Archiv der Kategorie 'Diamond District'

Antwerpen Stadspark

Sonntag, den 15. November 2009

Antwerpen Stadspark
Antwerpen Stadspark – Brücke über den Teich

••• Wenn man rechtzeitig bucht, kommt man per Flugzeug via Brüssel und Express-Bus nicht nur deutlich schneller, sondern auch günstiger von München nach Antwerpen. So konnte ich heute ausschlafen und war dennoch bereits um 14:00 im Hotel, wieder das »Radisson Blu Park Lane«, da es hier schon beim ersten Besuch sehr angenehm war und das Hotel strategisch bestens liegt, direkt am Stadspark und nur wenige Gehminuten sowohl von den meisten Synagogen als auch vom Diamond District entfernt.

Gestern abend habe ich noch weiter an der Eingangssequenz des ersten Teils von »Diamond District« geschrieben und entsprechend schlecht geschlafen. Die Anspannung ist im Moment enorm. Ich habe nun den ersten Teil schon sehr plastisch vor Augen, aber ich bin noch nicht richtig in Fahrt gekommen. Bislang sitzt jeder Satz, aber lässt sich vorher 10x bitten.


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Lesungen

Donnerstag, den 5. November 2009

••• Der Verlag teilt mir die ersten Einladungen zu Lesungen mit. Und nach so vielen Jahren der Öffentlichkeitsabwesenheit, fühlt es sich merkwürdig an, dass es sich gleich um zwei große Literaturfestivals handelt: lit.COLOGNE (Köln im März, kurz vor der Buchmesse) und die Vattenfall Lesetage (Hamburg im April). Emotional schwanke ich im Moment zwischen »Leinwand«-Aktionismus (als könnte ich selbst im Moment noch viel tun…) und dem Drang, mich nur noch voll und ganz mit »Diamond District« zu befassen, dessen Figuren und Geschichten immer plastischer werden.

Nebenan liegen die grippefiebernden Kinder. Dass ich mich nur nicht anstecke jetzt, wo es doch in wenigen Tagen erneut nach Antwerpen geht…

Am neuen Buch schreiben – das wäre doch eine sinnvolle Tätigkeit für die nächsten 82 Tage, 3 Stunden und 32 Minuten.

Karnickelplage

Mittwoch, den 14. Oktober 2009

Antwerpen Stadspark
Antwerpen Stadspark: Tauben, Enten und Karnickel

••• Meine zweite Recherche-Reise nach Antwerpen musste ich verschieben. Ich hatte die Buchung wieder mal so lange verschleppt, bis Zugfahrt wie Flug nur noch zu unverschämten Preisen zu bekommen waren. Nun werde ich also im November nochmals auf die Reise gehen, diesmal per Flugzeug via Brüssel. Um die Buchung hat sich liebenswürdigerweise die Herzdame gekümmert, damit ich es nicht wieder verschwitze. Und anlässlich dieser Reisevorbereitungen haben wir uns ein wenig über meine Recherchen unterhalten.

Meinen Wunsch, bei einer Obduktion zu hospitieren, meinte sie – das müsse mir klar sein – würden sicher viele etwas abseitig finden, um nicht zu sagen: freakig. Aber wieso denn? habe ich mich empört. Ja, meinte sie, man könne sich sowas schließlich auch anlesen oder erzählen lassen und den Rest mit Phantasie auffüllen.

Das finde ich nun gar nicht.


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Virtuelle Autopsie

Freitag, den 9. Oktober 2009

Vitual Autopsy Table
Virtueller Autopsie-Tisch in Aktion

••• Mordopfer werden in Belgien ebenso wie in Deutschland grundsätzlich einer Autopsie unterzogen. Dies ist gesetzlich vorgeschrieben, da die Kriminalisten durch eine gründliche Untersuchung des toten Körpers viel über den Tathergang herausfinden können. Handelt es sich bei dem Opfer um einen religiösen Juden, steht die Chevra Kadischa, die für die Beerdigung zu sorgen hat, vor einem Problem. Der Tote soll eigentlich so unversehrt wie möglich bestattet werden. Bei einer Autopsie aber wird der Körper verheert. Die drei Körperhöhlen (Kopf, Brust, Bauch) müssen geöffnet, die Organe entnommen und untersucht werden. Zwar werden sie im Anschluss an die Untersuchung wieder im Bauchraum verstaut, der Schädel mit Zeitungspapier ausgestopft und die großen Y- oder T-förmigen Schnitte über Bauch und Brust grob vernäht. Aber das Blut beispielsweise »geht verloren«, und die Nähte zeugen deutlich davon, was dem Körper nach dem Tod noch »angetan wurde«.


