zu vermitteln, als würde er ihre Lieder miteinander verknüpfen wollen.

Gesprochenes Hebräisch klingt für mich immer hölzern und kalt. Im Gesang der Peytanim aber schwingen die gutturalen Klänge und schweben, zu poetischen Figuren verwoben, im Raum.

Das sind Meister, flüstert mein Begleiter mir zur: Sie beginnen mit einem Psalm und improvisieren dann. Sie lassen sich leiten von der Stimmung der Nacht und des Ortes. Die Lieder, die wir hören, die Texte wie auch die Musik, erklingen nur heute und hier. Woanders und in einer anderen Nacht werden sie sich verwandeln.

Der Gedanke gefällt mir. Es ist das erste Mal, dass ich so etwas höre. Die schönste Schöpfung bereitwillig zu opfern, indem man akzeptiert, dass sie unwiederbringlich verklingt, ist wahre Hingabe.

aus: „Die Leinwand“ (Jan Wechsler)
© Benjamin Stein (2008)

Schirat ha-Wakshot (Haboucha/Nahari/Riahi)
Live-Mitschnitt 14:26
© Gal Star, Israel

Erzählen, erzählen!

Donnerstag, den 1. Januar 2009

••• Vor einiger Zeit habe ich meinen Kindern ein paar Episoden aus meiner Kindheit erzählt. Es ist ja nicht so, dass mir keine Missgeschicke passiert wären, dass ich nie Blödsinn angestellt oder meine Eltern geärgert hätte. Aaliyah und David haben gebannt zugehört und wollen nun mehr und mehr wissen. Wenn ich sie ins Bett bringe, heißt es immer gleich: Erzählst du uns was aus deiner Kindheit?

Inzwischen sind mir die markanten Erinnerungen ausgegangen. Und ich habe auch keine Lust, zum x-ten Mal wieder zu erzählen, wie ich beim Eisschollenschieben vom Bootssteg aus ins Wasser gesaust bin. Also sage ich immer öfter: Och nö, mir fällt heute gar nichts ein. Und dann setzen sie im Sprechchor an, mich doch zu bewegen: Er-zäh-len, Er-zäh-len!


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Lektorat (V) – Konjunktive

Dienstag, den 2. Dezember 2008

••• Ich nützte den Konjunktiv richtig, kennte ich nur die Regeln…

Der deutsche Konjunktiv ist furchtbar. Krankhafte Züge nimmt er an in der indirekten Rede. Während »Die Leinwand« auf Verlagstournee ist, beginne ich eine weitere Durchsicht. Ich mache Jagd auf Zeitfolge- und Konjunktivfehler. Während ich mit der korrekten Zeitfolge gewöhnlich keine Schwierigkeiten habe, bringen mich einige Korrekturen der Lektorin bei Konjunktiven um den Verstand. Ratlosigkeit beschleicht mich: Gilt die Zeitenfolge im Konjunktiv nicht? Ich meinte bislang, es wäre so.


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Exposé (Agentur-Version)

Dienstag, den 25. November 2008

••• Meine Agentin hat ihrerseits ein Exposé zur »Leinwand« geschrieben. Und mit diesem sind die Typoskripte an die Verlage gegangen. Ihr Text liest sich eher wie ein Klappentext-Entwurf. Sie darf auch schreiben (1. Absatz), was ich selbst nicht schreiben dürfte. Zunächst kam mir der Entwurf wie eine Trivialisierung vor. Die Form – für mich wesentlich – wird zur Fußnote. Auch werden die Stränge, die ja eben keine Reihenfolge haben, in eine Abfolge gebracht. Der Minsky-Skandal tritt in den Hintergrund.


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Die Leinwand – Exposé

Mittwoch, den 19. November 2008

••• Ein Buch verändert sich, während es entsteht. Ich hatte, als ich mit der Umsetzung der »Leinwand« begann, eine recht genaue Vorstellung von Konstruktion und Plot, bis hin zu Anzahl und Inhalt der einzelnen Kapitel. Mindestens die Hälfte des Plans hat sich während der Realisation überholt. Wenn nun die Typoscripte an die Verlage gehen, braucht es auch ein neues Exposé.

Auf einer Seite ist zu schildern, was sich im Buch auf 430 Seiten entfalten darf…


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Lektorat (IV)

Montag, den 17. November 2008

••• Das Lektorat der »Leinwand« steht kurz vor dem Abschluss. Diese Woche noch sollen die Typoskripte an die Verlage geschickt werden, die es nach Gesprächen auf der Buchmesse angefordert haben. Sieben sind es und alles große Namen. Die Spannung ist nun kaum noch auszuhalten. Man wird sehen, wie lange es dauert, bis Reaktionen kommen, und wie diese dann ausfallen werden.

Das Lektorat ist eine Demutsübung. Immer wieder gibt es Blöcke von Vorschlägen – es geht fast immer um Streichungen – bei denen es mich spontan durchfährt: Ja, geht’s noch?! Aber ich habe nach den ersten Schocks dieser Kategorie beschlossen, die Kapitelfassung mit den vergeschlagenen Kürzungen nochmals auszudrucken und erneut am Stück zu lesen. Fast immer hatte die Lektorin recht. Es ging nichts verloren. Und das Kapitel wirkte hinterher runder, klarer und »schneller«.


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