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Kein Kittel!

Sonntag, den 27. September 2009

Rabbi Yekutiel Yehudah Halberstam, der Klausenburger Rebbe
Rabbi Yekutiel Yehudah Halberstam, der Klausenburger Rebbe

••• Der Erzähler des ersten Teils von »Diamond District« kam als Kind aus Föhrenwald nach Antwerpen. Dort befand sich eines der größten DP-Lager, in denen aus den Vernichtungslagern befreite Juden untergebracht waren. Unter ihnen war auch der Klausenberger Rebbe. Am Vorabend von Yom Kippur 1945, dem ersten Versöhnungstag nach dem Holocaust, trat er auf die Bimah in der Mitte der provisorischen Synagoge und sprach auf Jiddisch zu den versammelten Überlebenden. Er zeigte auf seinen Kittel und sagte:

»Einer der Gründe, warum wir diesen Kittel tragen, ist der, dass es unser traditionelles Totengewand ist, in das wir unsere Eltern und jene, die vor uns kamen, kleiden, wenn wir sie zur Ruhe in die Erde betten. Am Yom Kippur den Kittel zu tragen, erinnert uns an den Tag des letzten Gerichts, wenn wir zur Ruhe gelegt werden. Und so bringt er unser Herz zu Demut und mahnt uns zur Umkehr. Der weiße Leinenkittel ist ein Symbol der Reinheit, die wir erreichen durch unser In-uns-Gehen und unser Bemühen, unser Fehlverhalten zu revidieren. Da der Kittel uns an die Grabkleider jener erinnert, die vor uns starben – warum tragen wir dann heute einen Kittel? Unsere Eltern und Liebsten wurden geschlachtet ohne Tachrichim [Grabkleider]. Sie wurden beerdigt ohne Kleider, in Massengräbern, oder in gar keinem Grab…«

Plötzlich riss sich der Klausenberger Rebbe den Kittel vom Leib und rief: »Kein Kittel! – Lasst uns sein wie unsere Eltern. Lasst uns die Kittel ablegen, so dass sie uns erkennen können. Sie werden uns nicht erkennen in Kitteln, weil sie nicht in Kittel gekleidet waren…«

Als ich diese Geschichte las, nahm ich mir vor, in »Diamond District« auch von der Kindheit des Erzählers in Föhrenwald zu berichten – und diese Geschichte zu erzählen.

Wechsel der Person

Donnerstag, den 24. September 2009

Wir waschen die Toten meist nachts. Das ist die beste Zeit. Wenn eine scheidende Seele zum ersten Mal ahnt, dass es kein Schlafen und Träumen mehr für sie gibt, sucht sie häufig noch einmal die Nähe des Körpers, den sie verlassen hat. In jener ersten Nacht braucht sie Schutz und Trost, und wir wachen mit ihr.

••• »Meist wasche ich die Toten nachts.« So sollte der erste Satz von »Diamond District« lauten. So dachte ich jedenfalls, bevor ich nach Antwerpen fuhr. Solche Recherchen sind aufwändig, aber ich liebe sie, denn sie rücken die Ideen zurecht.


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Kinder ohne Namen

Samstag, den 22. August 2009


Auf dem Friedhof Shomre Hadas in Putte (Holland), Feld der namenlosen Kinder

••• Rav Jacob Berger hat mir am Freitagnachmittag noch einen Wunsch erfüllt und ist mit mir nochmals nach Putte in Holland gefahren, wo sich der Friedhof von »Shomre Hadas« befindet. Die Antwerpener Gemeinden begraben ihre Toten in Holland, da alle Friedhöfe in Belgien den örtlichen Gemeindeverwaltungen unterstehen und für alle Bürger zugänglich sein müssen. Zudem können Grabstellen nur für 10 bis maximal 25 Jahre erworben werden. Die Anlage jüdischer Friedhöfe mit ewigen Gräbern, wie sie das Judentum vorschreibt, ist daher in Belgien nicht möglich.

Ich wollte diesen Friedhof vor meiner Abreise noch sehen, weil ich wissen wollte, wie man hier die namenlosen Kinder beerdigt.


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